Das vierte Protokoll
Planskizzen, die Billy Rice ihm gebracht hatte.
Billy Rice war sein Eleve, ein smarter Dreiundzwanzigjähriger, der eines Tages Klasse, sogar große Klasse sein würde. Er bewegte sich vorläufig noch an der Randzone der Unterwelt und war erpicht darauf, einer Berühmtheit mit Gefälligkeiten an die Hand zu gehen, ganz abgesehen von der unschätzbaren Erfahrung, die er dabei erwerben konnte. Vor vierundzwanzig Stunden hatte Billy an der Tür der Wohnung im achten Stock von Fontenoy House geklingelt, einen riesigen Blumenstrauß in der Hand und angetan mit der Livree eines teuren Blumengeschäfts. Diese beiden »Requisiten« hatten ihn mühelos am Portier vorbei in die Vorhalle gebracht, wo er sich die genaue Lage der Portiersloge und des Wegs zum Treppenaufgang einprägt hatte.
Die Dame des Hauses öffnete ihm höchstpersönlich die Tür, und beim Anblick der Blumen leuchtete ihr Gesicht vor Überraschung und Freude auf. Der Strauß kam angeblich vom Hilfswerk für in Not geratene ehemalige Kriegsteilnehmer, dessen Galaball Lady Fiona in ihrer Eigenschaft als Schirmherrin am Abend dieses Tages, des 30. Dezember 1986, besuchen wollte. Selbst wenn sie auf dem Ball im Gespräch mit einem Vorstandsmitglied die Blumen erwähnen sollte, so würde der- oder diejenige, dachte Rawlings, ganz einfach annehmen, das Bukett sei von einem anderen Mitglied im Namen aller übersandt worden.
An der Tür hatte Lady Fiona einen Blick auf die angeheftete Karte geworfen, in dem kristallklaren Ton ihrer Klasse: »Wie wunder-wunderschön!« gerufen und den Strauß entgegengenommen. Billy hatte ihr sodann seinen Quittungsblock und einen Kugelschreiber gereicht. Da sie die drei Dinge nicht zugleich halten konnte, war sie in den Salon geflattert, um die Blumen irgendwo hinzulegen. Ein paar Sekunden lang stand Billy allein in der kleinen Diele.
Mit seinem knabenhaften Aussehen, dem flaumigen Goldhaar, den blauen Augen und dem schüchternen Lächeln war Billy ein Geschenk des Himmels. Er konnte sicher sein, daß ihm keine Hausfrau mittleren Alters den Weg in ihre Wohnung verwehren würde. Doch seinen Babyaugen entging kaum etwas.
Noch bevor er klingelte, prüfte er eine volle Minute lang die Außenseite des Eingangs, den Rahmen und die Mauer um die Türöffnung. Er hielt Ausschau nach einem kleinen walnußgroßen Summer oder einem schwarzen Knopf oder Schalter zum Abdrehen des Summers. Erst nachdem er sich überzeugt hatte, daß nichts dergleichen vorhanden war, klingelte er.
Als er allein in der Diele stand, wiederholte er das Ganze an der Innenseite und suchte den Türrahmen und die Wände nach einem Summer oder Schalter ab. Auch hier war nichts. Bis die Dame des Hauses wieder erschien, um die Quittung zu unterschreiben, hatte Billy festgestellt, daß die Tür durch ein Chubb-Schloß gesichert war und nicht, wie er befürchtet hatte, durch ein Bramah-Schloß, das als unknackbar gilt.
Lady Fiona nahm Block und Kugelschreiber und versuchte zu quittieren. Ohne Erfolg. Die Mine war aus dem Stift herausgenommen worden, und was eventuell an Schreibflüssigkeit noch an der Spitze verblieben war, hatte Billy sorgfältig auf ein Blatt Papier verschrieben. Er entschuldigte sich ausschweifend. Mit strahlendem Lächeln sagte Lady Fiona, das sei gar nicht schlimm, sie habe einen Füller in ihrer Handtasche, und wieder verschwand sie hinter der Salontür. Billy hatte bereits gefunden, was er suchte. Die Wohnungstür war in der Tat an ein Alarmsystem angeschlossen.
Aus der Kante der geöffneten Tür ragte hoch oben an der Scharnierseite ein winziger Federstift. Gegenüber war in den Türpfosten eine ebenso winzige Steckdose eingelassen. Darin befand sich, wie Billy wußte, ein Pye-Mikroschalter. Wenn die Tür geschlossen wurde, drang der Stift in die Dose ein, und der Kontakt war hergestellt.
Bei scharf geschalteter Einbruchssicherung würde der Mikroschalter den Alarm auslösen, sobald der Kontakt unterbrochen, das heißt die Tür geöffnet wurde. In weniger als drei Sekunden hatte Billy seine Tube Superklebstoff aus der Tasche gezogen, einen deftigen Schuß in die Öffnung mit dem Mikroschalter gespritzt und das Ganze mit einer kleinen Kugel aus Plastilin und Klebstoffgemisch zugestopft. Nach weiteren vier Sekunden wir die Masse steinhart und der Mikroschalter vom Federstift isoliert.
Als Lady Fiona mit der unterschriebenen Quittung zurückkam, fand sie den netten jungen Mann mit einer Hand an den Türpfosten gelehnt vor. Er stieß sich mit
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