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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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Trotzdem entnahm Pauline ihren Worten, dass sie ihren Realitätssinn noch nicht ganz verloren hatte. Sie sagte nichts zu Jeanettes letzter Bemerkung und wartete.
    »Ich weiß genau, dass er mich auch irgendwann umbringen wird«, hauchte Jeanette Hvidt nach einer Weile.
    »Ja, das wird er.«
    »Er hat zwei Gräber abgemessen. Das habe ich gesehen, bevor du gekommen bist. Er hat Striche auf den Boden gemacht, die sieht man nur wegen dem Staub nicht mehr.«
    »Trug er eine Maske, als er die beiden Gräber abgemessen hat?«
    »Das andere Grab ist für mich. Er muss es nur noch ausheben.«
    Pauline Berg erwiderte so pädagogisch wie möglich: »Jeanette, du musst mir zuhören.«
    »Entschuldigung, was hast du gefragt?«
    »Ich wollte wissen, ob er eine Maske trug, als er das andere Grab abgemessen hat.«
    »Mein Grab.«
    »Ja, verdammt, dein Grab. Trug er eine Maske?«
    »Er trägt immer eine Maske.«
    »Nein, das tut er nicht. Ich habe ihn ohne Maske gesehen. Er ist bloß ein verdammt kranker Mann.«
    »Glaubst du, dass sie nach uns suchen?«
    »Natürlich suchen sie nach uns. Da kannst du dir sicher sein. Die werden jetzt alle unterwegs sein.«
    »Du bist Polizistin, da suchen sie bestimmt extra gründlich. Sie wollen dich doch finden.«
    »Sie wollen uns beide finden, und wir müssen ihnen so gut wie möglich helfen.«
    »Und wie sollen wir das machen?«
    »Ich habe eine Idee. Als Erstes müssen wir unsere fünf Sinne einsetzen, einen nach dem anderen, und sehen, ob wir irgendetwas herausbekommen. Hast du das verstanden?«
    »Nicht ganz, wozu soll das denn gut sein?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    »Und wann wissen wir das?«
    »Tu einfach, was ich dir sage, okay?«
    »Okay, aber da ist noch eine Sache.«
    »Was für eine Sache?«
    »Entschuldige bitte. Ich meine … das, was ich gesagt habe, als er hier war, das war nicht nett von mir.«
    »Ist schon in Ordnung.«
    »Ich habe eine schreckliche Angst vor diesem Stock, der tut so grausam weh. Schon bei dem Gedanken daran werde ich wahnsinnig.«
    »Dann denk nicht dran. Sag mir lieber, ob du dich an unsere fünf Sinne erinnerst.«
    »Klar: riechen, hören, fühlen, sehen und schmecken.«
    »Versuchen wir zuerst, etwas zu sehen. Am besten sagst du nichts, machst die Augen weit auf und versuchst so viel wie möglich aufzunehmen, okay?«
    »Ja.«
    Pauline Berg drehte langsam den Kopf von einer Seite zur anderen. Sie hatte die Augen weit geöffnet, bereit, auch den kleinsten Lichtschein zu erfassen. Aber es war nichts zu sehen, die Dunkelheit war total. Nach einer Weile brach sie ihr Vorhaben ab.
    »Was hast du gesehen?«, fragte sie.
    »Nichts, es ist vollkommen dunkel.«
    »Hm. Geht mir genauso, mir ist aber, als würde ich Farbe riechen.«
    »Der Geruch kommt von der Farbe von dem Kreuz, ich dachte, das Riechen käme erst später.«
    »Ja, stimmt, war nicht so gedacht. Erzähl mir von dem Kreuz.«
    »Das hat er gestern aufgehängt, und es ist – glaube ich – frisch gestrichen. Er hat dabei die ganze Zeit gekichert. Als wäre er stolz darauf. Ich glaube, er wollte mir damit Angst machen, aber ich hatte viel mehr Angst vor diesem Stock. Ich sollte ihm auch sagen, ob das Kreuz gerade hängt.«
    »Der ist echt krank. Lass uns jetzt fühlen. Leg deine Wange und dein Ohr an die Wand und versuch, etwas zu empfinden.«
    Die Mauer war rauh und fühlte sich kalt an. Pauline Berg spürte überdies eine gewisse Feuchtigkeit und folgerte: »Das ist eine Außenmauer, die fühlt sich kalt an.«
    »Ja, stimmt.«
    »Gut, und jetzt das Hören, das ist das Allerwichtigste. Bist du bereit?«
    »Ich bin bereit.«
    Die zwei Frauen horchten in das Dunkel hinein. Lange hörte Pauline Berg nichts anderes als ihren und Jeanette Hvidts leisen Atem, doch dann fing sie plötzlich ein schwaches, tiefes Grummeln auf, das durch den Keller vibrierte.
    »Hast du das gehört, Jeanette?«
    »Ja, das ist die S-Bahn.«
    Pauline Berg bemühte sich, ihre Stimme so gut wie möglich im Zaum zu halten, als sie fragte: »Woher weißt du das?«
    »Der Bunker ist nicht weit von den Schienen entfernt.«
    »Wir sind in einem Bunker?«
    »Ja, in so einem unterirdischen Ding.«
    »Warum hast du das nicht früher gesagt? Dann weißt du, wo wir sind?«
    »Du hast mich nicht gefragt, außerdem dachte ich doch, du wüsstest es auch.«
    Pauline Berg erkannte ihren Fehler. »Nein, das wusste ich nicht. Aber erzähl! Was hast du gesehen? Wo sind wir?«
    »Ich glaube, die Gegend hier heißt Hareskoven. Unser Bunker liegt

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