Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]
Widersacher daher unbedingt töten.
Ein Schwertstreich erwischte ihn erneut am rechten Arm. Er schwankte leicht, fing sich aber gleich wieder. Verzweifelt versuchte er, die immer stärker werdende Müdigkeit zu überwinden. Sein Kind sollte in Frieden aufwachsen, aber seine Beine sackten einfach weg. Caitlin musste geschützt werden, aber die Axt wurde ihm zu schwer. Die Freien Reiche durften nicht verlieren, aber wie sollte er noch gewinnen?
Das überhebliche Lächeln des Fürsten wurde immer breiter und Rhonans Keuchen immer lauter und krampfhafter.
»Das ist, glaube ich, nicht den Regeln entsprechend!«
Maluch fuhr erschrocken herum und atmete dann erleichtert auf. »Juna, meine Liebe, ich bin entzückt, dich zu sehen. Wo hast du nur die ganze Zeit gesteckt?«
»Das ist eine lange Geschichte.« Sie blickte von ihrem Ziehvater auf den Kampfplatz. »Der Prinz wirkt müde.«
»Die Schlacht war hart.«
Er blinzelte sie vergnügt an, und sie entgegnete trocken: »Der tapfere Camora hat sich ja wieder einmal vornehm zurückgehalten und seine Männer für sich sterben lassen. Ein wahrhaft großer und heldenhafter Heerführer! Es ist kein Wunder, dass seine Untergebenen ihn so unglaublich verehren.«
»So solltest du aber nicht über deinen zukünftigen Gatten reden«, tadelte er gut gelaunt. »Sieh mal, er hat den Erben gerade erneut erwischt … und gleich noch einmal. Das war jetzt endlich einmal eine tiefere Wunde … der Anfang vom Ende. Es läuft alles bestens.«
Ihr unbeteiligter Blick wanderte von den Kämpfern zu ihrem Ziehvater. »Benötigt Camora nun schon deine Hilfe, um in einem Zweikampf zu siegen?«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Ich bin nicht dumm.«
Er lachte heiser auf. »Dir kann ich ohnehin nichts vormachen. Ich helfe natürlich ein bisschen nach. Wir wollten in dieser nicht ganz unwichtigen Angelegenheit ganz sicher gehen. Wo auch immer dieser Erbe sich herumgetrieben hat, das Kämpfen hat er dort nämlich gelernt. Aber das wird ihm nichts mehr nützen. Selbst ohne meinen Zauber dürfte er mittlerweile allein schon durch die Wunden viel zu geschwächt sein, um noch viel länger standzuhalten. Sieh dir Camora an! Stärke und Geschick spielt er gut aus. Er wird gewinnen. Freue dich, meine Schöne, bald wirst du Großkönigin sein.«
»Meine Pläne haben sich ein klein wenig geändert«, erklärte sie mit ausdrucksloser Miene. »Was ich erreichen will, kannst du mir nicht bieten. Es tut mir leid, aber diesen Kampf solltet ihr besser verlieren. Wir benötigen den Erben vielleicht noch.«
Er starrte sie erst fassungslos an, dann lachte er belustigt auf. »Juna, Juna, du hast schon immer gern Scherze gemacht. Fast wäre ich wieder darauf hereingefallen.«
Sie lächelte zurück. »Aber auch nur fast, nicht wahr? Gute Reise, alter Mann!« Bei diesen Worten rammte sie ihm einen kleinen Dolch mitten ins Herz.
Er hatte gerade noch Zeit, sie ungläubig anzusehen, bevor er in ihren Armen zusammensackte.
Sie sah über seine Schulter hinweg einige Hordenkrieger an, die sich zu ihnen umgedreht hatten, und erklärte: »Ihm ist vor Aufregung schwindelig geworden.«
Gut gelaunt zwinkerte sie ihnen zu. »Selbst an Hexenmeistern geht das Alter wohl nicht spurlos vorüber.«
Die Krieger lachten und wandten sich wieder dem Kampf zu.
Sie setzte den Leichnam auf einen Stuhl, verdeckte die blutende Wunde mit seinem Umhang und blickte noch einmal auf den Kampfplatz. »Enttäusche mich jetzt besser nicht«, murmelte sie und entfernte sich mit raschen Schritten.
»Bei allen Göttern, Rhonan, pass doch auf!« Gideon wurde jetzt wirklich schlecht vor Angst. Sein Magen schien zu brodeln, und Schweiß tropfte ihm in die Augen.
Immer größere Unruhe entstand unter den Kriegern, und das erste nicht mehr zu unterdrückende Stöhnen ging auch durch die Reihen der Reichsfürsten, während sich die Führer der Horde die Hände rieben und ihren Feinden geringschätzige Blicke zuwarfen. Morwena atmete nur noch stoßweise und drückte Canons Hand so fest, dass es schon schmerzte. Er selbst leckte sich die trocknen Lippen.
Jede Schnelligkeit und jede Geschmeidigkeit hatten den Prinzen längst verlassen, er schien am Ende seiner Kräfte, hielt sich offensichtlich nur noch mühsam auf den Beinen und ächzte und keuchte bei jeder Bewegung. Sein Hemd war schweißnass und rot von Blut, die Axt hatte er längst verloren. Krampfhaft umklammerten seine Hände das Schwert und wehrten immer schwächer und oft im letzten
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