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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Gefühl. Ich möchte einfach nicht, dass er über alles Bescheid weiß.«
    Ich setzte mich, aber nicht hinter meinen Schreibtisch, sondern auf den Stuhl, auf dem Minuten zuvor noch Joachim Lichner gesessen hatte. Ich musste wissen, was es mit Nicoles Bemerkung zu diesem
Ding
auf sich hatte, von dem er damals angeblich wollte, dass sie es in den Schrank legte. Die Frage brannte mir auf der Zunge, doch als ich dieses Gesicht sah, in dem die Verzweiflung stand und die Angst um seine Tochter, verkniff ich sie mir.
    »Wie geht’s jetzt weiter?«, fragte ich stattdessen. Er stand auf, ging zum Fenster und lehnte sich mit dem Hintern gegen die Fensterbank. »Wolfert ist mit den Fotos der Mädchen beschäftigt, die meisten der anderen Kollegen sind draußen. Ich hoffe, dass sich Wolferts Vater bald meldet wegen Nicoles Tante. Vielleicht kann die uns ja irgendwie helfen. Aber ich kann bis dahin nicht untätig hier rumsitzen.«
    »Wir sollten der Chefin von Lichners Besuch erzählen.«
    Er winkte ab. »Können wir später immer noch. Ich hab keine Zeit, mich mit Berichten aufzuhalten, während meine Tochter da draußen irgendwo wahrscheinlich Todesängste aussteht.«
    War es wirklich nur das? Oder wollte er verhindern, dass Ute Biermann von dieser Sache mit dem Haargummi erfuhr? Rechnete er vielleicht damit, dass ich es ihr erzählte?
    »Was ist eigentlich mit Lichners Wohnung in der Zeppelinstraße?«, fragte ich. »Nicole hat zwar gesagt, sie weiß nichts von der Wohnung, aber …«
    »Aber vielleicht hat sie gelogen«, vervollständigte Menkhoff den Satz und stieß sich von der Fensterbank ab. »Du hast recht. Los, fahren wir.«
    Mit schnellen Schritten verließ Menkhoff das Büro, bog aber zuerst nicht in Richtung Treppe ab, sondern zur anderen Seite. An der Tür zu Wolferts Büro blieb er stehen und sagte: »Wir fahren nochmal in die Zeppelinstraße. Wenn Sie irgendwas rausfinden, rufen Sie mich sofort an.«
    »Die Chefin wird nicht begeistert sein«, sagte ich, als wir zusammen die Treppen heruntergingen.
    »Warum?«
    »Weil du im Innendienst bleiben sollst. Wegen Wolfert.«
    »Ach, scheiß drauf, Wolfert ist gar nicht so übel. Außerdem weiß sein Vater, in welcher Situation ich bin.«
    Als ich vom Parkplatz fuhr, sagte ich: »Es ist jetzt nicht passend, aber … es lässt mir irgendwie keine Ruhe, Bernd: Was war das damals mit dem Ding, das Nicole in den Schrank gelegt hat, weil du es wolltest? Was hat sie damit gemeint, kannst du mir das bitte erklären?« Ich war froh, ihn dabei nicht ansehen zu müssen, weil ich auf den Verkehr achten musste.
    Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. »Muss das ausgerechnet jetzt sein?«
    »Bernd, bitte. Du hast ihr nicht widersprochen, weil du Angst um Luisa hast, oder?«
    »Nein. Ich hab ihr nicht widersprochen, weil’s wahr ist, was sie gesagt hat.«

56
    24. Juli 2009, 15.26 h
    Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, auf welcher Straße wir gefahren sind, als er das sagte. Ich weiß auch nichts mehr von der Umgebung, den Häusern oder von sonst etwas, was ich draußen gesehen habe. Die Situation war so fremdartig, dass das Wageninnere mir wie eine luft- und blickdichte Kapsel vorkam, die uns von der realen Welt abschottete. Wie ich aber darauf reagierte, das ist mir so klar in Erinnerung geblieben, dass es sich wohl für den Rest meines Lebens so anfühlen wird, als seien erst ein paar Tage seitdem vergangen. »Hattest du das Haargummi aus ihrem Zimmer?«
    »Was?«
    »Julianes Haargummi – ihre Mutter hat damals angerufen, weil sie dir noch was sagen wollte. Sie hat erzählt, dass du nochmal in Julianes Zimmer warst. Das war kurz bevor wir Lichners Praxis gestürmt haben und du die Tüte in seinem Schrank gefunden hast.«
    Das Geräusch des Motors war lauter als sonst, und mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde es dröhnender. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich mich weigerte, den Kopf zu drehen und zu Menkhoff hinüberzusehen, sagte er: »Halt an.«
    Wir waren noch etwa 500 Meter von der Zeppelinstraße entfernt. »Ich kann hier nicht halten, aber wir sind ja gleich da.« Er schnaufte und sagte nichts mehr, bis ich den Wagen vor dem schäbigen Haus abstellte. Kaum hatte ich aber den Schlüssel umgedreht, schnallte er sich ab und beugte sich im Sitz so weit nach vorne, dass ich ihn ansehen musste. »Nicole Klement hat an dem Morgen nach dem Mord an Juliane Körprich im Fußraum von Lichners total verdrecktem BMW dieses Haargummi gefunden. Sie wusste, er würde

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