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Das Weihnachten des Mr Scrooge

Das Weihnachten des Mr Scrooge

Titel: Das Weihnachten des Mr Scrooge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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man bei ihnen überhaupt von Mittagsmahl reden kann, der Mittel berauben zu essen! Ist es nicht so?«
    »Ich?« rief der Geist.
    »Du trachtest danach, jeden siebenten Tag diese Orte zu schließen«, sagte Scrooge, »und das läuft auf eins hinaus.«
    »Ich trachte danach?« entfuhr es dem Geist.
    »Vergib mir, wenn ich mich irre!« versetzte Scrooge. »Es ist in deinem Namen geschehen oder wenigstens in dem deiner Familie!«
    »Es gibt Menschen auf eurer Erde«, entgegnete der Geist, »die behaupten, uns zu kennen. Sie tun alle ihre Taten der Leidenschaft, des Stolzes, der Bosheit, des Hasses, des Neids, der Heuchelei und der Selbstsucht in unserem Namen, sind aber uns und all unseren Verwandten so fremd, als hätten sie nie gelebt. Denk daran und lege ihr Tun ihnen selbst zur Last, nicht uns!«
    Scrooge versprach es, und sie brachen unsichtbar wie zuvor in die Vorstädte auf. Der Geist besaß, wie Scrooge unter dem Torweg des Bäckers bemerkt hatte, die seltsame Eigenschaft, daß er sich trotz seiner Riesengröße leicht jedem Raum anzupassen und sich unter einem niederen Dach ebenso ungezwungen und seinem übernatürlichen Wesen gemäß zu bewegen vermochte, wie er es in einer luftigen Halle hätte tun können.
    Vielleicht war es das Vergnügen, das der gute Geist darin fand, diese seine Macht zu zeigen, oder auch sein eigenes gütiges, hochherziges Wesen und seine Vorliebe für alle Armen, was ihn geradewegs zu Scrooges Schreiber führte – jedenfalls wandte er sich dorthin und nahm Scrooge mit sich, der sich an seinem Gewand festhielt. Auf der Schwelle blieb der Geist lächelnd stehen, um Bob Cratchits niedriges Haus durch Besprengung mit seiner Fackel zu segnen. Denkt euch, Bob hatte nur fünfzehn »Bob« [ 1 ] wöchentlich; er steckte an den Samstagen nur fünfzehn seiner Namensvettern ein, und doch segnete der Geist der diesjährigen Weihnacht sein Vierzimmerhäuschen.
    Da stand Mrs. Cratchit, Cratchits Weib, in einem ärmlichen, bereits zweimal gewendeten Kleid, aber mit billigen Bändern geputzt, die für sechs Pence recht stattlich wirkten, und deckte den Tisch zusammen mit Belinda Cratchit, ihrer zweiten Toch
ter, die sich ebenso mit Bändern geschmückt hatte, während Master Peter Cratchit eine Gabel in den Topf mit Kartoffeln steckte. Und als ihm dabei die Ecken seines ungeheuren Hemdkragens – persönliches Eigentum Bobs, heute aber dem Festtag zu Ehren seinem Sohn und Erben übertragen – in den Mund gerieten, frohlockte er, sich so fein ausgestattet zu wissen, und sehnte sich, sein Weißzeug in den eleganten Parks zu zeigen. Und nun stürmten zwei kleinere Cratchits, ein Knabe und ein Mädchen, tobend herein und riefen, daß sie draußen am Bäckerhaus eine gebratene Gans gerochen und sie als ihre eigene erkannt hätten; in genießerischen Gedanken an Salbei und Zwiebeln schwelgend, tanzten diese jüngsten Cratchits um den Tisch und hoben Master Peter Cratchit in den Himmel, während er – gar nicht stolz, obwohl ihn sein Hemdkragen schier erwürgte – das Feuer anblies, bis die trägen Kartoffeln aufwallten und laut an den Topfdeckel pochten, um herausgelassen und geschält zu werden.
    »Wo bleibt nur euer guter Vater?« fragte Mrs. Cratchit. »Und euer Bruder, Tiny Tim! Auch Martha ist voriges Jahr eine halbe Stunde früher gekommen!«
    »Hier ist Martha, Mutter!« rief ein Mädchen, die unter der Tür erschien.
    »Hier ist Martha, Mutter!« riefen die beiden Kleinen. »Hurra, Martha! Es gibt eine soo große Gans!«
    »Gottlob, daß du da bist, liebes Kind! Wo steckst du denn so lange?« rief Mrs. Cratchit, küßte sie wohl ein dutzendmal und nahm ihr mit geschäftigem Eifer Halstuch und Hut ab.
    »Wir hatten gestern noch bis spät in die Nacht zu arbeiten«, versetzte das Mädchen, »und mußten heute früh aufräumen, Mutter!«
    »Nun, Hauptsache, daß du da bist!« sagte Mrs. Cratchit. »Setz dich ans Feuer, Kind, und wärme dich!«
    »Nein, nein! Der Vater kommt«, schrien die beiden jungen Cratchits, die überall zu gleicher Zeit waren. »Martha! versteck dich! Versteck dich!«
    Martha tat es, und herein trat der kleine Bob, der Vater, dem das Halstuch, die Fransen nicht eingerechnet, mindestens drei Fuß lang herabbaumelte und dessen abgetragener Anzug gestopft und gut gebürstet war, um festlich auszusehen. Auf seinen Schultern saß Tiny Tim. Der Ärmste trug eine kleine Krücke, und seine Glieder wurden durch ein Eisengestell gestützt.
    »Wo steckt denn unsre Martha?« rief Bob

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