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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sich vor mir ekeln, kann ich ja die Bettücher wechseln.« Schon riß er die Bettücher heraus, er schmiß sie auf den Diwan am anderen Ende des Ateliers. Dann zog er eine Garnitur aus dem Schrank, und mit der Geschicklichkeit eines Junggesellen, der an diese Verrichtung gewöhnt ist, machte er selber das Bett. Mit sorgfältiger Hand stopfte er die Ränder der Decke an der Wandseite unter die Auflegematratze, klopfte das Kopfkissen zurecht und schlug die Bettücher auf. »So, nun können Sie heia machen!«
    Und da sie nichts Sagte, immer noch reglos dastand und mit ihren verstörten Fingern über ihr Mieder fuhr, ohne sich überwinden zu können, es aufzuknöpfen, schob er den Wandschirm hinter ihr wieder zu. Mein Gott! Was für ein Getue.
    Rasch legte er sich selber hin: kaum waren die Bettücher auf dem Diwan ausgebreitet, seine Kleidungsstücke an einen alten Kleiderständer gehängt, da hatte er sich auch schon auf dem Rücken ausgestreckt. Aber als er die Kerze ausblasen wollte, fiel ihm ein, daß die Fremde dann nicht mehr deutlich sehen könnte, und so wartete er. Zuerst hatte er nicht einmal gehört, daß sie sich bewegte: zweifellos war sie stocksteif auf derselben Stelle dicht an der eisernen Bettstelle stehen geblieben. Denn jetzt vernahm er ein leises Stoffgeräusch, langsame und fast lautlose Bewegungen, als habe sie sie zehnmal geübt und als lausche auch sie in der Unruhe dieses Lichtes, das nicht erlosch. Nach langen Minuten knarrte schwach die Sprungfedermatratze; große Stille trat ein.
    »Liegen Sie bequem, Mademoiselle?« fragte Claude mit sehr viel sanfterer Stimme.
    Sie antwortete mit einem kaum vernehmbaren, vor Erregung noch zitternden Hauchen:
    »Ja, mein Herr, sehr bequem.«
    »Also dann gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Er blies das Licht aus, noch tieferes Schweigen sank herab. Trotz seiner Müdigkeit öffneten sich seine Lider bald wieder, schlaflos starrten seine Augen in die Luft, auf das Oberlicht. Der Himmel war sehr klar geworden, Claude sah in der glühenden Julinacht die Sterne funkeln; und trotz des Gewitters blieb die Wärme so stark, daß ihm brennendheiß war, obwohl seine nackten Arme auf der Bettdecke lagen. Dieses Mädchen beschäftigte ihn, ein dumpfer Widerstreit summte in ihm, die Verachtung, die er gern zur Schau trug, die Furcht, sich etwas Lästiges einzubrocken, falls er nachgäbe, die Angst, lächerlich zu wirken, wenn er die Gelegenheit nicht ausnützte; aber die Verachtung überwog schließlich, er hielt sich für sehr stark, er malte sich einen ganzen Roman aus, in dem man es auf seine Seelenruhe abgesehen hatte, und er grinste, weil er der Versuchung widerstanden. Er bekam kaum noch Luft, und er streckte seine Beine unter der Decke hervor, während er mit schwerem Kopf in der Wahnvorstellung des Halbschlafes auf dem Grunde des Sternenglühens liebeatmende nackte Frauen schaute, den ganzen lebenerfüllten Schoß des Weibes, den er anbetete.
    Dann verwirrten sich seine Vorstellungen noch mehr. Was machte sie bloß? Lange hatte er geglaubt, sie sei eingeschlafen, denn sie atmete nicht einmal; und nun hörte er, wie sie sich ebenso wie er mit unendlicher Vorsicht, die ihr den Atem benahm, umdrehte. Er hatte wenig Umgang mit Frauen und trachtete nun, Schlüsse zu ziehen aus der Geschichte, die sie ihm erzählt hatte; er war jetzt verblüfft über kleine Einzelheiten, war ratlos geworden; aber seine ganze Logik versagte, wozu sich unnütz den Kopf zerbrechen? Ob sie nun die Wahrheit gesagt oder ob sie gelogen hatte, das war ihm bei dem, was er mit ihr machen wollte, schnurzegal! Am nächsten Morgen würde sie wieder auf und davon gehen: guten Tag, guten Abend, und aus wär’s, man würde sich nie wiedersehen. Erst als es schon hell wurde, als die Sterne verblichen, gelang es ihm einzuschlafen. Obwohl sie von der Reise todmüde war, bewegte sie sich hinter dem Wandschirm ununterbrochen, weil die Schwüle der Luft unter dem heiß gewordenen Zink des Daches sie quälte; und sie tat sich nicht mehr soviel Zwang an, vor nervöser Ungeduld zuckte sie jäh zusammen, seufzte in ihrer Unberührtheit voller Unbehagen über diesen Mann, der dort in ihrer Nähe schlief.
    Als Claude am Morgen die Augen öffnete, zwinkerte er mit den Lidern. Es war sehr spät, eine breite Sonnenbahn fiel durch das Oberlicht. Das war eine seiner Theorien, daß die jungen Freilichtmaler die Ateliers mieten sollten, die die akademischen Maler nicht wollten, die Ateliers, die die Sonne mit der lebendigen

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