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Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Titel: Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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Sagst du jetzt endlich ja?«
    Ihre Augen hatten jetzt einen ganz warmen Glanz. »Was glaubst du, für wen ich auf die Aussicht auf ewiges Leben mit unvergleichlicher Macht verzichtet habe? Ich liebe dich. Ich will verdammt sein, aber das tu ich wirklich. Ja!«
    Er riss sie in die Arme, spürte ihr Zittern und lachte glücklich auf.
    Sie vergrub ihre Hände in seinen Haaren, sah erwartungsvoll zu ihm hoch und nahm aus dem Augenwinkel ein Aufblitzen hinter ihm wahr. Ohne zu wissen, was es war, und ohne auch nur nachzudenken, riss sie ihn herum, und eine Klinge bohrte sich in ihren Rücken. Mit einem Aufstöhnen klammerte sie sich an ihm fest und krallte ihre Hände in seine Schulterblätter. »Küss mich endlich!«
    Sein entsetzter Blick saugte sich an ihr fest. »Juna, nein!«
    Laute Stimmen waren zu hören und polternde Schritte. »Ich hab sie!«, hallte es über den Hof. Eine Frauenstimme lachte wie irre und erstarb dann unvermittelt.
    Derea fühlte sich wie erstarrt.
    Juna lächelte ihn an, und ihre Stimme war kaum zu hören. »Ich habe dir gesagt, dass der Tag, an dem ich ein guter Mensch werden will, mein letzter sein würde. Ich wusste es immer, aber ich dachte … ich hoffte … ich könnte mein Rinnsal eine Weile lang aufhalten. Ich wollte so gern deine Prinzessin werden.«
    »Bitte nicht, Juna! Gib nicht auf! Nicht jetzt! Bitte nicht jetzt! Caitlin und Hylia werden dir helfen. Ich bring dich zu ihnen.«
    »Nein, das können sie nicht mehr … Küss mich, Hauptmann! Bitte küss mich nur ein einziges Mal bei klarem Verstand.«
    »Du bist meine einzige Prinzessin bis in alle Ewigkeit.«
    Ihre Lippen trafen sich zu einem unendlichen Kuss, und ihre Tränen vermischten sich. Sie erschlaffte, aber Derea hielt sie fest umschlungen und bekam nur noch wie im Traum mit, dass Canon das Schwert aus der Wunde riss, ihm Juna aus den Armen nahm und Hylia sie sofort untersuchte. Die Waffe war glatt durchgegangen, hatte sogar noch den Hauptmann leicht geritzt.
    Canon sagte etwas zu ihm, aber er verstand es nicht, sah nur Hylia an, die mit tränenverschleierten Augen zu ihm aufsah und den Kopf schüttelte.
    Er sah nicht mehr die Wachen, die die tote Priesterin Martha hinter sich herschleiften, er hörte nicht mehr, wie sie erklärten, sie hätte ihren geliebten Ligurius rächen wollen, er hob Juna auf, presste sie an sich und trug sie in die Burg.
    Hylia wollte ihm nachlaufen, aber Canon hielt sie fest. »Lass ihn! Im Augenblick kann ihm niemand helfen.«
    Weinend warf sie sich in seine Arme.

    Juna wurde am nächsten Tag mit allen Ehren den Göttern übergeben. Bedeckt mit den Fahnen da’Kandars und El’Marans verbrannte ihr Leichnam, während die Krieger und Bürger das Totenlied sangen und Blütenblätter streuten. Es hätte sie sicher gewundert, eher noch erheitert, zu sehen, wie viele Menschen ihr die letzte Ehre erwiesen und wie viele von ihnen Tränen vergossen. Sogar Marga konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Weder Canon noch Morwena konnte Derea dazu bringen, auch nur ein Wort zu sagen. Mit versteinerter Miene starrte er auf den Scheiterhaufen, bis die letzte Glut erloschen war, und verließ nur wenig später, ohne sich von jemandem zu verabschieden, die Burg.

    Als Gideon auf der Festung eintraf, musste er wieder einmal feststellen, dass sie Sieg um Sieg errangen, ohne ihn jemals genießen zu können.
    Caitlin und Hylia schämten sich ihres eigenen Glückes, Rhonan machte sich Vorwürfe, weil er doch gewusst hatte, dass Martha auf dem Weg gewesen war, um die Siegel zu bringen, und es schlicht vergessen hatte. Canon hielt sich selbst fast für den Mörder, weil er im Stillen immer gehofft hatte, dass Juna starb, und Marga kam nicht darüber hinweg, dass sie der Hexentochter nicht einmal für ihre Rettung gedankt hatte.
    Morwena tat zunächst alles, um die jungen Leute aufzumuntern, gab aber irgendwann auf, als ihr immer klarer wurde, dass ihr jüngerer Sohn nicht nur seine große Liebe verloren hatte, sondern sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch für deren Tod verantwortlich fühlen würde. Diese Gedanken ließen auch sie in Trauer versinken.

32. Kapitel

    W ährend die Tage ins Land gingen und überall Aufbruchstimmung herrschte, suchten die Siegelerben gemeinsam das Wolkengebirge auf, um sich ihrer letzten Aufgabe zu widmen: der Quelle.
    Der Himmel war wolkenverhangen. Nur selten zeigte sich die Sonne, und die verbrannte Schlucht ließ alle noch einmal an die Schlacht gegen die Nebelfrauen

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