Das vierte Opfer - Roman
Besonderes.«
»Ihr Mann ist gegen acht Uhr weggegangen?«
Frau Simmel schluchzte leise auf, fing sich dann aber wieder.
»ja.«
»Warum?«
»Er wollte einen Geschäftsfreund treffen ... in der Blauen Barke, nehme ich an.«
»Wickelte er dort öfters seine Geschäfte ab?«
»Ab und zu. Er ist... war... in der Immobilienbranche.«
»Aber Ihr Mann scheint allein in der Blauen Barke gesessen zu haben.«
»Dann ist er wohl nicht gekommen.«
»Wer?«
»Der Geschäftsfreund.«
»Nein, offensichtlich nicht. Aber Ihr Mann ist trotzdem nicht wieder nach Hause gegangen?«
»Nein... er hat dann wohl noch etwas gegessen, wenn er schon einmal da war.«
»Sie hatten vorher nicht gegessen?«
»Nein, kein Mittagessen.«
»Wissen Sie, wer es war?«
»Entschuldigung?«
»Den er dort treffen wollte.«
»Nein... nein, ich mische mich nie in die Angelegenheiten meines Mannes ein.«
»Ich verstehe.«
Frau Simmel zeigte mit der Hand zum Kuchenteller und nahm selbst einen Schokoladenbiskuit.
»Um wieviel Uhr haben Sie ihn zurückerwartet?«
»So um... ja, so um zwölf Uhr ungefähr.«
»Und um wieviel Uhr sind Sie selbst ins Bett gegangen?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Entschuldigen Sie, Frau Simmel, aber Ihr Mann ist ermordet worden. Da ist es ganz einfach notwendig, daß wir alle möglichen Fragen stellen. Anders werden wir den Täter nie zu fassen kriegen...«
»Das war doch bestimmt der gleiche.«
»Der gleiche wie wer?«
»Der diesen Eggers im Juni erschlagen hat.«
Beate Moerk nickte.
»Da spricht einiges dafür, ja. Aber es kann auch einer gewesen sein, der... der von der Tat inspiriert wurde.«
»Inspiriert?«
»Ja, der einfach die gleiche Methode benutzt hat. Man weiß es nie, Frau Simmel.«
Frau Simmel schluckte und nahm noch einen Biskuit.
»Hatte Ihr Mann irgendwelche Feinde?«
Frau Simmel schüttelte den Kopf.
»Viele Bekannte?«
»Ja ...«
»Viele Geschäftsfreunde, von denen Sie nichts Näheres wissen?«
»Ja, viele.«
Beate Moerk machte eine Pause und nippte an ihrem Kaffee. Er war dünn und wäßrig. Wenn man, wie ihre Gastgeberin, zwei Zuckerstückchen hineintat, konnte man vermutlich überhaupt nicht mehr schmecken, um welche Art von Getränk es sich handelte.
»Erlauben Sie mir bitte«, fuhr sie fort, »daß ich Ihnen ein paar Fragen stelle, die vielleicht etwas indiskret sind. Ich hoffe,
Sie verstehen, wie ernst der Fall ist, und ich möchte Sie bitten, so ehrlich wie möglich zu antworten.«
Frau Simmel klapperte nervös mit ihrer Tasse auf der Untertasse.
»Wie würden Sie Ihre Ehe beschreiben?«
»Wie bitte?«
»Ja, welches Verhältnis hatten Sie zueinander? Sie waren seit dreißig Jahren verheiratet, wenn ich mich nicht irre.«
»Zweiunddreißig.«
»Zweiunddreißig, ja. Ihre Kinder sind ausgeflogen ... Hatten Sie weiterhin viel Kontakt zueinander?«
»Zu den Kindern?«
»Nein, Sie zu Ihrem Mann.«
»Ja... ja, natürlich hatten wir das.«
»Wie heißen Ihre engsten Freunde?«
»Freunde? Bodelsens und Lejnes... und Klingforts natürlich. Ja, und dann die Familie. Meine Schwester und ihr Mann. Ernsts Bruder und seine Schwester... und unsere Kinder natürlich. Warum fragen Sie?«
»Wissen Sie, ob Ihr Mann ein Verhältnis mit einer anderen Frau hatte?«
Frau Simmel hörte auf zu kauen. Sie schien die Frage nicht zu verstehen.
»Mit einer anderen Frau?«
»Oder mit mehreren. Ob er untreu war, beispielsweise?«
»Nein...« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Wer hätte das denn sein sollen? Wer hätte ihn denn haben wollen?«
Das war ein Gesichtspunkt, natürlich. Beate Moerk trank schnell einen großen Schluck Kaffee, um ein Lachen zu unterdrücken.
»Ist Ihnen in letzter Zeit irgend etwas aufgefallen? Etwas Ungewöhnliches in seinem Verhalten, meine ich.«
»Nein.«
»Oder gibt es etwas anderes, was Ihnen einfällt?«
»Nein, was sollte das denn sein?«
»Ich weiß es nicht, Frau Simmel, aber es wäre gut, wenn Sie ein wenig über die letzte Zeit nachdenken würden. Vielleicht fällt Ihnen dabei etwas ein... Ach, waren Sie eigentlich im Sommer verreist?«
»Nur zwei Wochen im Juli. Eine Charterreise, aber... aber an verschiedene Orte. Ich war mit einer Freundin auf Kos. Ernst ist mit einem Bekannten gefahren.«
»Auch nach Kos?«
»Nein, nicht nach Kos.«
»Wohin dann?«
»Ich weiß nicht mehr genau.«
»Aha ... und ansonsten sind Sie zu Hause gewesen?«
»Ja, außer ein paar Tage mal hier und da, wenn wir mit der Vanessa unterwegs
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