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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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ihr niemals Personenschutz zur Verfügung stellen. Und eine Polizeistreife, die ab und zu am Hotel vorbeifuhr, würde ihren Angreifer wohl kaum abschrecken. Lange sah Karen auf das Telefon und wedelte sich geistesabwesend mit der kleinen Visitenkarte Luft zu. Ihr fiel nur eine Person ein, bei der sie sich im Augenblick sicher fühlen würde. Und diese Person wohnte im Hotel Vernet.
    Langsam griff sie zum Telefon und ließ sich von der Auskunft mit dem Vernet verbinden. Ein äußerst höflicher Portier erklärte, dass Monsieur Mansfield sich zurzeit nicht in seinem Zimmer befinde und sie deswegen auch nicht mit ihm reden könne. Zunächst hielt Karen das für eine Floskel, um die nächtliche Ruhe der Gäste vor Anrufen zu schützen, aber da Mansfield ein Amerikaner war, musste der Portier mit zeitversetzten Telefonaten rechnen. Also schien er wirklich noch nicht in seinem Zimmer zu sein. Doch das machte nichts. Selbst das Foyer des Vernet schien Karen im Augenblick sicherer als ihr kleines Zimmer im Quartier Latin. Sie beendete das Gespräch und ließ sich von der Auskunft mit einer Taxi-Zentrale verbinden.

4
    Die Fahrt zurück in sein Hotel führte Mansfield durch halb Paris, aber das war im Moment auch gut so. Er war leicht verwirrt. Seit er am Montag hier angekommen war, hatte sich sein Aufenthalt nicht ganz nach seinen Wünschen entwickelt. Er hatte Laurent angelogen. Natürlich war er heute Nachmittag nicht in La Défense gewesen, sondern hatte sich in der Banlieu illegal eine Pistole gekauft. Nur gut, dass Karen nicht in das Handschuhfach des BMW geschaut hatte, wo er die chromfarbene Smith & Wesson versteckte.
    Es schien, als würde es für ihn in Paris nicht einfach werden.
    Der verdammte Kerl hat tatsächlich zugestochen.
    Mansfield strich sich über den dünnen Verband, der unter dem T-Shirt zu spüren war. Wieder eine Narbe mehr.
    Er bog von der Champs-Élysées in die Rue Vernet und fuhr in das Parkdeck seines Hotels. Der Lift brachte ihn in den fünften Stock, wo er sich in seinem Zimmer der Lederjacke und des T-Shirts entledigte. Er zog ein weißes Hemd an und setzte sich auf die Couch, wo er geistesabwesend die Le Monde in die Hand nahm und sie durchblätterte. Trotz der vorgerückten Stunde war er noch nicht müde. Er ließ sich einen Whiskey kommen und las im sanften Licht einer Stehlampe, als das Telefon plötzlich klingelte. Er nahm den Hörer ab.
    »Oui?«
    »Pardon, Mr Mansfield, dass ich Sie so spät störe, aber da ich Sie vor einer halben Stunde gesehen habe und ein Page mir sagte, dass bei Ihnen noch Licht brennt … Bei mir steht eine gewisse Madame Alexandre, die Sie unbedingt sprechen möchte. Sie lässt sich nicht auf den Vormittag verweisen.«
    Mansfield musste grinsen. »Das ist in Ordnung, Monsieur Leroux. Bitte schicken Sie sie nach oben.«
    Der Portier war viel zu höflich, um irgendein Anzeichen von Überraschung zu zeigen. »Sehr wohl, Mr Mansfield.« Er legte auf und deutete zum Lift. »Mr Mansfield erwartet Sie, Madame Alexandre. Zimmernummer 505.«
    Karen nickte. »Merci beaucoup.«
    Mit einem Seufzer stellte sie fest, dass ein Aufenthalt in diesem Hotel mit den weißen Marmorwänden und der edlen Strukturtapete ihr Reisebudget sicherlich sprengen würde. Aber das stand im Augenblick sowieso nicht zur Debatte. Sie zählte die Türnummern durch und klopfte ganz leise an die 505, wo Mansfield ihr sofort öffnete.
    Sie sah ihn mit einem schlechten Gewissen an. »Es tut mir Leid, dass ich Sie nochmals störe, aber …«
    »Sie stören nicht«, sagte er und hielt die Tür weit geöffnet. »Kommen Sie herein.«
    Während sie ins Wohnzimmer trat, warf Mansfield schnell einen Blick in den Hotelflur, aber es war niemand zu sehen. Er schloss die Tür.
    »Ist Ihnen jemand gefolgt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Ich habe niemanden bemerkt.«
    »Gut.« Er bot ihr einen Sessel an, in den sie sich mit einem dankbaren Seufzer fallen ließ.
    »Sie haben eine Suite«, stellte sie fest und betrachtete das in Cremefarben gehaltene Zimmer mit den Art nouveau-Möbeln. So viel Platz war sie nicht gewöhnt.
    »Das haben Sie nicht erwartet, wie?«
    »Nein, ich …« Sie biss sich auf die Zunge.
    »Ich sehe nicht danach aus, wollten Sie sagen.«
    »Na ja, irgendwie nicht.«
    Er lehnte sich mit einem Lächeln in seinem Sessel zurück und hatte ein Funkeln in den Augen. »Das nehme ich als Kompliment.«
    Sie gähnte unter vorgehaltener Hand. »Kann sich so etwas ein New Yorker

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