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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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nicht reich damit, aber es genügt zum Überleben. Außerdem ist der Chef des Verlags mein Patenonkel.«
    »Wie praktisch.«
    »Ja, das hält die Einkünfte gleichmäßig. Und der Job macht mir Spaß. Wissen Sie, ich habe Literatur studiert und darin auch meinen Magister gemacht, aber zu einer Dozentenstelle an der Universität hätte ich niemals Lust gehabt.«
    Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu. »Zum Nachteil der Studenten.«
    »Vielen Dank.« Sie sah auf ihre Finger. »Waren Sie schon mal in Paris, Michael?«
    »Nein. Sie?«
    Karen schüttelte den Kopf. »Nein, es ist das erste Mal.«
    »Dann können wir uns doch die Stadt zusammen anschauen«, schlug er vor.
    »Das geht leider nicht. Ich muss mich um meine Arbeit kümmern und die vorhandenen Archivmaterialien durchsehen.«
    »Ach kommen Sie. Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie nach Paris fahren und ohne die Mona Lisa oder den Eiffelturm gesehen zu haben wieder verschwinden.«
    Karen musste ihm zustimmen. »Einige Dinge wollte ich mir schon anschauen, den Louvre und das Musée d’ Orsay.«
    Mansfield wandte den Kopf. »Sie interessieren sich für die Impressionisten?«
    »Monet und Cézanne sind meine Lieblingsmaler. Ich muss sie unbedingt im Original sehen.«
    Er blickte auf die Straße vor sich. »Sie scheinen keine Angst mehr vor dem Mann von heute Nacht zu haben«, sagte er.
    Karen knetete ihre Finger. »Ich bin nach Paris gekommen, um hier eine Aufgabe zu erfüllen, Michael. Ich kann mich nicht die ganze Zeit verstecken und Angst haben. So komme ich nie ans Ziel.«
    »Eine vernünftige Einstellung.« Er bemerkte, dass sie etwas aus ihrer Hosentasche hervorholte. »Was haben Sie da in der Hand?«
    Karen hielt einen fingerlangen weißen Gegenstand in Mansfields Augenhöhe und drehte ihn im hellen Sonnenlicht hin und her.
    »Ein Amulett. Es fiel mir vor die Füße, als der Fremde flüchtete. Es scheint aus Alabaster zu sein, meinen Sie nicht? Es ist innen hohl und hat auf der einen Seite eine Gravur.« Sie drehte das Amulett zwischen den Fingern, sodass Mansfield eine stilisierte Feder erkennen konnte.
    »Ich glaube, ich habe so etwas Ähnliches schon mal gesehen«, meinte er. »Es schaut ägyptisch aus, wie Ihre Kette.«
    Unbewusst griff Karen nach ihrer Maat-Kette. »Ja, es könnte ein Djed-Pfeiler sein, obwohl der obere Teil fehlt.«
    Mansfield musste auf den Verkehr achten und sah in den Seitenspiegel. »Sie hätten es dem Kommissar geben müssen.«
    Schnell schloss sich ihre Hand um das Amulett. »Nein! Ich möchte es behalten. Bitte erzählen Sie ihm nichts davon.«
    Er nickte. »Von mir aus. Aber es könnte gefährlich werden, das Amulett zu behalten. Der Fremde wird es zurückhaben wollen.«
    Karen blickte betrübt auf den weißen Alabaster, der sich in ihrer Hand so wunderbar anfühlte. »Wahrscheinlich haben Sie Recht. Aber er hat mich auf dem Flughafen auch schon angegriffen, und da besaß ich dieses Amulett noch nicht. Es kann also nicht nur daran liegen.« Liebevoll strich sie über den alten Alabaster und ließ ihn in die Hosentasche gleiten.
    Der Anfang ihres Parisaufenthalts nahm nicht den geplanten Lauf, und nach einem schnellen Blick auf den Mann neben sich konnte sie nicht sagen, ob sie das gut oder schlecht finden sollte.

6
    Als sie durch das steinerne Eingangstor der Sorbonne an der Rue de la Sorbonne gingen, streckte Karen den Arm aus und strich mit der rechten Hand über den alten Sandstein.
    Mansfield betrachtete sie mit einem Stirnrunzeln. »Was tun Sie da?«
    Karen spürte den von der Sonne erwärmten Stein und fühlte sich auf eine merkwürdige Art innerlich berührt.
    Angekommen.
    »Ich liebe es, Steine zu berühren. Es ist wie ein Erkennungsgruß. Kennen Sie das nicht auch?«
    Mansfield überlegte. »Doch, ich mache das zu Hause auch immer mit meinem Kühlschrank.«
    »Sie Ignorant.« Lächelnd ging sie an ihm vorbei zum Pförtnerplatz.
    »Ob Monsieur le Recteur mich so empfangen wird?« Mansfield strich sich unbehaglich über die stachlige Wange. »Verflixt, ich trete der wissenschaftlichen Elite Frankreichs entgegen und bin nicht rasiert.« Es war ihm äußerst unangenehm, aber Karen warf ihm nur einen verschmitzten Blick zu.
    »Keine Angst, Michael, Sie sehen gut aus.«
    »Ich weiß. Aber ich bin unrasiert. Ob das akzeptabel ist?«
    »Monsieur Artois ist der Freund meines Patenonkels und wird jeden akzeptieren, den ich mitbringe, selbst wenn es Quasimodo wäre.«
    »Vielen Dank. Jetzt fühle ich mich schon

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