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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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bevor er sich wieder Diesch zuwandte. »Ja, unschuldig sind sie alle. Wenn er gewusst hat, wer es angeblich war, warum hat er es dann nicht spätestens bei der Gerichtsverhandlung gesagt?«
    Wieder hob Diesch die Schultern. »Das hab ich ihn auch oft gefragt, und er hat mir immer wieder die gleiche, kitschige, dämliche Antwort darauf gegeben.«
    »Welche Antwort?«
    »Weil er es versprochen hat.«
    »Versprochen? Wem? Dem angeblichen Mörder oder was?«
    Diesch nickte. »Ja, er hat gesagt, es war jemand, den er gut kennt.«

28
    15. Februar 1994
    In Menkhoffs Blick lag eine Mischung aus Neugier und Misstrauen, und die Anspannung war ihm deutlich anzusehen. Ich zögerte, war mit einem Mal nicht mehr sicher, ob ich … Nein, ich brachte einfach den Mut nicht auf, einen der besten Ermittler des KK 11 zu fragen, ob seine Urteilskraft vielleicht getrübt war, weil er sich in eine mögliche Zeugin
verknallt
hatte. Und ob er deswegen vielleicht – bewusst oder unbewusst – den Lebensgefährten dieser Zeugin … Nein.
    »Na, Herr Kollege, wie lautet denn nun Ihre Frage?« Es klang seltsam, lauernd. Wie hatte ich auch nur daran denken können … Ich bemühte mich, Überraschung auf meinem Gesicht zu zeigen. »Vergessen.« Das Verlegenheitslächeln kam mir selbst ziemlich dümmlich vor. »Ich hab vergessen, was ich Sie fragen wollte.« Ganz kurz verengten sich seine Augen, dann entspannte sich sein Körper. »Also gut, dann wollen wir mal los. Vielleicht fällt’s Ihnen ja unterwegs wieder ein.« Nun war es an mir, ihn fragend anzusehen. »Wir fahren zu Lichner. Ich möchte dem Herrn Doktor noch ein paar Fragen stellen.«
    Unterwegs erzählte er mir ausführlich von seiner Unterhaltung mit Nicole Klement, die er in einem Café am Münsterplatz in der Nähe des Doms getroffen hatte. Nichts davon war geeignet, Lichner in einem etwas positiveren Licht erscheinen zu lassen. Als ich zurück ins Büro gekommen war, hatte Menkhoff gerade versucht, in der Datenbank etwas über den Psychiater zu finden, damit aber keinen Erfolg gehabt.
    Kurz nach halb drei parkte ich den Wagen neben Dr. Lichners Praxis.
    Als Corinna M. uns erkannte, legte sie sofort ein dienstbeflissenes Lächeln auf. »Guten Tag, möchten Sie wieder zu Frau Klement? Bedaure, die ist leider im Moment –«
    »Wir müssen mit Dr. Lichner sprechen«, unterbrach Menkhoff sie barsch. »Der ist doch wohl da, oder?«
    »Ähm … ja, der ist da, aber er hat Patienten, und ich denke, er wird im Moment keine Zeit haben, sich mit Ihnen zu unterhalten. Aber wenn Sie warten möchten …« Sie zeigte auf die Stühle vor der Wand. Menkhoff stützte sich mit beiden Händen auf dem Tresen ab und beugte sich ein wenig nach vorne. »Es ist mir ziemlich gleich, was Sie denken. Rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, dass wir da sind und ihn sprechen möchten.«
    Einen Moment lang schien sie abzuschätzen, was ihr mehr Ärger einbringen konnte, entschied sich dann aber dazu, der Aufforderung meines Partners nachzukommen. Dr. Lichner ließ uns knappe zehn Minuten warten, dann kam er aus dem Bereich
Wartezimmer
und
Behandlung
auf uns zu. Das typische Lächeln trug er wie einen Schild vor sich her, und dieses Mal fiel mir sofort auf, dass es sich ausschließlich auf seine Mundpartie beschränkte. Wir erhoben uns von den Stühlen. »Guten Tag. Ich gestehe, ich bin etwas irritiert, Sie schon wieder zu sehen, aber bitte … Meine Patienten werden sicher Verständnis dafür haben, wenn sie warten müssen, weil ich der Staatsmacht bei der Aufklärung eines Kapitalverbrechens behilflich bin. Was also kann ich erneut für Sie tun?«
    Mich wunderte, dass Menkhoff sich den Monolog geduldig bis zum Ende angehört hatte. Er wartete sogar noch zwei, drei Sekunden lang, als wolle er sichergehen, dass Lichner fertig war. »Möchten Sie, dass wir das hier besprechen?« Mit dem Kopf deutete er zu Corinna M. herüber. Lichner sah seine Angestellte kurz an und nickte. »Also gut, kommen Sie.« Er drehte sich um und ging voraus in einen Behandlungsraum, dessen Einrichtung im Wesentlichen aus einem edel aussehenden Holzschreibtisch, zwei Schränken aus dem gleichen Holz, und tatsächlich – ich hatte bis dahin gedacht, es wäre ein Klischee – einer schwarzen Ledercouch bestand. Er zeigte auf die Couch und setzte sich selbst hinter den Schreibtisch.
    »Sie wissen, dass Ihre Lebensgefährtin heute Morgen bei uns auf dem Präsidium war?«, begann Menkhoff, als wir nebeneinander auf der Couch saßen,

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