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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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bereits nach den ersten beiden Jahren verflogen. Wie er schnell feststellen musste, beschäftigten sich die Sicherheitsdienste zu einem großen Teil mit sich selbst. Die Rivalität zwischen Fitzsimmons und de Moulinsart nahm absurde Züge an, und häufig war nicht entscheidend, was man machte, sondern wie man es verkaufte.
    Nur die Tatsache, dass Fitzsimmons ihn zu seinem Assistenten berief, hielt Winter davon ab, den Dienst zu quittieren. Er hatte die Hoffnung, in dieser Position vielleicht mehr Einfluss nehmen und so seinen Job mit Sinn füllen zu können. Doch dieser Wunsch erfüllte sich nicht. Winter merkte, wie er von Jahr zu Jahr zynischer wurde und sich selbst dafür hasste, bis schließlich der Punkt erreicht war, an dem er beschloss, aus dem Spiel auszusteigen.
    Insofern war es ironisch, dass er heute genau dasselbe machte wie damals. Gut, er war sein eigener Herr, er setzte die Maßstäbe für seine Mitarbeiter und bemühte sich um eine gewisse Ethik, so weit das in seiner Branche überhaupt möglich war. Banda, seinem Auftraggeber, war das völlig gleichgültig. Er benutzte Winters Talente nur dazu, um seine Machtposition auszubauen.
    Zum wiederholten Mal in den letzten Jahren beschloss Winter, nach diesem Auftrag seinen Dienst zu quittieren. Er hatte genug beiseitegelegt, um den Rest seines Lebens nicht mehr arbeiten zu müssen. Vielleicht sollte er sich endlich auf die Insel in der Karibik zurückziehen, von der er schon länger träumte.
    Mit einem Kopfschütteln riss er sich aus den Gedanken und marschierte zielstrebig auf den Eingang des Ministeriums zu. Das Treffen mit seinen Rivalen fand hier, also auf neutralem Boden, statt.
    Wenig später fand er sich in einem gesichtslosen Konferenzraum wieder. Fitzsimmons war bereits anwesend.
    Â»Winter, mein Junge«, polterte er. »Wo ist Ihr arrogantes Lächeln geblieben? Gefällt es Ihnen in Ihrem ehemaligen Wirkungsbereich nicht mehr?«
    Â»Ihnen auch einen guten Tag, Roderick«, erwiderte Winter. Bevor der Mann etwas entgegnen konnte, wurden sie durch die Ankunft de Moulinsarts unterbrochen.
    Ohne einen Gruß trat er zum Tisch und setzte sich. »Man ist pünktlich, wie ich sehe«, waren seine einzigen Worte. Auch Winter suchte sich einen Stuhl. Schweigend starrten die drei Männer sich an. Schließlich war es Fitzsimmons, der die angespannte Stille beendete.
    Â»Lassen Sie uns nicht um den heißen Brei herumreden, Kollegen. Keiner von uns gönnt dem anderen die Butter auf dem Brot, und von hier aus werden wir getrennte Wege gehen. Wir sind nur hier, um zu hören, welche neuen Erkenntnisse es in Bezug auf Viktor Vau gibt.«
    Winter berichtete in Kürze, was er über die Flucht Viktor Vaus herausgefunden hatte. »Er dürfte sich jetzt also aller Wahrscheinlichkeit nach wieder in der Stadt befinden«, schloss er.
    Â»So schlau sind wir auch schon«, brummte de Moulinsart. »Wir wissen, dass er gestern Morgen aus Togo eingetroffen ist.«
    Â»Nun, dann ist ja alles gut.« Winter erhob sich. »Damit habe ich meine Pflicht erfüllt.«
    Â»Warten Sie, Winter! Wir sind noch nicht fertig miteinander.« De Moulinsart bedeutete ihm, sich wieder zu setzen. Winter folgte der Aufforderung nicht, sondern blieb mit verschränkten Armen stehen.
    Â»Wenn Sie diesen Raum verlassen, endet unser Burgfrieden«, sagte der Kleine. »Sie können sich frei bewegen, aber wenn Sie mir in die Quere kommen, sind Sie dran. Da wird Ihnen auch Ihr Diplomatenpass nichts nützen.«
    Â»Ich schließe mich dem Kollegen ausnahmsweise einmal an«, bekräftigte Fitzsimmons. »Sie kennen die Regeln, mein Lieber. Also seien Sie vorsichtig.«
    Winter machte eine ironische Verbeugung. »Danke für die Warnung. Sie können sicher sein, ich habe keine Lust, einem von Ihnen in die Fänge zu geraten.« Er ging zur Tür. »Und falls Sie mich trotzdem brauchen sollten – Sie wissen ja, wo Sie mich finden. Ich nehme an, Ihre Leute werden Sie über jeden meiner Schritte informieren.«
    Â»Worauf Sie sich verlassen können«, rief de Moulinsart ihm hinterher, aber Winter war bereits durch die Tür verschwunden.
    4.
    Armand de Moulinsart war davon überzeugt, die Kunst des Um-die-Ecke-Denkens weiter entwickelt zu haben als seine Rivalen. Ein großer Teil der Geheimdienstarbeit basierte auf der richtigen Antizipation, was irgendjemand zu

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