Das verräterische Tonband
Mühe
gegeben, es zu provozieren. Für wen hältst du dich eigentlich? Für den lieben
Gott? Wenn du dir einbildest, das Recht zu haben... « Aber ich hörte
nicht mehr länger zu, rannte aus dem Haus und stieg in den Wagen.
Es war fast Mitternacht, als
ich knirschend auf der mit rotem Kies bestreuten Zufahrt des Hauses in Bel Air
bremste und zum Portico hinauf eilte. Alle Fenster
waren dunkel, und so drückte ich mit dem Daumen auf den Klingelknopf und ließ
ihn dort. Als sich nach etwa einer halben Minute nichts gerührt hatte, riß mir
der Geduldsfaden, und ich hämmerte mit der Faust gegen die Haustür. Sie wich
zimperlich unter meinen Schlägen zurück, als sei sie eine solche Behandlung nicht
gewöhnt, und ich stieß sie vollends mit der Handfläche weit auf. Meine
tastenden Finger fanden schließlich den Lichtschalter, und dann trat ich in den
Eingangsflur und schrie: »Karen ?«
Niemand antwortete. Ich trat
ins Wohnzimmer und fand es leer. Der Reihe nach begann ich in jedem Zimmer zu
suchen, wobei ich laut ihren Namen rief. Auf der Treppe zum ersten Stock sagten
mir die letzten Reste meiner Vernunft, die nächstliegende Erklärung sei, daß
sie irgendwohin gegangen war — vielleicht zu Besuch bei einer alten Freundin,
in ein Kino, vielleicht ein paar Tage nach Long Beach zu ihrer Schwester — es
gab eine Million einleuchtender Gründe, weshalb sie nicht zu Hause sein konnte.
Nur war jeder einzelne ohne jede Bedeutung, denn tief in den Abgründen meines
Inneren, wo keine Vernunft je hingelangte, wußte ich, daß sie zu Hause sei und
daß es nur eine Frage der Zeit sein würde, daß ich sie fand.
Ich fand sie im Badezimmer
neben dem Schlafzimmer, wo sie, mit dem Kopf auf dem Rand ruhend, in der Wanne
lag. Das Gesicht einer Kirchenfenstermadonna, blutlos, die feuchten dunklen
Augen weit offen, starrte erwartungsvoll zu mir empor, als sei ich derjenige,
der die Antwort auf ihre Frage wüßte. Ihr schöner Körper war eiskalt, noch
kälter als das Wasser, in dem er lag. Ich grub meine Finger in ihr
kurzgeschnittenes schwarzes Haar und hob sachte ihren Kopf. Unmittelbar unter
ihm, auf dem Fliesenboden hinter der Wanne, war eine dunkle Pfütze. Die mit
Platten belegte Wand daneben war mit einer dünnen rosa Spur verschmiert:
Gehirnmasse.
Jemand hatte sie aus nächster
Entfernung mit einem schwerkalibrigen Gewehr in den
Hinterkopf geschossen.
ACHTES KAPITEL
K aren — tot?«
Garret Sullivans Gesicht nahm
eine krankhafte bläulichweiße Färbung an, dann
stolperte er zum nächsten Stuhl und ließ sich hineinfallen.
»Sie nahm ein Bad«, sagte ich
mit gepreßter Stimme. »Jemand kam herein und schoß
ihr mit einem schwerkalibrigen Gewehr in den
Hinterkopf .«
»Arme Karen«, murmelte er.
»Warum? Ich meine, wer könnte... ?«
»Karens Partner«, knurrte ich.
»Derjenige, der diese Tonbänder genommen und sie dann überredet hat, diese
Erpresserbriefe zu schreiben. Als ich Sie vorhin anrief, war ich
dahintergekommen, daß sie einen Partner gehabt haben muß. Dasselbe habe ich
auch zwei anderen Leuten mitgeteilt. Es war eine Art Test, Sullivan. Einer
dieser drei Leute mußte ihr Partner bei diesem Erpressungsmanöver sein; und es
war klar, daß er versuchen würde, zu Karen zu gelangen, bevor mir das gelang.
Aber ich hätte niemals gedacht, daß er sie umbringen würde .«
»Glauben Sie denn, ich sei
dieser Partner gewesen ?« Er starrte mich mit dumpfen
Augen an. »Glauben Sie, ich habe sie umgebracht ?«
»Wo sind Sie gewesen, seit ich
Sie angerufen habe, Doktor ?« fragte ich freundlich.
»Hier.« Er blinzelte. »Nein,
ich habe kein Alibi. Ich war allein hier. Und niemand hat mich nach Ihrem Anruf
angerufen .«
»Es sieht ganz so aus, als ob
Sie der Hauptverdächtige wären«, sagte ich scharf. »Ich habe einen Zeugen, der
jedes Wort gehört hat, das ich zu Ihnen bei diesem Anruf sagte — und Sie waren
damals bei diesem Jagdausflug mit Reiner dabei, als er auf dieselbe Weise
umgebracht wurde wie seine Witwe heute nacht .«
»Ich würde schwören, daß
Hermans Tod ein Unfall war«, sagte er heiser. »Und ich schwöre, daß ich Karen
nicht umgebracht habe. Ich habe heute abend keinen
Schritt vor die Tür dieser Wohnung getan, Holman , das
ist die reine Wahrheit .«
»Karen erzählte mir, es habe
kein Einbruch in die Praxis stattgefunden, bis sie nach der Beerdigung dorthin
gegangen sei, um Reiners Papiere zu ordnen«, sagte ich. »Sie behauptete, es
habe nur zwei Schlüsselgarnituren gegeben —
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