Das weiße Grab
Bevölkerung diesbezüglich aber angelogen haben, wären einige in Christiansborg ins Stolpern geraten.«
»
Wären
… Sie spekulieren.«
»Ein bisschen, aber es ist nicht ganz abwegig. Jens Otto Krag kannte den geheimen Brief aus den USA , denn kurz nachdem dieser abgeschickt worden war, bedankte sich der amerikanische Außenminister, John Foster Dulles, bei einem Spitzentreffen der Nato in Paris bei H. C. Hansen dafür, woraufhin dieser gezwungen war, seinen Außenhandelsminister, also Jens Otto Krag, zu informieren, da dieser ebenfalls anwesend war. Das wissen wir heute.«
»Das ist für Historiker sicher sehr interessant«, sagte er mit einem leicht ironischen Unterton, trotzdem waren seine Worte nicht misszuverstehen.
Die Comtesse breitete die Arme aus.
»Ich räume gerne ein, dass ich zeitweise darüber nachgedacht habe aufzugeben. Andererseits habe ich nie daran gezweifelt, dass die Vertuschung der Angelegenheit mit den grönländischen Atomwaffen 1983 eine sehr gute Erklärung für Helmer Hammers aktuelles Interesse sein könnte. Viele Minister aus dem Jahr 1983 sind noch immer aktiv, und vielleicht ist in den Archiven ja doch noch irgendwo Sprengstoff versteckt. Womöglich eine Akte, die die Journalisten rechtmäßig an die Öffentlichkeit bringen könnten, sollten sie von ihrer Existenz erfahren. Andererseits konnte ich nichts aus dem Jahr 1983 finden, außerdem passte Bertil Hampel-Kochs Reise da einfach nicht rein.«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie aber trotzdem nicht aufgegeben?«
»Nein, aber ich war kurz davor. Ich habe alle möglichen amerikanischen Datenbanken aus der Zeit durchstöbert, ohne weiterzukommen, bis mir durch einen Beitrag im Radio plötzlich alles klarwurde.«
»Lassen Sie mich hören.«
»Es war ein Feature vom letzten Winter, in dem nicht weniger als drei frühere Außenminister den H.-C.-Hansen-Brief kommentiert haben. Sehr hintergründig und informativ. Und irgendwann erzählte einer in einem Nebensatz, dass Jens Otto Krag Anfang 1968 , damals in seiner Funktion als Ministerpräsident, den Hauptsitz der amerikanischen Luftwaffe in Colorado Springs besucht hatte, wo ihm gezeigt wurde, wie die amerikanischen B 52 -Bomber über Grönland patrouillierten. Er hat sogar mit einem der Piloten gesprochen.«
Ihr Zuhörer änderte beinahe unmerklich sein Verhalten. Die Erfahrung aus den vielen Verhören, die sie geführt hatte, sagte ihr, dass sie jetzt seine ganze Aufmerksamkeit hatte.
»Die Geschichte ist korrekt, und in der Aprilnummer des
Air Force Journal
aus dem Jahr 1968 ist ein Bild abgedruckt, auf dem der dänische Regierungschef die Hand des Piloten schüttelt und ihm für seinen Einsatz dankt. So lautet in jedem Fall die Bildlegende. Dort wird auch der Name des Piloten genannt, nämlich Clark Atkinson.«
Sie sah ihm direkt in die Augen. Die Stimmung war bis zum Zerreißen gespannt, was er nicht mehr zu verbergen versuchte. Sie genoss den Augenblick, wie eine Schauspielerin, die eine magische Sekunde lang ihr Publikum ganz in ihren Bann zog.
» 1983 war Clark Atkinson zum
base commander
aufgestiegen und hatte das Kommando über die Thule Air Base. Er stand kurz vor der Frühpensionierung von der amerikanischen Luftwaffe, da er zurück nach Idaho wollte, wo er eine politische Karriere anstrebte. In diesem Zusammenhang hatte er ein Buch geschrieben. So etwas wie Memoiren über seine Jahre in Grönland.
On Guard in North
hieß das Buch, das 1984 bei dem Verlag Magic Valley Silhouette erschien. Doch noch bevor das Buch erschienen war, druckte die Idahoer Zeitung
Times-Chronicle
einen Auszug von zwei Kapiteln als eine Art Teaser ab. Das erste Kapitel wurde am Sonntag, dem 15 . Mai 1983, veröffentlicht, das ist aber vollkommen uninteressant, das zweite aber, das eine Woche später erschien, also am 22 . Mai in der Sonntagsausgabe, muss in Kopenhagen Panik ausgelöst haben, als man dort davon erfuhr. Denn dass man davon erfuhr, bezweifle ich nicht eine Sekunde. Zum Glück für die dänischen Machthaber hat die dänische Presse diese Veröffentlichung aber nicht mitbekommen. Ansonsten wäre die Hölle los gewesen.«
»Weiter!« Er fauchte sie beinahe an.
»Tja, vielleicht wäre es auch noch wert zu bemerken, dass das, was 1983 ein Geheimnis in Dänemark war, noch lange kein Geheimnis in den USA sein musste. Commander Atkinson erzählte in seinem Buch sehr ausführlich von seiner Begegnung mit dem dänischen Ministerpräsidenten im Jahr 1968 , und er
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