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Das zarte Gift des Morgens

Das zarte Gift des Morgens

Titel: Das zarte Gift des Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanova
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erschrecken. Im Büro des Pressezentrums ließ sich nicht einmal das Fenster öffnen, und die altersschwache Klimaanlage machte mit ihren Anstrengungen die Luft noch unerträglicher.
    Vor dem Urlaub hatte Katja eine kurze Reportage über die Arbeit der Kriminaltechniker schreiben wollen. Genauer gesagt über Walentina Sawarsina, Oberstleutnant der Miliz. Walentina gehörte zu den erfahrensten Fachleuten Moskaus und leitete nun schon seit mehr als zehn Jahren das chemische Labor. Ihr Spezialgebiet waren Rauschgifte, aber sie führte auch andere toxikologische Untersuchungen durch.
    Katja hielt sich gern in dieser Abteilung auf. Die Techniker bei der Miliz sind ein besonderes Völkchen. Von Walentina zum Beispiel bekam man immer massenhaft Material für Artikel, egal, wann man sie besuchte – von den schaurigen Einzelheiten der Ermordung eines Drogenbarons aus dem Tomilinsker Zigeunerlager bis zur unendlichen Geschichte von den halluzinogenen Pilzen, die wie eine biblische Plage die Hauptstadt samt Umland heimsuchten.
    Katja rief im Labor an, bekam von Walentina sofort grünes Licht und machte sich, ohne die Angelegenheit erst auf die lange Bank zu schieben, in die Warschawskoje-Chaussee auf, wo das chemische Labor untergebracht war. Walentina war allein in ihrem Büro und telefonierte gerade. Sie begrüßte Katja mit einem freundlichen Kopfnicken und hob anerkennend den Daumen – bist ja schön braun geworden.
    »Nein, das Gutachten habe nicht ich erstellt, sondern Ljamin«, sagte sie in den Hörer. »Er ist am Samstag zur Leichenschauhalle gefahren und hat Proben entnommen . . . Aber es gibt doch gar keine Anzeichen einer Drogenintoxikation . . .«
    Katja stellte sich ans Fenster, um Walentina nicht zu stören.
    »Ich verstehe gar nicht, was Sie bei diesem Studnjow noch finden wollen, Nikita«, murrte Walentina in den Hörer. »Ljamin hat alle nötigen Tests gemacht. . .« Sie lauschte mit gerunzelter Stirn.
    Katja spitzte die Ohren – Walentina Sawarsina sprach mit Kolossow. Den Chef der Mordkommission hatte Katja seit Anfang Sommer nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    »Na gut, wenn Sie so kategorisch darauf bestehen, machen wir es noch mal . . .Ja, natürlich sämtliche Tests . . . Gut, gut, ich werde mich selbst drum kümmern . . .Ja, noch heute, die Proben sind ja alle hier . . . Ganz bestimmt rufe ich an, sobald ich die Ergebnisse habe.«
    »Gibt’s Ärger?«, fragte Katja mitfühlend.
    »Ach, die Kripo hat Probleme. Ein Unfall oder ein Mord, die Sache ist nicht ganz klar . . . Na, und was führt dich zu mir?«
    »Das Übliche.« Und Katja zückte Notizblock und Diktaphon.
    Nikita Kolossow hatte das ganze Wochenende über in Stolby bleiben müssen. Gemeinsam mit Lessopowalow war er bei der Autopsie zugegen. Diese Prozedur löste bei ihm jedes Mal ein starkes Verlangen nach Wodka aus. Zu allem Übel hatten sie es auch noch mit einem äußerst redseligen, munteren Pathologen zu tun, der einen fatalen Hang zu makabren Scherzen hatte.
    »Na, was können Sie uns Tröstliches sagen?«, fragte Lessopowalow säuerlich.
    »Tja, Konstantin Michailowitsch«, der Pathologe lächelte geheimnisvoll, »kommt ganz drauf an, was Sie hier sehen wollen.«
    »Was sehen Sie denn selbst?«, fragte Nikita.
    »Zahlreiche Brüche der Rippen und des Beckens, als Folge eines Sturzes aus beträchtlicher Höhe. Alle Verletzungen haben postmortalen Charakter.«
    »Was meinen Sie damit? Das verstehe ich nicht.« Kolossow runzelte die Stirn. »Ist er denn nicht an dem Sturz gestorben?«
    »Nein, der Tod ist einige Augenblicke früher eingetreten, durch Herzstillstand und Atemlähmung. Und ich vermute, dieser Herzanfall war die Ursache des Sturzes.«
    »Dann handelt es sich Ihrer Meinung nach also um einen natürlichen Tod? Er ist gestorben, weil er krank war?« Lessopowalows Laune besserte sich sofort wieder.
    »Sein Aussehen gefällt mir gar nicht. Ich meine die Innenansicht«, antwortete der Experte. »Magen, Leber und Milz sind in einem Zustand, der . . .«
    »War er betrunken?«, fragte Nikita.
    »Ein mittelschwerer Alkoholrausch. Er hat nicht auf leeren Magen getrunken, sondern am Abend vorher noch reichlich gegessen.«
    »Glauben Sie, man sollte auch die Drogentests durchführen?«, fragte Kolossow.
    »Schaden kann es nicht, aber . . .« – der Pathologe schüttelte den Kopf –, »wie ich schon sagte, der Zustand seiner Leber macht mich äußerst stutzig. Und überhaupt. . .«
    »Was?«
    »Ich wüsste gern, wie es zu dem

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