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Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Titel: Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis
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gefunden hatten, erzählten wir uns schließlich gegenseitig mit aufgeplatzten Lippen die gestrigen Erlebnisse. Aber wenn ich dachte, dass ich mit meiner Mischung aus Papa-Paranoia, Ungeschicktheit und freundschaftlichem Suchversuch punkten konnte, dann wurde ich durch Torstens Geschichte eines Besseren belehrt. Während ich sozusagen mein Coming-out als Unmöglichkeitsfetischist gehabt und den Sonnenstich eher nebenbei erlangt hatte, war Torsten zur Höchstform aufgelaufen, was die Anekdotisierbarkeit von Campingerlebnissen angeht. Ein Schuft wäre ich, hielte ich Ihnen Folgendes vor, bruhaha.

    Es war anfangs recht gut gelaufen. Torsten fand dank Landkarte und guter Beschilderung problemlos zum Treffpunkt am Ufer des Staffelsees, und tatsächlich wartete da am Steg auch schon unser Kumpel Ralf in einem schweren Ruderboot aus dunklem Holz. Allerdings wirkte er nicht ganz so begeistert von Torstens Besuch, was dieser aber einfach ignorierte.
    Torsten freute sich, dass er so gut hergefunden hatte, er freute sich, Ralf zu sehen, und war schon ganz gespannt, wie dieser Campingplatz auf der Insel wohl sein würde. Schon auf der Überfahrt mit dem Ruderboot fragte er Ralf ein Loch in den Bauch – wie bekommt man da morgens Brot, habt ihr Strom, fließend Wasser, wie viele Leute sind denn da, sind die nett, und wenn nicht, was macht man dann, wenn man nicht weg kann, und so weiter. Ralf beantwortete alle Fragen eher einsilbig. Torsten schob das auf den Umstand, dass Ralf bestimmt bei jedem Besuch die gleichen Fragen zu beantworten hatte.
    Der Grund für Ralfs eher verhaltene Freude anlässlich Torstens Anwesenheit war allerdings ein anderer, und der hieß Anne. Sie kannten sich schon seit ein paar Wochen, aber bisher hatten sie noch nie wirklich Zeit alleine verbracht. Wie das so ist in dem Alter, ist man ja eigentlich die ganze Zeit nur auf der Suche nach einem stillen Örtchen, wo nicht alle fünf Minuten jemand reinplatzt und fragt, ob man was trinken will. »Nun zeig doch der Anne mal die Fotos, wo wir in Spanien waren! Das war doch so ein schönes Haus. Und du mit dem Esel, das war doch so lustig!«
    Und jetzt stelle man sich vor: Ralf und Anne hatten nun tatsächlich erdiskutiert, dass sie vier Tage vor Ankunft der gesamten Elternschaft auf die Insel durften. Ungestört. In einem geräumigen Zelt. Endlose Möglichkeiten …
    … wäre da nicht der Torsten. Und der hockte nun zwischen den beiden und wollte bespaßt werden. Bereits nach wenigen Minuten zog sich Anne unter fadenscheinigsten Gründen ins Zelt zurück, nicht ohne Ralf einen Blick zuzuwerfen, der vieles heißen konnte und all das wohl auch hieß.
    Ralf wurde es plötzlich ein wenig wuschig zumute, und er schlug Torsten vor, doch ein wenig zu surfen. »Surfen? Aber …« Neinnein, das sei ganz einfach, beteuerte sein Kumpel Ralf und klopfte ihm jovial auf die Schulter. Dann stellte er Torsten auf das Surfbrett, drückte ihm das Segel in die Hand und schob ihn einmal kräftig an.
    Während Ralf mit federndem Schritt ins Zelt der Verheißung eintrat, war Torsten bereits ein ganzes Stück vom Ufer entfernt. Etwas zu spät erinnerte er sich daran, dass er wirklich überhaupt nicht surfen konnte, ließ das zerrende Segel los, verlor die Balance, prallte auf das Board, fand keinen Halt und rutschte ziemlich plump ins Wasser. Als er wieder auf das Surfbrett gerobbt war, stellte Torsten überdies fest, dass er gar keine Ahnung hatte, wie man das Segel eigentlich wieder aus dem Wasser bekam. Für den Fall, dass Sie das noch nie selbst versucht haben, sei darauf hingewiesen, dass das Segel aufgrund der Tatsache, dass es plan auf der Wasseroberfläche liegt, einen Unterdruck erzeugt, wenn man es einfach so wieder aufrichten will. Wenn man niemanden hat, der einem sagt, wie es geht, kann das schon mal ein wenig dauern, bis man es raushat.
    Da der Torsten aber ein findiges Kerlchen ist und technisch wahrlich nicht unbegabt, hatte er es irgendwann intellektuell durchdrungen und schaffte es auch immer wieder ein paar Sekunden, zusammen mit dem Segel aufrecht zu stehen. Das löste aber nur eins der Probleme, denn der Wind blies nicht gerade in Richtung der Insel. Um wieder zurückzukommen, hätte Torsten kreuzen müssen, immer hin und her. Und das lernt man nicht mal eben einfach so. Erst recht nicht alleine in der Mitte vom Staffelsee. Denn dorthin hatte ihn sein erzwungener »Basiskurs Segelaufrichten« inzwischen gebracht.
    Egal was Torsten versuchte, nach ein paar

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