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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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seine Überstunden in der Firma oder die gelegentliche Nachtarbeit bei besonders brennenden Projekten seien nur Vorwände, um sich mit einem Mädchen zu treffen. Manchmal waren sie es auch.
    Er war jetzt schließlich achtundzwanzig Jahre alt, und Frau Lobedanz verdankte es nur dem Zufall, daß er das Mädchen, bei dem er gesagt hätte »die oder keine!«, bisher noch nicht gefunden hatte. Aber weil es zwischen ihm und seiner Mutter wegen ganz harmloser — oder fast harmloser — Bekanntschaften schon zu turbulenten Szenen gekommen war, sah er dem Tage X mit dem gleichen Bangen entgegen wie seine Mutter. —
    Zum Glück hatte Anfang dieses Jahres seit Wochen kein Wölkchen den häuslichen Frieden überschattet. Da der Winter zu Ende ging, liefen auch die Strickaufträge spärlicher ein. Für Frau Lobedanz waren diese ruhigen Wochen eine Erholung. Sie genoß es, zwei oder drei Nachmittage in der Woche zu feiern, ein wenig durch die Stadt zu bummeln oder die Modevorführungen der Kaufhäuser zu besuchen, wo sie Anregungen für die eigene kleine Industrie bezog. Aufregend wurde es, wenn in den Bolle-Festsälen, wo im Fasching die großen Bälle stattfanden, ein Bunter Hausfrauen-Nachmittag angekündigt wurde. Zumeist fanden diese Veranstaltungen am Samstag statt, und zu ihnen ließ sich Otto Lobedanz zuweilen von seiner Mutter mitschleppen. Denn immerhin traten dabei die beliebtesten Künstler von Film, Funk und Fernsehen auf, und wenn auch manchmal eine Niete mitlief, so waren es in der Hauptsache doch erstklassige Nummern, die den Leuten wirklich etwas abgaben. Am spannendsten aber wurde die Geschichte, wenn diese Veranstaltungen mit einem Quiz verbunden waren. Otto Lobedanz konnte nur staunen und fragte sich immer wieder, ob es Dummheit oder Frechheit war, mit der sich die Zuschauer auf die Bühne drängten. Und noch mehr staunte er darüber, was sie sich von den Burschen, die das Quiz leiteten, gefallen ließen. Ihm jedenfalls wäre es nie auch nur im Traum eingefallen, sich auf die Bühne zu stellen, um sich von irgendeinem Quizmaster durch den Kakao ziehen zu lassen.
    Aber dann kam ein Samstag, und es war der 26. März, den Frau Lobedanz und ihr Sohn Otto nie vergessen sollten. Frau Lobedanz hatte das Glück, zwei Plätze an einem Tisch direkt vor der Bühne zu bekommen. Und für diese Plätze, wo man sozusagen auf dem Präsentierteller saß, lohnte es sich schon, sich ein bißchen herauszustaffieren. Otto Lobedanz zog den blauen Anzug mit den feinen Nadelstreifen an, und seine Mutter das Blauseidene, das sie sich im letzten August im Sommerschlußverkauf angeschafft hatte. Es war wirklich ein Staatskleid geworden, nachdem sie die Nähte ein wenig ausgelassen und den Ölfleck entfernt hatte, dessentwegen der Preis des Kleides um mehr als die Hälfte herabgesetzt worden war.
    Das Programm dieses Bunten Nachmittags mit Peter Paulsen als Ansager war wirklich großartig. Gleich die erste Nummer mit den beiden Fallakrobaten Pitz und Potz war ein Auftakt, der das Publikum zu Beifallsstürmen hinriß. Und so ging es Schlag auf Schlag weiter, und zum Schluß des ersten Teils, bevor der Werbefilm für ein neues Waschmittel anlief, trat ein Mundharmonikavirtuose auf, der zuletzt auf einem Instrument, das nicht größer war als sein kleiner Finger, >Hoch Heidecksburg< spielte. Aber wie! Als ob er eine ganze Militärkapelle in der hohlen Hand verborgen hielte.
    »Da kann man nur sagen, Hut ab vor so einem Künstler!« meinte Frau Lobedanz und spendete dem Virtuosen Beifall, bis ihr die Hände weh taten. »Jedenfalls ist mir so was lieber, als wenn die dicke Rosa Löhmer im Stadttheater als Isolde zwei Stunden lang sterben will und nicht kann. Nee, Ottochen, Oper hat mir noch nie was gegeben. Aber so ein Mann wie dieser, das ist Kunst!«
    Nach dem Werbefilm gab es einen langen Trommelwirbel, der mit einem Paukenschlag endete, und mit dem Paukenschlag erschien Peter Paulsen als Quizmaster auf der Bühne. Graue Hosen, dunkelblauer Blazer mit Goldknöpfen, und über der schwarzen Strickkrawatte sein strahlendes Lächeln, das er je nach Gelegenheit ans Publikum oder an Firmen verkaufte, die ein Reklamegebiß für Zahnpasta, ein verzücktes Auge für eine Zigarettenmarke, das Gesicht des Kenners für einen Weinbrand oder einfach ein markantes Männerkinn für ein Rasierwasser benötigten. Mit einem Wort, ein fabelhaft gut aussehender Mann, der zudem Grütze im Kopf hatte. Und so wurde denn auch sein Empfang durch die Damen zu einer

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