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Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2

Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2

Titel: Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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weiß überhaupt nicht, wie ich die Welt retten soll«, schrie ich und hasste mich, weil ich so widerlich pathetisch klang.
    Indem du existierst , sagte die Stimme. Indem du stark bist. Indem du ausharrst.
    »Halt’s Maul!« , brüllte ich und stieß ein Stück Treibholz so hart davon, dass es weit flog.
    Ich hatte die Schnauze voll, total voll. Nichts ging mehr. Ich lief ans Wasser und starrte in den Sand. In wenigen Momenten hatte ich es gefunden – ein Stück Muschel mit sehr scharfer Kante.
    Es war Zeit, dass dieser Chip verschwand. Die Stimme kam vom Chip, da war ich sicher. Kein Chip, keine Stimme in meinem Kopf, der ich nicht entkommen konnte. Ich biss die Zähne zusammen und fing an, an meinem Unterarm herumzuschneiden, dort, wo ich den Chip bei der Röntgenaufnahme gesehen hatte – vor drei Lebenszeiten, in Dr. Martinez’ Praxis.
    Der erste Schnitt brachte Blut und tat erstaunlich weh. Ich biss die Zähne noch fester zusammen und säbelte weiter. Blut floss über meinen Arm. Ich hätte Sehnen und Muskeln durchgeschnitten, um an den Chip zu kommen. Dr. Martinez hatte gesagt, wenn ich versuchte, ihn herauszunehmen, könnte ich meinen Arm vielleicht nicht mehr gebrauchen.
    Pech.
    Ich hörte hinter mir Schritte. Fang lief keuchend zu mir.
    »Was, zum Teufel, machst du da?«, brüllte er und packte mein Handgelenk. Dann nahm er mir das Muschelstück weg. »Hast du den Verstand verloren?«
    Ich funkelte ihn wütend an. Dann sah ich den Schwarm, der langsam näher kam. Mir wurde bewusst, was sie sahen: Ich im Sand kniend, der rot von Blut war, und total verzweifelt.
    »Ich will den Chip rausholen«, sagte ich mit gebrochener Stimme. Ich fühlte mich tausend Jahre alt. Noch vor einer Woche war ich ein vierzehnjähriges Mädchen bei seinem ersten Date gewesen und hatte den ersten Kuss bekommen. Jetzt war ich wieder ich: eine mutante Missgeburt, die vor einem Schicksal weglief, das sie wie ein Netz von allen Seiten einengte.
    »Schau doch, wo du schneidest, du Idiotin!«, fuhr Fang mich an. »Du verblutest.« Er ließ meine Hand los und nahm seinen Rucksack ab. Im nächsten Moment desinfizierte er meine Wunde. Ich sog die Luft durch zusammengebissene Zähne ein.
    Nudge setzte sich neben mich in den Sand. »Max«, sagte sie mit großen Augen. »Was hast du denn gemacht?« Sie klang entsetzt und schockiert.
    »Ich wollte den Chip rausholen«, flüsterte ich.
    »Vergiss es!«, sagte Fang wütend und verband meinen Arm. »Der Chip bleibt drin. So leicht kommst du nicht davon! Du stirbst, wenn wir sterben!«
    Ich schaute ihn an. Ich hatte ihm Angst eingejagt. Ich hatte allen Angst eingejagt. Ich sollte die Lösung und nicht das Problem sein. Ich war nicht dazu da, die Dinge noch schlimmer zu machen.
    »Es tut mir leid«, würgte ich hervor und dann – brach ich in Tränen aus.
    103   Ich konnte an einer Hand abzählen, wie oft diese Kinder mich weinen gesehen hatten. Ich hatte gelernt, meine Gefühle herunterzuschlucken, weil sie meine Stärke brauchten. Die unbesiegbare Max. Die Retterin der Welt, einst ein Vogelkind. In ihren ersten sechs Lebensjahren sah Angel mich nicht ein einziges Mal weinen. Und in den letzten vier Monaten? Ich hatte nicht genug Finger, um es aufzuzählen.
    Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, wegzulaufen und mich zu verstecken. Ich kniete nur im Sand und hielt die Hand über dem Gesicht. Mein Arm schmerzte höllisch.
    Dann hielten mich starke Arme, eine Hand legte sich auf meine harte muskulöse Schulter. Fang. Ich zog meine Flügel ein, lehnte mich an ihn und schluchzte hemmungslos. Dann streichelten mir andere Hände übers Haar. »Schsch«, sagte Nudge.
    »Ist schon okay, Max«, sagte Iggy. Er klang erschüttert. »Alles okay.«
    Nichts in unserer Welt war okay. Abgesehen davon, dass wir uns hatten. Ich nickte an Fangs Schulter.
    Ich weiß nicht, wie lang diese rührende Szene dauerte, aber irgendwann hörte ich auf zu schluchzen. Ich war total fertig. Fangs Hemd war nass.
    Es war mir ja so peinlich. Ich war die Anführerin und war wie ein Baby zusammengebrochen. Wie konnte ich ihnen Befehle erteilen, wenn ich derartige Schwäche zeigte? Ich schnüffelte und setzte mich auf. Ich wusste, dass ich wie ein Wrack aussah. Fang sagte nichts. Langsam hob ich die Augen zum Schwarm. Ich fühlte mich so beschämt, dass ich Fang unmöglich in die Augen blicken konnte.
    »Tut mir leid.« Meine Stimme klang rostig.
    Total kam und legte den Kopf auf mein Bein. Er schaute mich mit seinen

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