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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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Fernrohrs als Forschungsinstrument über die Beobachtung der Mondgebirge und der Sonnenflecken bis hin zur Berechnung der Ellipsenbahnen der Planeten und der theoretischen Beschreibung neuer optischer Instrumente. Galilei und Kepler leisten Bahnbrechendes. Sie stellen sich den Herausforderungen der Forschung mit außergewöhnlicher Leidenschaft, mit Phantasie und Scharfsinn. Ihre Pionierleistungen sind Eckpfeiler der neuzeitlichen Wissenschaft.
    In der Gegenüberstellung der beiden Forscher zeigt sich aber auch, wie begrenzt die Reichweite ihrer jeweiligen Theorien ist, wie beide an traditionellen Vorstellungen festhalten und an vielen Fragen scheitern. Besonders deutlich wird dabei, dass Forschung an den Grenzen des Wissens unsicher und kontrovers ist. »Richtig« oder »falsch« sind in einem solchen Kontext mitunter keine brauchbaren Kategorien. Gerade deshalb ist die Diskussion unterschiedlicher Auffassungen ein so wesentlicher Bestandteil des Erkenntnisprozesses. Der Deutsche und der Italiener gehen je unterschiedlich mit dieser Herausforderung um: Während Kepler die Fachkollegen dazu auffordert, über die Konsequenzen aus Galileis Entdeckungen nachzudenken und seinem Beispiel zu folgen, stempelt Galilei dessen Ergebnisse als »Kindereien« ab.
    Die Urteile großer Forscher haben seit jeher besonderen Einfluss auf die Fach- und Nachwelt. Galileis Standpunkten ist im Lauf der Geschichte sehr viel Gewicht beigemessen worden. Vor allem seine starke Polarisierung zwischen dem »Licht der Wahrheit« einer richtig verstandenen Forschung und der blinden Begriffsgläubigkeit der Schulphilosophen und Theologen hat einen großen Reiz auf die sich institutionell etablierende Wissenschaft ausgeübt.
    Allerdings verraten seine heftigen, von ihm selbst angezettelten Kontroversen mit Jesuiten wie Christoph Scheiner oder Orazio Grassi oft mehr über seine eigene Person als über den Stand der Mathematik und Naturphilosophie seiner Zeit. Jesuitenmathematiker haben parallel zu ihm Teleskope gebaut, die Venusphasen entdeckt und ihn trotzdem in Rom für seine Himmelsbeobachtungen gefeiert. Mit einer systematischen Untersuchung der Sonnenflecken haben sie vor ihm begonnen, und zumindest einige von ihnen haben zunächst ebenfalls mit der kopernikanischen Theorie geliebäugelt. Im Kometenstreit hat Galilei an ihren ernst zu nehmenden Beobachtungen vorbeiargumentiert. Durch seine heftigen Polemiken gegen Kollegen wie Scheiner oder Grassi hat er die wissenschaftliche Gemeinschaft gespalten, sich selbst und den jesuitischen Forschern geschadet.
    Längst weiß man auch, dass Galilei kein Gegner der Kirche war, sondern ein gläubiger Katholik und gefallener Günstling des Papstes. Trotzdem wird das Verhältnis von Religion und Wissenschaft immer wieder an seinem Prozess aufgehängt.
    Kepler, der als Gläubiger aktiv für einen Dialog zwischen den Kirchen eintritt und als Forscher für den offenen wissenschaftlichen Gedankenaustausch, gibt hier ein ganz anderes Beispiel. Toleranz ist ihm das oberste Gebot, das die Gegensätze zwischen Glauben und Wissenschaft aufhebt. In seiner Forschung gewinnen mathematisch strenggültige Naturgesetze ihre volle Überzeugungskraft gerade durch den christlichen Schöpfungsgedanken.
    In unserer Phantasie lebt das bereits zitierte »Und sie bewegt sich doch!« genauso hartnäckig weiter wie die angeblichen Fallexperimente vom »Schiefen Turm« in Pisa. Kepler lässt wenig Raum für solche Legenden. Er legt über sein Leben und seine Wissenschaft ständig Rechenschaft ab. Im Unterschied zu heutigen Forschern verwischt er auch die Spuren und Irrwege seiner Arbeit nicht.
    Von der Fachwelt wird ihm das oft als Schwäche angekreidet. Aber es ist gerade auch eine der größten Gaben Keplers, dass er so authentisch mit sich ist. Die vielen von ihm selbst offengelegten Schattierungen seiner Forscherpersönlichkeit machen den Erkenntnisprozess als solchen in einzigartiger Weise transparent.
    Keplers schöpferische Leistungen speisen sich aus einer barocken Vielfalt geistiger Strömungen und einer Flut von Ideen, die erst nach und nach den Filter der Forschung passiert haben. Einige davon waren der Nachwelt schon bald nicht mehr geheuer. Sie passen bis heute schlecht zum Selbstbild der Naturwissenschaften und schon gar nicht zu ihrem Geniekult.
    Galilei ist in vieler Hinsicht moderner. Er schreibt seine Entdeckungsgeschichten um und kreiert sein eigenes Image, das sich wunderbar als Projektionsfläche für seine

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