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Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Titel: Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis
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Hier kann man nicht campen – wir schon. Dieser Motor ist ein Witz – und wir fahren damit übers Meer. Bei Flut verschwindet diese Insel – nichts wie hin. Und so weiter und so fort.

    So saß ich also da im Zelt, widerwillig campend, und hatte meinen ersten erhellenden Moment tief empfundener Selbsterkenntnis. Es war ein komisches Gefühl, und irgendwie war mir schwummerig. Oder war das doch die Hitze?
    Pah, a Guada hoid’s aus, und de Krappweis, de san Hund!

    Mit einem Ruck löste ich mich wieder aus dem Dämmerzustand postpubertärer Selbstreflexion und sah mich um. Mein Blick fiel auf die schlaffe Luftmatratze. Oh, stimmt, ich hatte nach wie vor ein Problem. Torsten würde heute Nacht keine Luftmatratze haben, es sei denn, ich fand den Stöpsel. Ich hatte zwar das Zelt erfolgreich gedreht, aber die eigentliche Aufgabe nach wie vor nicht gemeistert. Ich überlegte, was mir noch für Lösungsansätze blieben, und dabei ignorierte ich abermals den Stöpselschnitzversuch. Auch im Lichte der neuesten Erkenntnisse war es schließlich nach wie vor eine alberne Idee.
    Da kam mir ein weiterer Gedanke, der so naheliegend war, dass ich mich wunderte, nicht schon vorher draufgekommen zu sein. Ich wanderte abermals hinunter zum Kiosk, um dort nach einem solchen Ersatzteil zu fragen. Ich war doch sicher nicht der Einzige, dem … aha, war ich allerdings, erfuhr ich wenig später und wurde zudem noch besonders schlaubergerisch auf den kleinen Plastikwurmfortsatz hingewiesen, den man bei den meisten Markenmatratzen in ein kleines Loch einhaken konnte, um zu vermeiden, dass …
    Ich erspare Ihnen an dieser Stelle den Monolog der Fachverkäuferin für Luftmatratzen, Süßwaren und Toilettenartikel.
    In Gedanken versunken tappte ich wieder zurück zu unserem Standplatz. Irgendwie war mir schwindelig. Ideen, Situationen und Lösungsansätze für das Stöpselproblem vermengten sich zu einer seltsam traumartigen Melange in meinem Kopf. Was war nur mit mir los?

    Wieder am Zelt angekommen, wurde mir bewusst, wie verdammt heiß es heute war. Mein Nacken brannte inzwischen recht schmerzhaft, und als ich endlich die Sonnencreme bemühte, brannte es noch ein bisschen mehr.
    Irgendwie war mir echt nicht sooo arg gut, vielleicht hatte ich mich in der Nacht irgendwie verlegen oder so?
    Mein Blick fiel auf den Fantasy-Wälzer, aber ich hatte gar keine Lust mehr zu lesen, und der Gedanke an den blöden Stöpsel ließ mich auch nicht los. Erstaunlich, wie enervierend es für mich doch sein konnte, dass sich dieses Problem nicht lösen ließ. Und abermals fiel mir etwas auf. Ganz genauso ging es meinem Vater auch. Wenn zum Beispiel der lächerliche Bootsmotor nicht anspringen wollte, werkelte mein Vater stunden-, ach was, tagelang an dem Ding herum, fluchte, schnitzte Ersatzteile aus Holz oder bog sie aus Metall zurecht. So lange, bis das Ding uns wieder hinaus aufs Meer trug. Selten zurück, aber immerhin erst einmal hinaus. Und genauso ging es mir in dem Moment. Es nagte an mir, dass ich es nicht schaffte, die blöde Luftmatratze wieder zu verschließen. Mit Luft im Inneren! Das gibt’s doch wohl nicht!

    Ich beschloss noch ein drittes und letztes Mal, ganz systematisch nach dem Ding zu suchen. Abermals kletterte ich die Böschung hinunter und schlitterte dabei etwas sehr unbeholfen über den letzten Meter. Hoppla …
    Was wollte ich doch gleich? Ach ja. Dings, Stöpsel. Diesmal würde ich in ganz kleinen Schleifen durch das Gras laufen und wirklich jeden Schritt ganz genau abm … mm … Mein Kopf dröhnte wie eine Abrissbirne nach Feierabend. Ich musste mich an die Böschung stützen und erst einmal im Schatten etwas verschnaufen. Bei dem Gedanken, jetzt wieder in der Hitze durch das Gras zu trapsen, drehte sich alles in mir. Ich stand auf, und nun drehte sich auch noch alles um mich herum  – und zwar in die andere Richtung, als es sich in mir drin drehte. Huii …
    Der urlaubs- oder wenigstens freibadgestählte Leser wird es schon längst geahnt haben: Ich hatte einen fulminanten Sonnenstich.
    Wie ein doppelwandiger Brummkreisel stolperte ich die Böschung wieder hinauf, auf unser Zelt zu, schnappte Torstens Luftmatratze, Buch und Stuhl und ließ es irgendwo im Zelt fallen. Ich hatte nicht einmal mehr die Energie, mich über diese pawlowsche Automation zu ärgern, die mir mein Vater eingebläut hatte: »Nix draußn steh lassn.« Egal jetzt, ich kroch einfach nur noch in meine Schlafkoje und fiel auch sofort in einen

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