Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]
weit. Wir drei werden die unumstrittenen Herrscherinnen der Welt sein.«
Warm drückte sie Junas Hand. »Du, meine kleine Zauberin der Nacht, wirst dich möglichst bald auf den Weg machen, um den verliebten Hauptmann wiederzutreffen. Wir benötigen jetzt jemanden, der sich ungehindert in der Nähe des Prinzen bewegen kann, damit wir immer auf dem Laufenden sind, was die Pläne des Erben betrifft. Selbst wenn der dir kein Vertrauen entgegenbringt, wird es dir ein Leichtes sein, dem trotteligen Hauptmann alles Wissenswerte zu entlocken.«
»Er ist kein Trottel«, widersprach Juna heftig.
Die beiden älteren Frauen musterten sie mit einer Mischung aus Unglauben und Besorgnis.
Bevor jedoch eine von ihnen eine Bemerkung machen konnte, veränderte sich Junas Miene, bis sie nur noch Erheiterung ausstrahlte. »Eigentlich natürlich schon, aber er ist so niedlich dabei.«
Sie lachte glucksend. »Dein Sohn, Patentante, ist tatsächlich so liebenswert, dass ich kaum glauben kann, wer seine Eltern sind.«
Die Gesichter der beiden anderen entspannten sich wieder.
Ayala schüttelte betrübt den Kopf. »Ja, mit einigen Nachkommen bin ich wirklich gestraft. Und du, Liebste, du bist oft auch genauso unergründlich wie deine Mutter. Einen Augenblick hatte ich schon befürchtet, du hättest dich verliebt.«
»Ich?« Juna hielt die Hand vor den Mund, um ein erneutes Glucksen zu unterbinden. »Was sollte ausgerechnet ich mit einem Träumer anfangen, der ehrenhaft bis zum Erbrechen ist. Es hätte vielleicht geschehen können, wenn er etwas anders gewesen wäre, aber leider ist sein Inneres genauso schön und makellos wie sein Äußeres.«
Ihre Patentante nickte verständnisvoll. »Ein Langweiler! Wie grässlich! Du wirst ihn trotzdem an dich binden, denn wir benötigen ihn. Wenn er dir nicht ganz missfällt, hast du zumindest noch etwas Spaß dabei. Es könnte sein, dass er auch den Prinzen letztendlich töten muss, nachdem der seine Aufgaben erfüllt hat. Nach der guten Vorbereitung durch Marlena wird er es ja auch sicher zum Wohle der Menschheit tun. Glaubst du aber auch, er wäre dazu imstande?«
Sie zuckte zweifelnd mit den Schultern. »Der Prinz ist unglaublich stark, mit Kahandar an seiner Seite fast nicht zu besiegen. Ich weiß es einfach nicht.«
»Noch ist es längst nicht so weit«, warf Marlena ungeduldig ein. »Wir haben dem Jungelchen schon reichlich Schwarzes Wasser gegeben. Er trägt auch jetzt welches bei sich. Juna wird dafür sorgen, dass er auch in Zukunft dadurch gestärkt wird. Lasst uns den Krieg abwarten. Dann können wir weitersehen.«
Ayala nickte zustimmend. »Du hast völlig recht. Oft überholen uns Ereignisse, auf die wir keinen Einfluss haben. Wisst ihr, was dabei aber bisher so überaus erfreulich ist? Unsere Feinde sind auf dem besten Weg, sich gegenseitig zu vernichten. Was auch immer geschieht, die Zahl unserer Gegner verringert sich ohne unser Zutun ständig. Und wir müssen uns dann nur der wenigen Überlebenden annehmen.«
»Was ist, wenn Camora siegreich ist?«, fragte Juna.
Ayala griff sich ein Haferplätzchen. »Dann wirst du die Siegel an dich nehmen und sie mir bringen. Camora weiß nichts von diesen Armbändern und wird sich nicht um sie kümmern.«
Ihre Patentochter zog die Stirn kraus. »Dann bleiben immer noch die steinernen Dämonenwächter.«
»Deswegen hoffe ich darauf, dass der Erbe den Krieg überlebt. Leider haben wir auf den Ausgang der Schlacht keinen Einfluss. Ich gehe allerdings davon aus, dass ich mit drei Siegeln in den Händen den Zauber brechen kann, den Palema gewirkt hat.«
Sie ergriff erneut jeweils eine Hand der beiden anderen und erklärte feierlich: »Wir sind die nächsten Unsterblichen, und wir werden eine neue Ordnung schaffen. Es wird wunderbar!«
»Das sollten wir feiern«, erklärte Juna und erhob sich, um Wein und Becher zu holen.
23. Kapitel
R honan wurde fast wahnsinnig und lief wie ein gefangenes Tier auf der kleinen, künstlichen Insel herum, die man ihnen zum Schlafen zugewiesen hatte. Seit Tagen waren sie nun schon in der gewaltigen Schilfkuppel der Kalla zur Untätigkeit verdammt. Der Anführer des Stammes hatte darauf bestanden, in einer so wichtigen Frage zunächst sämtliche anderen Führer zusammenzurufen. Ob die Echsen ihren Sumpf zum ersten Mal verlassen wollten und ob sie zum ersten Mal in einen Krieg ziehen wollten, das waren Entscheidungen, die nur von allen gemeinsam getroffen werden konnten. Rhonan und Gideon hatten unzählige
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