Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
die Flucht gelang, und machte mich auf die Suche nach den anderen Frauen. Der Kommandant hatte mich eingesperrt, damit ich mich nicht den anderen Huren anschloss, und weil die anderen Huren weg waren, wurde ich so gnadenlos von den Soldaten benutzt, dass ich dachte, ich muss sterben. Doch als Gott mir einen Weg zeigte, fand ich die Kraft zu fliehen, um meines Kindes willen. Und durch Seine Gnade war es mir möglich, die anderen zu finden und mich ihnen anzuschließen. Wir alle hatten Angst, vor unseren Ehemännern und Vätern und den Soldaten und dem Hurenmeister.
Jeden Abend versammelte Salomé uns um sich und wiederholte die Lehren ihres Bruders über ein gutes Leben, durch den Dienst an Gott und durch Gemeinschaft und Güte füreinander. Gibt es Hoffnung auf ein Leben jenseits der Grausamkeit von Männern? Ihre Worte sind wie Wärme und Sonnenlicht. Und der Gedanke, dass Frauen ganz allein in die Berge ziehen, um dort zu leben! Weit weg von Männern! Mein Herz wird leicht, obwohl unser Leben hart wird, wenn wir überhaupt überleben. Wir folgten den Schwalben und fanden eine alte Straße, die von weißen Steinen gesäumt war. Die Leute, die dort wohnten, zeigten auf einen Berg und sagten, dass dort Höhlen seien, wo eine Gruppe von karthagischen Frauen lebte. Mit Salomés Vorrat an römischen Münzen kauften wir Brot und Getreide, geflochtene Körbe, um Fische zu fangen, und sogar Ziegen, bis wir eine kleine Herde zusammenhatten. Einige Frauen wurden müde und in den kleinen Siedlungen, durch die wir wanderten, gab es Männer, die Ehefrauen brauchten und sie überredeten, nicht weiterzugehen. Doch die meisten von uns gingen weiter.
Nach Wochen des Wanderns, in denen wir uns von wilden Früchten und Fischen ernährten, die wir in den Bergflüssen fingen, erreichten wir müde und mit wunden Füßen die Stelle, wo die Höhlen waren. Wir trafen keine Menschenseele an, fanden aber Terrassen mit verwilderten Olivenbäumen voller Früchte, außerdem eine beschädigte Ölpresse und weitere Terrassen, auf denen Weinranken und wilde Bohnen wuchsen. Es gab auch eine Fläche, die von einem Steinwall umfriedet war, mit den Resten von Ställen, in denen wohl Ziegen gehalten worden waren, und Obstbäume und viele Bergquellen mit frischem Wasser. Wir fanden alte Kämme, einige angestoßene Töpfe und Wasserkrüge, scharfe knöcherne Werkzeuge, einige zerfetzte Decken und einen kleinen Steinaltar mit einer Göttin und einer Inschrift, die selbst Octavia nicht entziffern kann. Wir trieben die Ziegen in die Umfriedung und bauten Hindernisse gegen Wölfe auf, dann machten wir uns daran, uns in den Höhlen eine Heimstatt herzurichten. Wir alle arbeiteten hart, denn der Winter stand bevor. Wir sammelten Feuerholz, trockneten Früchte und Fisch und wilde Bohnen, die wir zu einer Paste zerrieben, aus der wir Brot machten, wir setzten die Presse, so gut es ging, instand und schnürten uns eine nach der anderen in das Geschirr, um Öl herzustellen. Aus der Ziegenmilch machten wir Käse, wir sammelten wilde Kräuter, um sie in der Sonne zu trocknen, und eine unserer Frauen fand Bienenstöcke und konnte die Waben herausholen. Wir alle sehnen uns nach Salz, doch es gibt keins. Dennoch ist unser einfaches Lager so, dass wir darin leben können. Wenn andere hier überlebt haben, werden wir vielleicht auch überleben. Salomé leitet uns jeden Morgen und Abend im Gebet.
Eines Tages gegen Ende des Sommers, als die Abende kälter wurden und wir es eilig hatten, vor dem Winter so viel Feuerholz wie möglich zu sammeln, kam ein Junge aus einem der Dörfer am Fuß des Berges zu uns herauf. Er brachte entsetzliche Nachrichten mit – eine Gruppe von Zenturios war auf dem Weg zu uns. Viele von uns weinten und ich schwor, dass ich nicht weglaufen würde, lieber würde ich mich von der Klippe stürzen. Salomé sagte, wir müssten auf Gott vertrauen und uns vor allem nicht von unseren Aufgaben ablenken lassen.
Obwohl wir jeden Augenblick mit den Zenturios rechneten, kamen sie nicht, und wir vermuteten voller Erleichterung, dass sie umgekehrt waren. So machten wir uns ihretwegen keine Sorgen mehr. Eines Tages blieb Salomé in unserem Lager, während wir anderen höher in den Berg stiegen, um nach einem Sturm abgebrochene Äste zu sammeln. Bald hörten wir von unten wütende Stimmen und wir ließen unsere Holzbündel fallen und machten uns hastig auf den Weg zurück ins Lager. Zu unserem Entsetzen mussten wir von oben mitansehen, wie römische Soldaten
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