Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
Vom Netzwerk:
Nase zusammenstießen. Als sie den Kopf zurückwarf, fiel ihr Schleier herunter. Ein Schwall schwarzer Haare, die ihr fast bis zur Taille reichten, ergoss sich über ihren Rücken. Sie hob die Faust und schüttelte sie gegen die Männer auf dem Schiff. Mit klarer Stimme rief sie: »Schande über dich, Joseph! Schande über euch alle, dass ihr Frauen so behandelt! Wir sind mit euch gefahren und haben dieselbe Mühsal erlitten. Wir haben die Herzen derjenigen erweicht, die euch wegen eurer Überheblichkeit und eures kleinlichen Gezänks verprügelt hätten. Und uns nun mit Lügen hierher zu locken … zu sagen, dass man uns in Britannien braucht … Betrüger, elendes Aas! Mögen eure Segel verrotten und eure Ladung verderben und die Winde euch auf dem Meer festhalten, bis ihr bereut.« Ein Matrose warf ihr einen kleinen Beutel mit Münzen vor die Füße und hastete dann außer Reichweite ihrer Fäuste, doch sie beachtete ihn gar nicht.
    Joseph beugte sich über die Reling und rief: »Nun seid ihr euch selbst überlassen, Frauen! Wir haben euch gewarnt: Nehmt euch vor Salomé in Acht!« Auch er schüttelte die Faust. »Sie hat euch in die Irre geleitet, weg vom Gesetz und von den Pflichten einer jüdischen Frau, die Heim und Familie ihr auferlegen. War Moses etwa eine Frau? Waren die Propheten Frauen? Kann eine Frau die Thora studieren? Es steht geschrieben, dass die Synagoge und das Studierhaus den Männern vorbehalten sind. Die Stimme einer Frau im Tempel ist wie das Schreien eines Esels. Ihr sprecht von einer Gemeinschaft gelehrter Frauen, pah! Bleibt dort, bis ihr wieder bei Sinnen seid!«
    Ein Windhauch ließ das lange Haar der Frau, die Salomé genannt wurde, um ihren Kopf wehen, als sie etwas erwiderte. Ihr Umhang bauschte sich hinter ihr und sie rief voller Wut und schüttelte die Faust, als die Matrosen die Anker lichteten, die Segel setzten und sich wieder dem Mittelmeer zuwandten. Salomé stampfte verärgert mit dem Fuß auf. »Ein zänkisches Weibsbild!«, knurrte der erste Zenturion. »Nein, eher eine Hexe oder eine Zauberin. Der Wind trägt ihnen ihren Fluch nach … Siehst du die Wolke am Horizont? Hat sie einen Sturm heraufbeschworen, damit sie in der Kantabrischen See untergehen?«
    Doch die Wolke bestand nur aus Vögeln, die aus Afrika zurückkehrten, nachdem der Winter nun vorbei war. Sie flogen tief, ihr Ziel war Hispania. Als sie über das Schiff hinwegflogen, lag es einen Moment lang im Schatten.
    Am Ufer hob Salomé ihren Schleier auf und warf ihn sich über den Kopf. Sie sammelte die Münzen vom Boden und wandte sich den anderen Frauen zu. »Kommt, habt Mut! Es muss Gottes Wille sein. Wir werden hingehen und unseren Bruder Titus und unsere Schwester Octavia suchen. Es ist gut, wieder an Land zu sein. Wir werden froh sein, andere Gesellschaft zu haben als diese hochnäsigen Dummköpfe. Kommt.« Sie begann, die Frauen hochzuziehen.
    Ein junges Mädchen mit bemalten Augen und Ringellocken trat aus der Tür der Taverne. Sie schlenderte gemächlich zum Strand hinunter, um die Frauen eingehend zu betrachten. Als sie mit dem Finger auf sie zeigte, klimperten die billigen Armreifen an ihrem Handgelenk. Mit schriller Stimme rief sie, dass es nicht der Mühe wert sei, auch nur einer von ihnen die Augen auszukratzen.
    »Kind«, sagte Salomé.
    »Flavia«, sagte das Mädchen. Sie wies auf die Medaille, die Salomé um den Hals trug. »Hübsch«, meinte sie und beugte sich vor, um frech mit dem Fingernagel dagegenzuschnippen. »Verkauf sie an einen dieser Burschen – sie werden sie mir geben.« Sie zeigte auf die Zenturios. Dann ging sie mit aufreizendem Hüftschwung in die Taverne zurück, der an die beiden Männer keineswegs verschwendet war.
     
    Ein Jahr später sahen dieselben Zenturios zu, wie Jospeh und seine Männer das Schiff erneut in den Hafen lenkten. Titus, der Mann von Octavia, der Diakonisse, nahm ihn in Empfang. »Willkommen«, begrüßte Titus ihn mit finsterer Miene. Eine kleine Menschenmenge versammelte sich, um zu sehen, was als Nächstes geschah.
    »Sei gegrüßt, Titus! Haben unsere Frauen ihre Lektion gelernt? Bleiben schön bescheiden zu Hause, ja? Haha!«
    Titus starrte Joseph an. »Du alter Narr! Alle Frauen hier, auch Octavia, meine Frau, und meine Töchter, sind in die Berge gezogen. Sie … sie haben eine Gemeinschaft der Frauen gegründet, ohne Männer, in den Bergen … Ich gebe dir die Schuld, dass du diese Frau hergebracht hast, Schwester hin oder her …« Titus’ Stimme

Weitere Kostenlose Bücher