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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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an, und Lichner winkte ab. »Ist ja auch egal. Jedenfalls hat die liebe Nicole mich verraten, so wie Judas damals seinen Herrn und Meister Jesus verraten hat. Übrigens mit einem Kuss, wie Sie wissen. Im übertragenen Sinn hat das Nicole ja auch gemacht, nicht wahr? Dafür musste ich sie bestrafen. Na ja, und dass ich über Ihren Fahndungserfolg nicht sonderlich begeistert war, können Sie sich ja vielleicht auch vorstellen, Herr Hauptkommissar.« Kumpelhaftes Lachen.
    »Wovon zum Teufel reden Sie, Lichner? Ich verstehe noch immer kein Wort.«
    Das Lachen verschwand mit einem Mal von seinem Gesicht, als sei ein Schalter umgelegt worden. »Ja, das habe ich befürchtet. Dann also in aller Deutlichkeit, Herr Menkhoff, damit auch Ihr Polizistengehirn es versteht. Jedes Mal, wenn ich im Knast verprügelt worden bin, wenn hirnlose Primaten im Körper eines Preisboxers mich erpresst, gedemütigt und gequält haben, wenn ich bespuckt worden bin oder ein haariger, tätowierter Gewaltverbrecher mich unter der Dusche als Vorlage zum Onanieren benutzte, dann habe ich dabei an Nicole und Sie gedacht. An jedem verfluchten Tag, dreizehn Jahre, einen Monat und zehn Tage genau, die ich in diesem Käfig eingesperrt war, habe ich mich danach gesehnt, mich an Ihnen beiden zu rächen. Es war mein Antrieb, mich nicht unterkriegen zu lassen, alles zu erdulden, was immer die da drin mit mir auch anstellten. Ich habe Pläne geschmiedet und wieder verworfen, Details geändert, verbessert, alle Möglichkeiten durchdacht, bis alles perfekt war. Ich habe jahrelang an Nicoles
Patientendokumentation
geschrieben.« Er stieß wieder ein von Kopfschütteln begleitetes Lachen aus. »Sie müssen zugeben, sie ist mir gut gelungen, oder? Diese Sache mit den kleinen Katzen, die sie gekillt hat, weil sie sie beschützen wollte … das war doch genial, oder etwa nicht? Ich gestehe, ich habe lange daran herumgefeilt, bis ich etwas gefunden hatte, das einerseits psychologisch nicht komplett aus der Luft gegriffen, andererseits aber doch so simpel war, dass es für Sie begreifbar ist. Aber Sie dürfen jetzt nicht denken, ich hätte alles erfunden, was da drinsteht. Etwa zehn Prozent davon sind immerhin wahr, leider Gottes. Die arme Nicole hatte wirklich keine leichte Kindheit. Ich habe es lediglich etwas … ziemlich ausgeschmückt.«
    »Die Krankenakte war nicht echt? Aber was ist dann mit –«
    »Das Zauberwort heißt
Hypnose
. Es ist wahr, dass Nicole mich im Knast besucht hat, aber sie kam nicht von alleine, sondern weil ich sie darum gebeten habe. Sie war zu diesem Zeitpunkt zum Glück ziemlich labil, und es fiel mir nicht schwer, sie bei der Stange zu halten, bis ich raus war. Tja, und dann haben wir mit den Hypnose-Sitzungen begonnen. Ich habe ihr immer wieder unter Hypnose klargemacht, dass sie dieses Trauma aus der Kindheit mit sich herumträgt. Ich habe ihr das, was Sie in der Patientendoku gelesen haben, immer und immer wieder suggeriert, so lange, bis sie am Ende selbst nicht mehr wusste, was wirklich geschehen war und was nicht.«
    »Aber diese ganze Sache mit Ihrer angeblich verschwundenen Tochter Sarah …«
    »… gehörte komplett zu meinem Plan. Inklusive des Geständnisses, dass ich alles nur inszeniert habe. War das nicht ein geniales Verwirrspiel? Mal ehrlich, Holmes, wer sonst noch könnte sich so etwas ausdenken?«
    Menkhoff wandte den Blick von Lichner ab, starrte fassungslos vor sich auf die Erde, woraufhin Lichner breit grinste. »Ich sehe, Sie beginnen die Tragweite zu erfassen, Herr Hauptkommissar.«
    »Nicoles Anruf heute auf dem Präsidium …«
    »Wenn du mich unterbrichst, muss ich auflegen …«
, flötete Lichner als Imitation einer Frauenstimme. »Ich habe sie den Text unter Hypnose aufsagen lassen. War sie nicht großartig? Wir haben aber auch wirklich wochenlang dafür geübt. Sie konnte es am Schluss so gut, ich hätte es sie auch live machen lassen können, aber ich habe die Aufzeichnung bevorzugt. Sicher ist sicher.«
    »Aber wie … Sie haben doch vor der Tür des Präsidiums gestanden. Haben Sie von dort aus mit dem Handy …?«
    »Nein, das war viel einfacher. Ich hatte einen sehr verlässlichen Helfer.«
    »Diesch?«, knurrte Menkhoff.
    »Sie erinnern sich, dass ich von meinem Ersparten sprach? Eine hübsche Summe. Für 100 000 Euro kann man sich vieles kaufen. Auch einen loyalen Gehilfen.«

64
    24. Juli 2009, 19.02 h
    Menkhoff hob den Kopf wieder an und sah Lichner in die Augen.
    »Nicole hat meine Tochter

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