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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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geflissener / mich bey Zeiten zu besacken / das Lied hub also an:
1.
           
Der Simplex und der Spring ins Feld
Die Kerles haben beyd kein Gelt /
    Und will ihn auch kein Wirth mehr borgen /
    Drumb leben sie all beyd in Sorgen.
2.
Jhr Brüder habt ein guten Muth /
Eur Sache wird bald werden gut /
    Man spührt es an der Leute Leben /
    Daß es bald muß ein Krieg abgeben.
    Der nachfolgende Jnhalt erzehlet allerhand Stands-Personen Gottloses Leben / und machte endlich den Schluß / daß ohne Krieg / Pest und Hunger die Welt nicht wiederumb gebessert werden möchte / und ob gleich die Reimen von schlechter Kunst / auff gut Hans Sächsisch geschmidet / so war doch der Jnhalt so Vernunfftmässig / daß ich sie / wie eine unfehlbare Prophezeyung zu Hertzen ziehen muste / wiewol ich sonst nicht so gar Aberglaubisch zu seyn pflege.
    Da ich nun hin und wieder im Hauß / so ich gar wol einen Pallast nennen kan / herumb schliech / fande ich dasselbe gespickt mit allem dem / was reiche Leut zu haben pflegen / nur das baare Gelt konte ich nicht zu sehen bekommen / weil selbiges sampt vielen Klenodien in einem Gewölb auffgehoben / und von etlichen deß Schlossers starcken Hunden verwahrt war / und derowegen muste ich bedacht seyn / die Schlüssel darzu beym Kopff zu kriegen / zu welchem Ende ich alle Zimmer durchschneuckte / und in deren einem ein Weibs-Bild ein Wehr-Gehenck mit Gold / Silber und Perlen sticken fande / über deren unvergleichlichen Schönheit ich allerdings erstaunete / dann sie war so außbündig und unbeschreiblich schön / daß ich mich nimmermehr überreden lassen / oder glauben kan / daß ein Mahler in der gantzen weiten Welt zu finden sey / der ein schöner Bild mahlen könne / ihre schwartzbraune Augen strahleten dermassen mit Liebreitzenden Blicken / daß sie genugsam gewesen wären / die gantze Welt mit Liebes-Flammen zu entzünden / so fern dieselbe nur so wol auff die Augen der Manns-Bilder / gleich wie auff die schöne Perlen Arbeit ihrer Alabasternen Hände loß gangen wären; Dann gleich wie sie selbsten über solcher ihrer außbündigen Arbeit oder vielmehr Künstlerey eine Freud und hertzlichs Wolgefallen hatte / also gab sie derselbigen / als einem Ding / das sie hertzlich liebte / gleichsam mit lächlendem Angesicht manchen inniglichen Blick / welche so beschaffen waren / daß ihre Kräffte in einem nun durch die Augen deren / so sie auffgefangen / in das innerste der Hertzen tringen müssen / selbige mit Liebe zu fesseln / und solten sie gleich von hartem Stal / ja gar von kaltem Crystall und Diamant gewesen seyn; Als ich gleich im ersten Anblick / da sie eben in solcher Andacht gegen ihre Arbeit begriffen / und deßwegen Stockstill sasse / warnam / wie künstlich und schön die Hochweise unter die liebliche Rosenfarb in ihrem / ohne das überauß auffs schönste gebildete Angesicht gemengt und außgetheilet war / zumalen sahe / daß ihre Lippen wie mit hoch Spanisch Leibfarb gemahlet hervor schienen / gedachte ich / das gantze Bild möchte irgends eines Kunstreichen Meisters bestes Kunst-stück seyn / wie man dann dergleichen Bilder in Lebens Grösse von Wax bossirt / und herrlich gekleidet / ehemahlen in Teutschland herumb geführt / und umb Gelt sehen lassen / aber als sie sich wider bewegte und zu sticken begunte / war mir vor Verwunderung nicht anderst / als etwan dem Pygmalione gewesen seyn mag / da seinem schönen Jungfräulichen Bild / so er selbst auß Helffenbein zum fleissigsten verfertigt / von der Venere eine lebendige Seele eingegossen worden; Jch stund gantz entzuckt / oder in Warheit besser zu sagen / gantz vernarrt da / und konte mich an dieser übermässigen Schönheit weder satt sehen / noch mich genugsam darüber verwundern! nichts Jüdisches konte ich an ihr abnehmen / als etwas gar wenigs an ihrer wolformirten Nase / welches ihr aber in meinen Augen mehr vor eine treffliche Zierd taugte / als daß es vor die Signatur einer Jüdischen Physiognomie gehalten hätte werden sollen; Jhr Geschmuck in den Haaren / umb den Hals / ihre Ohrgehenck / Ring und Armbänder waren von hohem Werth / ihre Pantoffel wie das Wehr-Gehenck das sie stickte / und ihre Leibs-Bekleidung von solchem Zeug / dergleichen Privat-Personen nicht alle Tag zu tragen pflegen / ihre Zucker-Ballen hatte sie hinlässig eingepriesen / und dahero belustigt mich deren auff und nidersteigen am allermeisten / wann sie athmet / und in dem ich solcher massen den Vorwitz meiner Augen content

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