Das versteckte Experiment (German Edition)
Sekunden aussah. Natürlich wird er sich in dieser kurzen Zeit nicht wesentlich verändert haben. Wenn du aber z. B. in die Sonne blickst, so siehst du sie, wie sie vor etwa acht Minuten war. Noch extremer wird es, wenn du andere Sterne beobachtest, die so weit entfernt sind, dass das Licht einige Tausend, Millionen oder gar Milliarden Jahre braucht, um zur Erde zu gelangen. Es kann sein, dass diese Sterne gar nicht mehr existieren, wenn du sie siehst. Wenn du also in die Ferne schaust, schaust du gleichzeitig in die Vergangenheit. Raum und Zeit sind also eng miteinander verbunden.“
„Die Unterhaltung mit dir war sehr interessant, und mir ist so manches Licht aufgegangen. Leider tappe ich noch immer ziemlich im Dunkeln, wer du bist und woher du kommst.“
„Auch das wirst du noch erkennen.“
„Wirst du etwas Licht ins Dunkel bringen?“
„Ja, versprochen!“
„O. k., bis dann.“
Jan beendete die Verbindung und lehnte sich zurück. Er dachte noch einige Minuten über das Gespräch nach. Ihn überraschten die vielen Zusammenhänge, die Christine in der kurzen Zeit skizziert hatte. Das eine oder andere hatte er zwar schon im Physikunterricht gehört, vieles war aber doch neu für ihn. Selbst ganz alltägliche Erfahrungen wie das Sehen von Gegenständen und Farben erschienen ihm in einem neuen Licht. Jan bekam Lust auf mehr, auf mehr Wissen über die Zusammenhänge in der Welt, die Ursachen und Gründe für die Existenz des Universums, der Erde, der Lebewesen und seiner eigenen Person. Sicher hatte Christine auch Antworten auf diese Fragen.
Nachricht von Sintja
5. Unbestimmtheit, Chaos und Ordnung
Jan wollte den freien Tag nutzen, um seine Software weiter zu verbessern. Er konnte sich jedoch nicht so richtig konzentrieren. Zu viele Gedanken über Christine und Sintja gingen ihm durch den Kopf. Nach einigen Stunden Arbeit schien es ihm, als wenn er statt der geplanten Verbesserungen jede Menge Fehler in das Programm eingebaut hätte. Nach dem Mittagessen verwarf er die neue Programmversion und holte wieder die Daten vom Vortag von seiner Sicherung. Die ganze Arbeit des Vormittags war vergeblich gewesen. „Mal sehen, was Christine so macht“, dachte er. Tatsächlich war sie online.
„Hallo, Jan, gibt es etwas, bei dem ich dir heute weiterhelfen kann?“, stand im Messengerfenster.
Jan überlegte kurz. „Mal sehen, ob Christine auf alles eine Antwort hat“, dachte er.
„Kannst du mir sagen, wie das Wetter am Wochenende in drei Wochen sein wird?“
„Du meinst, ob ich Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlag, Wind und Bedeckungsgrad berechnen kann, damit du für deinen Geburtstag eine Grillparty planen kannst?“
Wann Jan Geburtstag hatte, wusste Christine offenbar auch schon, obwohl er ihr das nie geschrieben hatte. Erst jetzt fiel ihm ein, dass sie ihm erzählt hatte, dass sie etwa so alt sei wie er. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er ihr sein Alter nicht mitgeteilt.
„Ja“, tippte er ein.
„Möchtest du neben deinen Freunden auch Sintja einladen?“
„Nur, wenn du mir voraussagst, dass das Wetter gut sein wird.“
„Ich kann leider nicht in die Zukunft sehen.“
„Wenn ich dir genügend Informationen über das derzeitige Wetter gebe, kannst du doch aufgrund deiner Kenntnisse aus diesen Anfangsbedingungen und mit einigen Formeln das Wetter der kommenden Tage und Wochen vorausberechnen.“
„Ich muss dich leider enttäuschen.“
Jan war überrascht, dass Christine nicht einmal einen Versuch unternahm, das Problem zu lösen und ihm zu erklären. Sollte sie ihm etwa endlich mal eine Erklärung schuldig bleiben?
„Ich weiß natürlich, dass die Wetterfrösche schon Schwierigkeiten haben, das Wetter mehrere Tage im Voraus zu prognostizieren. Aber das kann doch nur daran liegen, dass ihr Vorhersagemodell noch nicht gut genug ist und die Anfangsbedingungen nicht genau genug erfasst werden können. Aber wenn man die derzeitigen Wetterdaten wie Temperatur, Wind usw. für die gesamte Erde zum jetzigen Zeitpunkt kennen würde und ein Superberechnungsmodell und einen sehr schnellen Computer zur Verfügung hätte, müssten solche Prognosen doch möglich sein.“
„Leider wird man auch unter diesen Bedingungen keine zuverlässige langfristige Prognoseberechnung durchführen können.“
„O. k., nehmen wir an, man wüsste für jedes Luftmolekül den genauen Ort und die genaue Geschwindigkeit. Weiterhin könnte man die Bewegungsgleichungen für jedes Molekül lösen und
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