Das Zauberschwert - 10
meinte: „In diesem Anzug seht Ihr ganz wie
einer von uns aus. Damon hat mir ein bisschen über Euch
Terraner erzählt. Ich hätte gedacht, Menschen von einer anderen
Welt würden sich sehr von uns unterscheiden, mehr als die
Nichtmenschen in den Bergen. Seid Ihr in jeder Beziehung
menschlich?“
Andrew lachte. „Nun, ich komme mir recht menschlich vor. Ebenso gut könnte ich Euch diese Frage stellen. Die meisten
Welten des Imperiums haben Bewohner, die einen mehr oder
weniger menschlichen Eindruck machen, zumindest für das
Auge des flüchtigen Betrachters. Es wird allgemein
angenommen, dass diese Planeten vor ein paar Millionen Jahren
von der gleichen menschlichen Rasse kolonialisiert wurden. Natürlich haben sich die Bewohner an ihre jeweilige Umwelt angepasst. Auf Planeten, die Terra ähnlich sind, scheint der
menschliche Organismus allerdings ziemlich stabil zu bleiben. Ich bin kein Biologe, deshalb kann ich über Dinge wie
Chromosomen und dergleichen keine Auskunft geben, aber
bevor ich herkam, wurde ich informiert, die dominierende Rasse
auf Cottman Vier sei menschlicher Abstammung, obwohl es
dort ein paar intelligente Gruppen gäbe, die es nicht seien.“ Wie
ein Schock kam die Erinnerung an Callistas Worte, sie befände
sich in der Gewalt von Nichtmenschen. Sicher wollte sie, dass
ihre Verwandten es erfuhren. Doch sollte er ihnen das Frühstück
verderben? Später war noch Zeit genug, es ihnen zu berichten. Damon hielt ihm eine Schüssel hin, und er bediente sich mit
etwas, das wie ein Omelett aussah und auch so schmeckte. Es waren Kräuter und ihm unbekanntes Gemüse darin, aber es
war gut. Auch Obst gab es – am ehesten glich es noch Äpfeln
und Pflaumen – und ein Getränk, das er schon in der
Handelsstadt probiert hatte. Es schmeckte nach bitterer
Schokolade.
Beim Essen bemerkte er, dass Ellemir immer wieder zu ihm
hinsah. Ob seine Tischmanieren nach ihren Begriffen entsetzlich
schlecht waren? Oder gab es kompliziertere Gründe? Ellemir machte ihn immer noch nervös. Sie war Callista so
ähnlich und doch in einer unfasslichen Weise unähnlich. Er
studierte jeden Zug ihres Gesichts und fand nichts, was anders
als bei Callista war; die breite, hohe Stirn mit den zarten
Löckchen am Haaransatz, zu kurz, um in die ordentlichen Zöpfe
am Hinterkopf geflochten zu werden, die hohen
Wangenknochen und die kleine gerade Nase mit dem Hauch von
bernsteinfarbenen Sommersprossen, die kurze Oberlippe, der
kleine, feste Mund und das runde Grübchenkinn. Mit Callista
hatte er auf diesem Planeten zum ersten Mal eine Frau gesehen,
die nicht wann angezogen war, ausgenommen die Frauen, die in den zentralgeheizten Raumhafenbüros arbeiteten, und die
gehörten zum Imperium.
Ja, das war der Unterschied. Jedes Mal, wenn Callista ihm
erschienen war, hatte sie nichts weiter als ihr dünnes blaues
Nachtgewand getragen. Er hatte so gut wie alles von ihr
gesehen, was es zu sehen gab. Wenn sich ihm irgendeine andere
Frau in dieser Aufmachung gezeigt hätte – nun, Carr war sein
ganzes Leben lang ein Mann gewesen, der mitnahm, was sich
ihm bot, ohne sich dabei sonderlich zu engagieren. Doch als er
erwachte und Callista neben sich liegen sah und, noch halb im
Schlaf, nach ihr gefasst hatte, war er beschämt gewesen und
ebenso verlegen wie sie. Auf diese Weise wollte er sie nicht. Nein, das stimmte nicht ganz. Selbstverständlich wollte er sie. Es war ihm ganz natürlich vorgekommen, dass er die Arme
nach ihr ausstreckte, und so hatte auch sie es akzeptiert. Aber er
wollte mehr. Er wollte sie kennen lernen, sie verstehen. Er
wollte, dass sie ihn kennen lernte und verstand und Anteil an
ihm nahm. Bei dem bloßen Gedanken, er habe ihr Veranlassung
gegeben, sich vor einem groben oder gedankenlosen
Annäherungsversuch zu fürchten, war Andrew heiß und kalt
geworden, als könne sein tölpelhaftes Verhalten etwas sehr
Süßes und Kostbares, etwas Vollkommenes zerstören. Noch
jetzt, als er sich an ihren tapferen kleinen Scherz erinnerte
(„Ach, ist das traurig! Das erste Mal, das allererste Mal liege ich
bei einem Mann, und ich bin nicht im Stande, es zu genießen!“),
spürte er einen Klumpen in der Kehle, eine ungeheure und ihm
ganz neue Zärtlichkeit.
Für dies Mädchen Ellemir empfand er nichts dergleichen. Wenn er sie beim Aufwachen in seinem Bett entdeckte, würde
er sie wie jedes andere ihm über den Weg gelaufene hübsche
Mädchen behandeln, es sei denn, sie weigerte sich entschieden –
und in dem Fall wäre sie wahrscheinlich
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