Das Wörterbuch des Viktor Vau
dich genauer unter die Lupe nehmen. Und dann â¦Â« Er sprach den Satz nicht zu Ende. Thura schwieg einen Moment.
»Wir haben ihn in einer Wohnung im Calvaniviertel untergebracht«, sagte sie schlieÃlich. »Sie gehört der Verwaltungsgesellschaft und ist unter falschem Namen angemietet. Falls sie da nachforschen, laufen sie ins Leere.«
Bastos kratzte sich gedankenverloren am Ohr. Die ganze Angelegenheit entwickelte sich zu einer mittelschweren Katastrophe. Zu Anfang schien Thura die beste Wahl zu sein, zumal es nicht viele oppositionelle Gruppen in der Stadt gab. Aber sie konnte einfach nicht über ihren Schatten springen.
»Du solltest ihn so schnell wie möglich wieder loswerden«, sagte er. »Gerade jetzt, da wir in die letzte Phase gehen, ist es einfach zu gefährlich.«
»Ausgeschlossen. Ich kann den Mann doch nicht auf die StraÃe setzen!«, protestierte Thura.
»Ich wüsste da einen Ort, wo wir ihn unterbringen können. Wer weià noch von der Sache?«
»Nur Marek, Vaus Assistentin Astarte und ihr Freund Enrique.«
»Na groÃartig, nur diese drei.« Er schüttelte den Kopf. »Und du vertraust ihnen?«
»Absolut.« Ihre Stimme klang bestimmt.
»Na schön.« Bastos stand auf. »Wie genau lautet die Adresse, wo du ihn versteckt hast?«
Thura nannte ihm die Anschrift, die er kurz memorierte. »Ich will sehen, was ich machen kann. Und du solltest in Zukunft etwas vorsichtiger sein.«
»Du bist paranoid«, lachte Thura.
»Lieber zu viel Paranoia als zu wenig«, erwiderte er. »Und du verfügst eindeutig über zu wenig.«
»Weil dieser Staat schon paranoid genug ist. Wenn ich ebenso wäre, wo ist dann noch der Unterschied?«
Bastos seufzte. »Manchmal muss man den Feind mit seinen eigenen Mitteln bekämpfen.«
»Aber nicht, wenn mich diese Mittel auf eine Stufe mit meinem Feind stellen. Du musst dir doch nur die Geschichte ansehen. Genau deshalb sind alle Revolutionen gescheitert. Die Revolutionäre bedienten sich der Mittel des Feindes und wurden dadurch zu dem, was sie ursprünglich hatten beseitigen wollen.«
»Andererseits wären sie nie erfolgreich gewesen, hätten sie nicht die Waffen des Feindes übernommen.«
»Dann bleibe ich lieber erfolglos.« Thura erhob sich ebenfalls. »Aber wir diskutieren über ungelegte Eier. Noch wankt die Dynastie nicht, geschweige denn, dass sie stürzt.«
»Ein Vorgang, den wir gerne etwas beschleunigen wollen.« Bastos umarmte Thura und gab ihr zwei Luftküsse auf die Wangen. »Sei bitte trotzdem ein wenig vorsichtiger.«
»Mal sehen.« Thura blickte ihr Gegenüber ernst an. »Für mich ist die aufrechte moralische Haltung wichtig, Bastos. Bomben sind nicht alles.«
Der Bärtige nickte. »Ich weiÃ. Aber manchmal sind sie dennoch der richtige Weg.«
Thura lieà die Schultern fallen. »Leider ist das so.«
Sie sah ihm gedankenverloren nach, als er das Gebäude verlieÃ.
5.
Rupert Cassell war der beste Reporter der Stadt. Das war nicht nur seine Meinung, sondern auch die der meisten Kollegen, die ihn Jahr für Jahr bei der Wahl zum Reporter des Jahres auf den letzten Platz setzten. Rupert betrachtete das als eine Auszeichnung. So viel Neid konnte nur auf sich ziehen, wer erfolgreich war. Und er war erfolgreich. Er wusste, dass er eine Nase für gute Storys hatte, wie zum Beispiel seine Artikel über den Floristen und Fellner, den unfähigen Kommissar.
Die Auflage seiner Zeitung war nach den ersten Berichten enorm gestiegen. Nachdem Rupert die Richtung vorgegeben hatte, mussten sich die anderen Medien notgedrungen der Linie anschlieÃen. Keiner wollte das Risiko eingehen, durch eine allzu offensichtliche Verteidigung Fellners die Leserschaft zu verärgern und einen Auflagenschwund in Kauf zu nehmen.
Aufgrund dieses Drucks hatte sich Fellner schlieÃlich bereit erklären müssen, eine Pressekonferenz anzuberaumen. Rupert triumphierte. Ein voller Erfolg! Heute würde er Fellner den Todesstoà versetzen!
Als Rupert vorfuhr, drängten sich die Kollegen mit ihren Kameras, Aufnahmegeräten und Fotoapparaten bereits vor dem Nebeneingang der Polizeistation, in der die Pressekonferenz stattfinden sollte. Die Tür war noch nicht geöffnet, und der eine oder andere warf einen skeptischen Blick in den Himmel, der sich mehr und mehr bewölkte.
Rupert gab
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