Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
Land gekommen ist.«
    Â»Das sind mir etwas zu viele Zufälle.« De Moulinsart stand auf und ging zum Fenster. In der letzten Stunde waren dunkle Wolken aufgezogen, und jeden Augenblick konnte es zu regnen beginnen. Seine Nasenflügel weiteten sich unmerklich, so als würden sie das kommende Unwetter riechen.
    De Moulinsart liebte den Regen und das Zwielicht. Der ständige Sonnenschein in Dagombé war ihm bereits nach einem Tag gewaltig auf die Nerven gegangen, und er war froh, wieder in der Heimat zu sein, in der jetzt langsam die dunklen, feuchten Tage begannen.
    Er drehte sich zu Frederiksson um. »Stellen Sie mir ein Dossier über diesen Marek zusammen«, befahl er. Sein Gefühl sagte ihm, dass dies der beste Weg zu Vau sein würde. Und sein Gefühl hatte ihn, ähnlich wie seine Nase, nur selten im Stich gelassen.
    Während er von den wiegenden Hüften seiner Assistentin träumte, schlugen die ersten Regentropfen gegen die Scheiben seines Büros.
    5.
    Roderick Fitzsimmons blickte aus dem Fenster seines Büros im zweiundfünfzigsten Stockwerk herunter auf den Platz der Ewigen Union. Wie verlorene kleine Würmer kringelten sich die geführten Besuchergruppen über das gewaltige Areal.
    Sind nicht auch wir nur verirrte Würmer, fragte er sich und strich sich mit dem Finger über seinen Schnauzbart. Solche philosophischen Anwandlungen hatte er in der letzten Zeit häufiger. War das ein Zeichen beginnender Senilität? Er wachte neuerdings auch immer morgens um vier Uhr auf und konnte nicht wieder einschlafen.
    Die dunklen Wolken, die seit der Mittagszeit aufgezogen waren, hatten so viel Feuchtigkeit mit sich gebracht, dass er das Geschehen auf dem Platz nur noch unscharf wahrnehmen konnte. Er ging zu seinem großen Wurzelholzschreibtisch zurück und nahm das Dossier auf, das seine Mitarbeiter über Viktor Vau angefertigt hatten. Obwohl er es mehrfach durchgearbeitet hatte, war es ihm nicht gelungen, einen Hinweis darauf zu finden, wo dieser verrückte Professor sich versteckt halten könnte. Das war das Problem mit Einzelgängern. Sie hatten keine Freunde oder Verwandte, an die man sich halten konnte und die einen über kurz oder lang zur Zielperson führen würden.
    Die einzige Chance, die er sah, war Vaus derzeitige Assistentin, eine gewisse Astarte Apostolidis. Die Recherchen hatten ergeben, dass sie im Einwohnerregister nicht verzeichnet war. Das konnte nur bedeuten, dass sie entweder unter einem falschen Namen für Vau arbeitete (was an sich schon interessant genug wäre) oder eine Illegale war, die über keine gültigen Papiere verfügte. Was auch immer es sein mochte, es war ein Weg, den zu verfolgen sich gewiss lohnte.
    Ihm war klar, dass de Moulinsart wahrscheinlich über dieselben Informationen verfügte wie er. Sein Handwerk verstand er. Er würde damit rechnen, dass sich Fitzsimmons die Apostolidis vornahm und sich selbst für jemand anderen entscheiden. Oder gerade deshalb für Vaus Assistentin, weil er seinem Rivalen genau diesen Gedankengang unterstellte.
    Fitzsimmons musste Vau eigentlich dankbar sein. Von Anfang an hatte sich diese Sache zu einer persönlichen Angelegenheit zwischen de Moulinsart und ihm entwickelt. Und Winter vielleicht auch noch, aber das war nicht so wichtig. Winter hatte recht gehabt. Sie waren beide persönlich nach Agua Caliente geflogen, weil sie vielleicht damals schon ahnten, dass es ihre letzte Gelegenheit sein könnte, dem Rivalen noch einmal eins auszuwischen. Und das tat man nicht über Gehilfen, sondern man setzte sich selbst in Bewegung.
    Fitzsimmons wusste, dass de Moulinsart, im Gegensatz zu ihm, die Praxis der Tagesarbeit nie ganz aufgegeben hatte. Er liebte es, sich in Verkleidung in die finstersten Viertel der Stadt zu stürzen, um dort höchstselbst Verdächtige zu observieren oder Staatsfeinde bei ihren Verschwörungen zu belauschen. Vielleicht hätte er sich auch mehr rausbegeben sollen. Dann würde er vielleicht auch wieder besser schlafen.
    Fitzsimmons blätterte zurück, bis er die Information fand, nach der er suchte. Es war der Name eines Bistros, in dem diese Astarte offenbar verkehrte. Es konnte nicht schaden, wenn er dort einmal vorbeischaute. So ließ sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Ein Imbiss und ein Glas Wein wären jetzt genau das Richtige.
    Fitzsimmons warf das Dossier auf den Schreibtisch und machte sich auf

Weitere Kostenlose Bücher