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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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mich, was Menkhoff wohl vorfinden würde …
Eynatten – In der Hütte!
    Ein raschelndes Geräusch hinter mir ließ mich herumfahren. Reflexartig zog ich den Kopf ein und suchte den Wald hinter mir mit den Augen ab. Ein erneutes Rascheln, nur wenige Sekunden später, zeigte mir die genaue Richtung. Einen Moment später hatte ich die Hirschkuh entdeckt, die gute fünfzig bis sechzig Meter von mir entfernt neben einem dicken Baumstamm stand und zu mir herübersah. Der Anblick des Tieres hatte etwas so erhaben Friedliches, dass ich für einen kurzen Moment sogar vergaß, warum ich an diesem Hochsommertag durchs belgische Unterholz schlich. Fast im gleichen Augenblick, in dem Luisas Kindergesicht wie ein mahnendes Plakat in meinem Kopf auftauchte, machte die Hirschkuh einen gewaltigen Satz zur Seite und floh mit riesigen Sätzen tiefer in den Wald hinein. Ich ging weiter.
    Eine Viertelstunde später sah ich die Rückseite der Hütte und die rechte Seite schräg vor mir. Eine Art Trampelpfad, der vor langer Zeit wohl aus zwei Fahrrillen mit einer Grasnarbe dazwischen bestanden hatte, kam auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Wald und mündete in der kleinen Lichtung, die aus dem halbverfallenen Holzbau und einem grasbewachsenen Vorplatz bestand. Auf der mir zugewandten Seite war ein dunkelgrüner Kleinwagen dicht neben der Holzwand abgestellt. Mein Puls beschleunigte sich.

61
    24. Juli 2009, 18.29 h
    Bei jedem Schritt achtete ich darauf, möglichst leise zu sein, und nutzte die Bäume als Deckung, was meinen Weg zu einem Zickzackkurs werden ließ. Zwei Meter neben dem Heck des geparkten Kleinwagens, auf einer gedachten Verlängerungslinie der Hausfront, bildete eine verwilderte Hecke die Grenze zwischen Lichtung und Waldrand. Ich konnte zwar die Vorderfront von meiner Position aus nicht sehen, aber der Eingang würde selbst im ungünstigsten Fall nur wenige Meter von der Hecke entfernt sein. Ein optimales Versteck in Menkhoffs Sinne.
    Geduckt schlich ich mich näher heran, bis ich die Stelle erreicht hatte, und kniete mich hin. Durch eine Lücke in der Hecke hatte ich den Eingangsbereich schräg vor mir einigermaßen im Blickfeld, konnte die verblasste Holztür und das einzige Fenster der Vorderfront zwar nur als dünne Striche in der schäbigen Holzfront erkennen, aber ich würde alles sehen können, was sich vor dem Haus abspielte.
    Ich ließ mich ein wenig zurücksinken und setzte mich auf meine Fersen. Meine Sinne waren wie sich ständig drehende Antennen, bereit, alles einzufangen, was um mich herum geschah.
    Es gibt Gedichte und Lieder, in denen der Wald als ein Ort der Ruhe beschrieben wird. Das ist er nicht. Überall um mich herum raschelte, knackte, fiepte und schabte es. Mindestens die Hälfte der Geräusche hätten von jemandem stammen können, der sich anschleichen wollte. Ich spürte meinen Puls so deutlich an der Halsschlagader, dass ich überzeugt war, dass jemand, der neben mir gestanden hätte, jeden Pumpvorgang meines Herzens als Ausbeulung an meinem Hals hätte sehen können.
Jemand, der neben mir …
Mit einem Ruck drehte ich den Kopf. Nichts, nur der Wald. Ich begann schon wieder zu schwitzen. Wie ich diese verdammte Schwitzerei hasste. Sie war lästig.
    Was mochte Menkhoff gerade tun? Wenn er in der Hütte war, wieso tat sich dann dort nichts? War er vielleicht erwartet worden? Niedergeschlagen? Oder schlimmer noch …
    Ich sollte ihm nicht in die Hütte folgen, hatte er gesagt.
Auf gar keinen Fall, egal was passiert.
    Normalerweise galt bei gemeinsamen Einsätzen das genaue Gegenteil. Wenn man das Gefühl hatte, der Partner oder ein Kollege könnte in Bedrängnis sein, kam man ihm sofort zu Hilfe. Dieser Fall lag anders. Falls Menkhoffs verrückte Theorie stimmte. Und wenn? Was würde das rückblickend bedeuten? Wie würde sich …
    Ein deutliches Geräusch ließ mich zusammenfahren. Ich richtete den Oberkörper ein Stück weit auf und suchte das Gebiet vor der Hütte ab. Da war Menkhoff. Er trat tief geduckt in Höhe der gegenüberliegenden Hüttenecke aus dem Wald und lief weit vornübergebeugt mit schnellen Schritten zur Tür. In der Hand hielt er deutlich sichtbar seine Dienstwaffe.

62
    24. Juli 2009, 18.43 h
    Ich kann mich nicht mehr genau an die Sekunden erinnern, die nach Menkhoffs Verschwinden in der Hütte und dem Schuss vergangen waren. Ich weiß auch nicht mehr, wie viele es waren. Manchmal glaube ich, es müssen mindestens 40 oder 50 gewesen sein. Beim nächsten Mal, wenn ich

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