Das versteckte Experiment (German Edition)
eine Wahlfreiheit bestehen. Wahrscheinlich müssen wir jedoch gar nicht bis hinunter auf die Quantenebene gehen, und die Wahlfreiheit wird durch die Komplexität des Gehirns erzeugt.“
„Das Gehirn als chaotisches System?“
„Ja, Gehirnregionen können auf geringste Einflüsse von außen in gewisser Weise chaotisch reagieren. Diese Vorgänge müssen nicht einmal in das Bewusstsein gelangen.“
„Manchmal denke ich, dass alles viel einfacher war, bevor ich dich kennengelernt habe“, schrieb Jan jetzt in seinen Computer. Es frustrierte ihn etwas, dass die Welt offensichtlich doch ganz anders war, als er sie sich bisher vorgestellt hatte. „Du stellst mein ganzes Weltbild infrage.“
„Wirklich? Vielleicht hattest du dir gar kein Bild von der Welt gemacht. Sicher hast du über bestimmte Aspekte der Existenz nachgedacht. So richtig interessant wird es aber erst, wenn man versucht, die Zusammenhänge zu verstehen. Auch ich kann dir leider kein geschlossenes Weltbild präsentieren. Wir können aber zusammen zumindest ein brauchbares Bild erarbeiten. Die meisten Menschen denken nicht darüber nach, wie alles zusammenhängt. Ihnen genügt es, die alltäglichen Probleme des Lebens zu lösen. Woher die Menschen kommen, wohin sie gehen und woher die Welt kommt, wie sie funktioniert und sich weiterentwickeln wird, ist ihnen egal. Sie halten sich an ihre Religion, wenn sie Erklärungen brauchen. Zum Glück sind nicht alle Menschen so, sonst wäre die Erde noch heute eine Scheibe, die Sonne würde sich um die Erde drehen und die Erde wäre im Zentrum des Weltalls. Trost findet man nicht dadurch, dass man sich von anderen belügen lässt. Glaube mir, wenn man die Zusammenhänge besser versteht, kann man eine ganze Menge für sich und das Leben gewinnen.“
„Mag sein, dann bin ich gespannt, was du noch zu bieten hast, um meine naive Sicht der Dinge zu zerstören :-).“ Damit Christine wusste, dass Jan die Worte selbstironisch verstanden haben wollte, setzte er ein Smiley-Symbol ans Ende.
„Ich habe noch viele Überraschungen für dich :-).“
„Kannst du mir vielleicht auch sagen, wie ich Sintja näher kennenlernen kann?“
„Ruf sie doch einfach an!“
„Hallo, Sintja, hier ist Jan, ich interessiere mich für dich, komm doch mal vorbei...“
„Warum nicht?“
Jan sah Sintja wieder vor sich, spürte ihren Blick und gleichzeitig das Kribbeln in der Magengegend. Fast schien es ihm so, als hörte er auch die Musik und fühlte schließlich wieder das Bier an seinem Hosenbein hinunterlaufen. Irgendwie kam es ihm manchmal so vor, als ob sich sein Verstand in solchen Momenten komplett abschaltete.
„Jan, bist du noch da?“, stand nun auf dem Bildschirm.
„Ja, aber mir scheint, dass deine Ausführungen über die Physik und den Kosmos mehr Wert haben als deine Ratschläge für zwischenmenschliche Beziehungen.“
„Das kann schon sein, ich möchte ja auch etwas von dir lernen“, antwortete Christine.
„Na ja, leider sind meine Erfahrungen nicht gerade überwältigend auf diesem Gebiet. Aber du bist doch eine Frau. Was würdest du denken, wenn ich dich in solch einer Situation anrufen würde?“
„Ich würde mich sehr freuen.“
„Ich glaube, du verstehst das Problem nicht!“
„Du hast recht, ich verstehe das Problem nicht.“
In Jan gärte es. Christine schien sich über ihn lustig zu machen. „Ich kann doch nicht einfach so ohne Anlass bei Sintja anrufen! Außerdem habe ich ihre Telefonnummer nicht.“
„Du hast mir erzählt, dass du ihren Bruder kennst!“
„O. k., das mit der Telefonnummer war eine Ausrede.“
In diesem Moment klingelte Jans Handy. „Bleibe noch im Chat, ich erhalte gerade einen Anruf“, schrieb Jan. „Das ist sicher Sintja!!!“ hackte er noch fast verärgert über den Gesprächsverlauf in die Tastatur, bevor er zum Handy griff und das Gespräch annahm.
„Hallo, Jan, hier ist Sintja Wieland“, klang es aus der Hörmuschel. Jan stand blitzartig der Schweiß auf der Stirn und sein Herz fing wie wild an zu pochen. „Hallo, Sintja, ich freue mich, dass du anrufst“, antwortete er fast automatisch, wobei er sich richtig anstrengen musste, um die Worte überhaupt hervorzubringen. Nachdem er den Satz ausgesprochen hatte, kam ihm das Gesagte nicht gerade passend vor. „Ich meine, du bist die Schwester von Martin, nicht wahr? Er hat mir von dir erzählt“, ergänzte er schnell.
„Ja, Martin sagte mir, dass ihr an ‚Jugend forscht‘ teilnehmen wollt. Ich möchte
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