Das Zaubergift
sehr schwer, das zu glauben.
»Sie singen auch wirklich wunderschön«, setzt Dandelion fröhlich noch einen drauf.
Ich muss mich zusammenreißen, um meinen Ärger im Zaum zu halten.
»Ich bin ziemlich beschäftigt. Habe ich in dieser rührenden Geschichte über unsere wild lebenden Mit-Tiere irgendwie die Pointe verpasst?«
»Aber ja doch. Die Delfine sind echt in einer schrecklichen Notlage. Jemand hat ihren Heilstein gestohlen. Sie möchten dich engagieren, damit du ihn zurückbringst.«
»Ihren Heilstein?«
»Das ist richtig. Er ist echt sehr wertvoll für sie. Er ist vom Himmel gefallen.«
Dandelion lächelt mich lieb an. Ich gebe den kurzen Kampf gegen meine Aggression auf.
»Würdet Ihr bitte aus dem Weg gehen? Ich bin ein viel beschäftigter Mann, und ich arbeite gerade an einem Fall. Einem echten Fall. Ein Mord. Ich habe keine Zeit, hier herumzustehen und einem verrückten Mädchen mit Blumen im Haar zuzuhören, wie sie von Delfinen und Steinen schwafelt, die vom Himmel gefallen sind. Und wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet.«
Ich stürme an ihr vorbei. Das heißt, ich will es. Aber Dandelion stellt sich mir mit einem Satz in den Weg.
»Aber du musst ihnen helfen!«
»Sucht Euch einen anderen Detektiv!«
»Die Delfine wollen dich. Sie sind sich einig, dass du auf einer sehr innigen Ebene mit ihnen harmonierst.«
Ich muss mich zusammenreißen, damit ich ihr keinen Schwinger verpasse. Makri findet die ganze Angelegenheit echt amüsant, wie ich aus dem Augenwinkel bemerke. Na klasse. Soll sie doch hingehen und den Delfinen helfen! Ich habe in einem Mordfall zu ermitteln! Ich stampfe die Treppe hoch und nehme mir nicht einmal die Zeit, ein Bierchen vom Tresen zu holen. Ich brauche etwas Stärkeres und stelle mein Zimmer bei der Suche nach einem Fläschchen Kleeh auf den Kopf. Dieser Schnaps wird in den Bergen vor der Stadt gebrannt. Nach dem erfolgreichen Abschluss meines letzten Falls habe ich mir eine Sorte gekauft, die ich mir normalerweise nicht leisten kann. Aber der Schnaps brennt mir immer noch in der Kehle, als ich ihn herunterkippe. Ich schüttle den Kopf und nehme noch einen Schluck. Redende Delfine, also echt! Ich habe schon genug Probleme mit Orgks, Elfen und Menschen. Sollen die verdammten Fische doch auf sich selbst aufpassen.
3. KAPITEL
Nach diesem kurzen Intermezzo mit der albernen Dandelion und ihrem Geplapper über sprechende Delfine und Heilsteine kehre ich in die wirkliche Welt zurück und mache mich auf den Weg zu Rodinaax’ Atelier. Ich bin in dieser drückenden Hitze schon genug zu Fuß gegangen, also halte ich einen Mietlandauer an und verlasse Zwölf Seen in der kleinen einspännigen Kutsche. Wir fahren nach Norden, nach Pashish. Pashish ist ein ruhigerer Stadtteil als Zwölf Seen. Hier wohnen die zwar armen, aber ehrbaren Arbeiter und ihre Familien, also das Herz der Stadt. Zwar herrschen auch hier eher kärgliche Verhältnisse, aber die Straßen sind ein wenig breiter und nicht so verdreckt wie die am Hafen. Mein Freund Astral Trippelmond wohnt hier in der Nähe. Vielleicht kann ich ja später noch einmal bei ihm vorbeisehen.
Während der Fahrt denke ich über zwei Dinge nach. Erstens: Wer hat Rodinaax getötet? Und zweitens: Wer wird mich dafür bezahlen, das herauszufinden? Nachdem sich die erste Erregung über Tholius’ Eindringen in meine Gemächer ein wenig abgekühlt hat, wird mir rasch klar, dass ich mich gerade in einen Fall stürze, ohne vorher ein Honorar vereinbart oder auch nur eine Anzahlung empfangen zu haben. Das sieht mir ganz und gar nicht ähnlich. Ich mache das hier schließlich nicht zum Vergnügen. Es ist mein Broterwerb. Praktisch gesehen habe ich nicht einmal einen Klienten. Gesox ist verhaftet worden, bevor er dazu gekommen ist, mich zu engagieren. Dabei schießt mir der beunruhigende Gedanke durch den Kopf, dass er möglicherweise so gut wie gar kein Geld hat, weil er schließlich Schüler ist. Er hat vielleicht sein ganzes mageres Entgelt für Geschenke an die Frau des Bildhauers auf den Kopf gehauen.
Ich muss einfach das Beste hoffen. Doch nur weil ich im Moment gerade nicht so dringend Geld brauche, heißt das noch lange nicht, dass ich plötzlich zum Wohltäter geworden bin. So wie ich im Augenblick lebe, bin ich wahrscheinlich recht schnell wieder arm. Vermutlich sogar unmittelbar nach dem nächsten Wagenrennen.
Der Landauer muss an einer Ecke anhalten, um eine Gruppe singender Pilger vorbeizulassen, die dem Schrein des
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