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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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wenn ich von der jungen Frau erzähle. Ein heulender Chefermittler wäre ja wohl eine tolle Sache.«
    »Und was, wenn du nur die erste Hälfte machst und Arne den Rest überlässt? Du brauchst Ruhe, das sehe ich dir an.«
    »Okay, das ist eine gute Idee.«
    Die Antwort überrumpelte sie derart, dass sie sich räuspern musste, um nicht all die guten Argumente vorzubringen, die sie sich zurechtgelegt hatte.
    Sie kamen an einer Putzfrau vorbei, die mit einem tivolifarbigen Staubwedel an einer langen Bambusstange die Spinnweben unter der Decke einsammelte. Als hätten sie es verabredet, schwiegen sie, als sie an ihr vorbeigingen. Die Frau lächelte ihnen flüchtig zu, während sie mit sparsamen Bewegungen und scharfem Blick mit ihrer Arbeit fortfuhr. Als sie außer Hörweite waren, fuhr die Comtesse fort: »Und ich denke, du solltest überlegen, für eine Woche zu mir zu ziehen, das würde dir bestimmt guttun.«
    Der Vorschlag kam überraschend. So weit waren sie eigentlich noch nicht. Glaubten sie. Aber Konrad Simonsen wurde nicht einmal langsamer, als er antwortete: »Gerne.«
    Manchmal war das Leben gar nicht so kompliziert. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm und hielt ihn sanft zurück. Normalerweise küssten sie sich nie während der Arbeit, und auch privat passierte das nur selten. Jetzt geschah es. Würdevoll, mit passendem Abstand und Kussmund, wie die Figuren in einem Vaudeville.

[home]
    4
    D ie erste gemeinsame Dienstbesprechung des neuen Falls wurde in einem der großen Vortragssäle des Präsidiums abgehalten. Der Grund dafür war nicht die Anzahl der teilnehmenden Personen, sondern ein riesiger Touchscreen, der zwei Bilder auf einmal zeigen konnte, und deshalb bestens geeignet war für fotografische Gegenüberstellungen. Gerade die parallelen Bilder der zwei Frauenmorde machten die traurige Botschaft dieser morgendlichen Besprechung deutlich. Das weitere Vorgehen des Morddezernats konnte in dieser Sitzung nicht wie geplant besprochen werden, da sich sowohl Vertreter des Außenministeriums als auch des Büros des obersten Polizeichefs angekündigt hatten. Das mussten sie später im kleineren Kreis klären. Zu den anderen Anwesenden zählten Pauline Berg und Arne Pedersen, zwei der engsten Mitarbeiter von Konrad Simonsen im Morddezernat, und der Student Malte Brorup, der als Computergenie oben im ersten Stock im Vorführraum saß und die Bilder präsentierte, die er zusammengestellt hatte.
    Konrad Simonsen nickte seinen Zuhörern kurz zu, als er zwanzig Minuten nach der vereinbarten Zeit ankam. Alle hatten in der ersten oder zweiten Reihe Platz genommen, Pauline Berg und Arne Pedersen etwas abseits der anderen am Rand. Die Comtesse setzte sich auf einen freien Stuhl neben Arne Pedersen, stand aber gleich wieder auf, als sich der Vertreter des Außenministeriums auf Konrad stürzte, noch bevor dieser ein Wort sagen konnte.
    »Lassen Sie mich das gleich klarstellen, Herr Kriminalhauptkommissar Simonsen, das ist das allerletzte Mal, dass Sie mich haben warten lassen. Haben Sie verstanden?«
    Der Mann im mittleren Alter war relativ klein und wirkte auf den ersten Blick harmlos. In Anbetracht seiner beruflichen Tätigkeit saß sein Anzug seltsam unharmonisch, und auch seine Haare konnten durchaus einen Kamm vertragen. Seine Worte ließen aber keinen Zweifel daran, dass ihm nur selten widersprochen wurde. Nicht einmal seine seltsam hohe Stimme, die fast wie die eines Kindes klang, änderte etwas an dem Eindruck, dass er ein Machtmensch war, mit dem man sich nicht ungestraft anlegte. Die Ruhe und Selbstverständlichkeit, mit der er seine Rüge vorgetragen hatte, unterstützten seine Autorität.
    Die Comtesse versuchte, die Schuld für die Verspätung auf sich zu nehmen. Man brauchte keine Hellseherin, um vorauszusehen, dass ein instabiler Ermittlungschef und ein aufgeblasener Bürokrat ein ungenießbarer Cocktail sein würden. Die Rettung kam aber von unerwarteter Seite und in Gestalt der Sekretärin aus dem Vorzimmer des obersten Polizeichefs, die sonst für ihre Freundlichkeit bekannt war. Ihre Stimme schnitt sich plötzlich aggressiv und für alle hörbar durch das Stimmengewirr und ließ keinen Zweifel daran, wem ihre Worte galten, obwohl sie nicht einmal aufgestanden war.
    »Ich soll Grüße vom Polizeichef ausrichten und sagen, dass Sie hier Gast sind und – sollten Sie sich nicht anständig aufführen – abzischen sollen. Letzteres hat er wörtlich gesagt und mich explizit darum gebeten, es auch so

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