Das Weihnachtsversprechen
Sie gesehen, was da draußen passiert ist?«
»Teilweise.« Er setzte sich. »Ist mit dem Mann alles in Ordnung?«
»Das weiß ich nicht. Er hat ganz schön was abgekriegt.« Chaz spürte, wie seine Hand wieder zu zittern begann, und er ging zum Kühlschrank und nahm ein Bier heraus. »Glauben Sie, dass Sie wieder reinkommen können?«
»Ich kann nicht«, erwiderte Chaz. »Mir ist wirklich schlecht.«
»Gut. Wir übernehmen das schon.«
»Danke«, sagte Chaz und wollte schon auflegen, als ihm Donovan einfiel. Was würde mit ihm geschehen, wenn Ray oder Fred seine Schicht übernahm? »Ray«, rief er ins Telefon, »ich komme später wieder rein.«
»Sind Sie sicher?«
»Ich werde gegen neun da sein«, versprach Chaz. Er wärmte sich ein paar Makkaroni mit Käse auf und trank am Kartentisch zwei Bier. Die Sonne ging unter, aber er schaltete das Licht nicht an; er war an die Dunkelheit gewöhnt. Er rief die Auskunft an, bekamdie Nummer des Krankenhauses und wählte sie, bevor er sie wieder vergaß. Niemand würde ihm irgendeine Information geben. Warum sollten sie? Er kannte noch nicht einmal Mikes Nachnamen.
»Sind Sie ein Familienmitglied?«, fragte ihn die Frau am anderen Ende der Leitung. Er versuchte zu erklären, dass Mike ohne Familie war und dass er sich täglich mit ihm unterhalten habe, aber es war ohne Bedeutung.
Chaz legte sich auf sein Bett, aber in Gedanken spielte er die Szene wieder und wieder durch. Sobald er einzunicken begann, sah er Mikes Körper vor sich und fuhr aus dem Schlaf hoch. Was, wenn Mike starb? Was, wenn er starb und seine Eltern nie davon erfuhren? Wie würden sie den Rest ihres Lebens verbringen, wenn sie nicht wussten, was mit ihm geschehen war? Die schaurige Weihnachtsbeleuchtung von der gegenüberliegenden Straßenseite drang in sein Zimmer, und er zog sich die Decke über den Kopf.
Als das Telefon um acht Uhr klingelte, hob er ab. Es war Kelly aus dem Wilson’s. »Das Päckchen ist gekommen«, sagte sie. Es folgte eine lange Pause. »Ich sehe, dass Sie heute Abend nicht arbeiten. Möchten Sie, dass ich es Ihnen bringe, wenn ich gehe?« Chaz spürte jeden Nerv in seinem Körper. Er setzte sich auf die Bettkante und rieb sich den Kopf. »Chaz? Wollen Sie noch, dass ich es Ihnen bringe?«
Er konnte sie nicht kommen lassen. Er konnte es diesmal einfach nicht tun. »Nein.«
Sie suchte nach den geeigneten Worten. »Also was soll ich ...«
»Es ist mir egal«, sagte er.
Sie schwieg am anderen Ende der Leitung, dann legte sie auf.
Carla schlich zur Tür und behielt Thomas im Auge, während sie sie zuzog.
»Wohin gehst du?«, fragte Thomas.
Beim Klang seiner Stimme fuhr sie zusammen. »Ich muss nach Donovan sehen«, erwiderte sie.
Er drehte sich zu ihr hin und musterte sie. »Ihm geht’s gut. Komm wieder ins Bett.«
»Er ist schon lange allein«, widersprach Carla flüsternd. »Ich bin gleich wieder da.«
»Zwei Minuten«, sagte Thomas und stützte sich auf den Ellenbogen.
Sie ging über den Flur zu Donovans Zimmer und schloss die Tür hinter sich ab. Carla wusste, dass ein Schloss Thomas nicht draußen halten würde, aber mehr konnte sie nicht tun. Donovan sah fern, wie sie ihn gebeten hatte, als Thomas gekommen war. Sie setzte sich neben ihn, und er sprang auf ihren Schoß. Sie zuckte zusammen, denn die Prellungen auf ihren Beinen waren schmerzempfindlich.
»Ich muss dich anziehen«, flüsterte sie und zog ein Paar Hosen vom Ende seines Betts zu sich.
»Warum?«
»Pst«, machte sie und half ihm in die Hose. »Ich muss dich heute Abend zu Miss Glory bringen.«
»Warum?«, fragte er erneut und versuchte, sich ein Sweatshirt über den Kopf zu ziehen.
»Weil du heute Nacht nicht hierbleiben solltest«, erklärte sie und band seine Turnschuhe zu.
»Warum nicht?«
Sie nahm seine Hand und legte einen Finger an ihre Lippen. »Hör auf zu fragen und sei still.« Carla packte hastig ein paar Sachen in Donovans kleinen Koffer. Sie drehte den Türknauf um, öffnete langsam die Tür und schlich mit Donovan auf den Flur. Dort nahm sie ihren Mantel vom Haken neben der Eingangstür und schob Donovan hinaus zu ihrem Auto.
Dalton, Heddy, Erin und ich sahen die Kleidungsstücke durch, die uns gespendet worden waren. Jeden Winter fand ich auf meiner Veranda immer wieder große Tüten voller Kleidung vor, aber dieses Jahr schienen es mehr denn je zu sein. Wir warfen die Kleidung fort, die zu zerschlissen war, um noch getragen werden zu können, und stapelten die noch gut
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