Das versteckte Experiment (German Edition)
Bedeutung. Es wäre nicht egal, ob Licht Welle oder Teilchen ist“, schrieb Jan.
„Neben der Welle-Teilchen-Problematik gibt es noch viele weitere Seltsamkeiten, die einer philosophischen Deutung bedürfen. Aber dieses Phänomen ist schon fundamental für die Verrücktheit der Quantenwelt und es zeigt sich in verschiedenen Versuchen, deren Ergebnisse man im wahrsten Sinne beobachten kann. Jan, hast du schon einmal von dem sogenannten Doppelspaltversuch gehört?“
„Ja, einfarbiges, kohärentes Licht (z. B. Laserlicht) wird durch zwei parallele Spalte geschickt. Auf einer Fotoplatte hinter den Spalten kann man ein Interferenzmuster sehen, d. h. helle und dunkle Streifen. An den dunklen Stellen wird das Licht durch die Überlagerung der Wellen nach Passieren der beiden Spalten ausgelöscht, an den hellen Stellen wird es verstärkt.“
„Richtig, aber Licht besteht tatsächlich aus kleinen Teilchen, den Photonen. Einige der Photonen werden durch den linken Spalt gehen, andere durch den rechten. Für die Teilchen, die durch den linken Spalt gehen, gibt es zunächst einmal keinen Grund, warum sie sich um ihre Artgenossen kümmern sollten, die gleichzeitig den rechten Spalt passieren. Öffnet man die Spalte nacheinander und beleuchtet sie mit demselben Licht, so sollte man also das gleiche Muster erwarten.“
„Ich weiß, in diesem Falle entsteht kein Interferenzmuster. Das beweist eindeutig die Welleneigenschaft des Lichtes. Nur Wellen können sich gegenseitig auslöschen oder verstärken und so das Muster erzeugen.“
„Man kann das gleiche Experiment auch mit Elektronen durchführen.“
„Elektronen sind eindeutig Teilchen.“
„Wir haben schon besprochen, dass jedes bewegte Teilchen auch eine Welleneigenschaft besitzt. Elektronenstrahlen, die man durch die beiden Spalte schickt, erzeugen ebenfalls ein Interferenzmuster auf dem Schirm. Der Versuch lässt sich sogar mit Atomen und Molekülen durchführen.“
„Das ist in der Tat etwas merkwürdig.“
„Es wird noch merkwürdiger, wenn man die Teilchen einzeln, nacheinander durch die Spalte schickt.“
„Das Teilchen kann nicht mit einem Teilchen wechselwirken und interferieren, das vorher durch den anderen Spalt gegangen ist.“
„Trotzdem entsteht ein Interferenzmuster.“
„Das Teilchen weiß, welchen Spalt das Teilchen vor ihm genommen hat und tritt mit ihm in Wechselwirkung? Es tritt in Wechselwirkung mit einem Teilchen aus der Vergangenheit?“
„So scheint es und es spielt keine Rolle, wie lang die Zeiträume zwischen dem Aussenden der einzelnen Teilchen sind.“
„Es können Sekunden dazwischenliegen?“
„Sekunden, Minuten, Stunden, Tage …“
„Das ist irre!“
„So ist die Welt. Aber das ist noch nicht alles. Sobald man versucht zu beobachten, durch welchen Spalt die einzelnen Teilchen jeweils gehen, verschwindet das Interferenzmuster.“
„Ich ahne es: Wenn man den Weg einzelner Teilchen beobachtet, legt man sie auf die Teilcheneigenschaft fest. Sie können nicht mehr Welle sein und nicht mehr interferieren.“
„Ja, man kann sogar mit einer etwas komplizierteren Versuchsanordnung die Beobachtung zu einem Zeitpunkt durchführen, an dem das Teilchen den Spalt bereits passiert hat. Die Interferenz muss dann bereits stattgefunden haben. Auch in diesem Fall verschwindet das Interferenzmuster. Das Teilchen richtet sich also bereits beim Erreichen des Spalts danach, was der Experimentator später tun wird. Offenbar wird er untrennbarer Bestandteil des Quantensystems. Solange niemand hinsieht (keine Messung durchführt), ist die Eigenschaft des Photons oder Elektrons oder dessen, was man auch immer durch die Spalte schickt, völlig unbestimmt. Erst der Beobachtungsvorgang stellt es vor die Entscheidung, welche Eigenschaft es zu zeigen hat. Der Experimentator erschafft so eine Realität in der Vergangenheit. Es scheint so, dass nichts real ist, bevor wir es betrachten, und nur solange real bleibt, wie wir es betrachten. Die Welt und ihre Geschichte vom Urknall bis heute werden erst durch unsere Beobachtungen zur Realität. Der Physiker David Mermin sagte einmal in diesem Zusammenhang: ‚Wir wissen heute, dass der Mond nachweislich nicht vorhanden ist, wenn niemand hinsieht.‘“
„Kann man wirklich aus dem Doppelspaltexperiment Schlüsse auf unsere reale Welt ziehen?“
„Wie ich bereits erwähnte, kann man den beschriebenen Versuch und viele andere raffinierte Versuche mit gleichen Ergebnissen auch mit Atomen und
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