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Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristof Magnusson
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Begeisterung für Produkte aus der Region um sich. Das Alte Land zum Beispiel, aus dem man mit Äpfeln oder Kirschen wiederkehrte, die allein deswegen besser schmeckten, weil man das Alte Land fast sehen konnte, wenn man an der Elbe flussabwärts blickte und sich vorstellte, dass da hinter der Airbuswerft Dinge auf Bäumen wuchsen. Einen Hund wollten wir trotzdem nie. Ich hatte Angst vor Hunden, Arthur Angst um seine Gemälde, die er »Arbeiten« nannte. Seit einigen Jahren malte Arthur nur noch monochrom.
    Warum ich zehn Jahre hier gelebt und mich dann heimlich aus dem Staub gemacht hatte, mag schwer zu erklären sein unüblich ist es hingegen nicht. Menschen tun so was. Viele. Jeden Tag. Worüber ich mir Gedanken machte, war vielmehr die Frage, warum es ausgerechnet jetzt passiert war, und einer der Gründe war sicherlich der Heilige Abend, den wir im letzten Jahr bei Regine und Gösta verbracht hatten, zusammen mit Sabine und Lars. Seit Regine und Gösta den kleinen Maximilian hatten, waren sie sehr traditionsbewusst geworden. Sie hatten uns aus dem Wohnzimmer ausgesperrt, in das wir erst hinein durften, nachdem Gösta die echten Kerzen an dem Baum entzündet und eine Glocke geläutet hatte. Dabei war ihre Wohnung für solche Zugangsbeschränkungen eigentlich zu klein, sodass wir uns mit den immer unruhiger werdenden Friedrich, Maximilian und Maria-Sophie in der Küche drängelten und Gebäck aßen, das schmeckte wie anderes Gebäck auch, aber nach irgendwelchen speziellen Oma-Rezepten gebacken war. Hund Leander lag so apathisch unter dem Küchentisch, dass ich mir vorstellte, sie hätten ihm etwas Beruhigendes ins Futter getan und mir dasselbe wünschte. Noch enger wurde es dadurch, dass Gösta sich einen Weinkühlschrank mit stoßgedämpften Regalen und fünf individuell regelbaren Klimazonen gekauft hatte. Gerade als ich fragen wollte, ob wenigstens ich in das Weihnachtszimmer hinein- oder eigentlich nur hindurch dürfte, um auf dem Balkon eine Zigarette zu rauchen, bimmelte es. Gösta las die Weihnachtsgeschichte, schien nicht zu wissen, wo er aufhören sollte und las viel zu lang, bis er verwirrt an der Stelle abbrach, wo der alte Simeon das Jesuskind im Tempel von Jerusalem auf die Arme nimmt, während ich auf die Balkontür starrte. Dann wurden die Geschenke verteilt, und Gösta bekam etwas von Regine.
    »Oh, eine Salzmühle, ist die etwa mit ... «
    » ... mit Peugeot-Mahlwerk, Edelstahl. Alle anderen taugen ja nichts«, sagte Regine. Das Wort Peugeot-Mahlwerk löste bei Sabine und Lars emphatisches Nicken aus, ich hingegen wunderte mich darüber, wie klein die Salzmühle war, wo Gösta doch in den letzten Jahren, wenn er für uns gekocht hatte, nach dem Servieren für jeden aus einer Mühle von der Größe und dem Aussehen einer Gartenschach-Figur Pfeffer auf den Teller geknarzt hatte. Ich überlegte, ob er ab jetzt zwei Mal die abendliche Tischgesellschaft umrunden würde, ein Mal mit Pfeffer, ein Mal mit Salz, und musste dabei so abwesend ausgesehen haben, dass Regine einen Versuch unternahm, mich in das Gespräch einzubinden, indem sie sagte:
    »Da kann Gösta sein Himalaja-Salz rein füllen« »Himalaja -Salz ?«
    »Salz ist nicht gleich Salz, da gibt es große Unterschiede. Unser normales Salz ist doch total industriell verunreinigt.« »Und Himalaja-Salz?«
    »Das ist Ur-Salz. Das kommt direkt aus der Natur.« »Und in der Natur ist alles immer so sauber?«
    »Im Himalaja gibt es keine Umweltgifte. Deswegen löst das keine Allergien aus. Bei den Kindern. Und außerdem schmeckt es besser, deswegen braucht man weniger davon.«
    »Salz besteht zu 98 % aus Natriumchlorid, egal, ob es aus dem Himalaja oder aus Bad Reichenhall kommt. Und das schmeckt immer gleich«, sagte ich, denn ich wusste das, ich hatte das recherchiert für eine meiner letzten Übersetzungen.
    »Dann ist das halt mein subjektiver Geschmack«, sagte Regine in einer Weise lächelnd, als wüsste sie, dass ich darauf nichts antworten konnte. Gegen Geschmack, hier sogar subjektiven Geschmack, gefühlten Geschmack sozusagen, kam niemand an.
    »Was ist Himalaja?«, fragte Friedrich und konnte nicht ahnen, wie dankbar ich ihm dafür war, dass er dieses Gespräch auf den gedanklichen Horizont eines Dreijährigen zurückholte. Regine erklärte ihm engagiert nickend, dass das Berge seien, Hi-ma-Iaja, gaanz weit weg und soooo hoch, hmhmm!, während ich auf den Balkon ging und gleich zwei Zigaretten rauchte.
    Es überraschte mich, dass Lars, als

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