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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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gesagt, daß ich ein paar Freunde mitbringen würde.«
    »Er hat heut keinen Fuß vor sein Zimmer gesetzt, Mr. Thaddeus, und ich hab keine Anweisungen. Sie wissen ganz genau, daß ich mich an die Vorschriften halten muß. Sie kann ich reinlassen, aber Ihre Freunde, die müssen da bleiben, wo sie sind.«
    Das war ein unerwartetes Hindernis. Thaddeus Sholto blickte verwirrt und hilflos um sich.
    »Das ist nicht recht von Ihnen, McMurdo«, sagte er. »Wenn ich mich für sie verbürge, dann sollte Ihnen das genügen. Zudem haben wir noch diese junge Dame bei uns; die können Sie doch um diese Zeit nicht draußen auf der Straße stehen lassen!«
    »Tut mir leid, Mr. Thaddeus«, sagte der Pförtner unerbittlich. »Wenn einer ‘n Freund von Ihnen ist, heißt das noch lange nicht, daß er auch ‘n Freund vom Herr ist. Ich krieg mein Geld dafür, daß ich meine Pflicht tu, und die tu ich auch, jawoll. Ich kenn kein von Ihren Freunden nicht.«
    »Oh, doch, McMurdo!« rief Sherlock Holmes herzlich. »Mich können Sie doch nicht vergessen haben. Erinnern Sie sich nicht mehr an den Amateur, der anläßlich Ihres Benefizabends in
Alison’s Rooms
drei Runden gegen Sie gekämpft hat?«
    »Das darf doch nicht wahr sein! Mr. Sherlock Holmes!« brüllte der Preisboxer. »Guter Gott, daß ich Sie nicht erkannt hab! Sie hätten halt reinkommen und mir einen von Ihren Cross-Hieben 16 unters Kinn geben müssen, statt bloß so stumm und steif da rumzustehn, dann hätt’s mir gleich gedämmert. Ach, Sie sind auch so einer, wo sein Talent verplempert, jawoll, das sind Sie! Sie hätten’s weit gebracht, wenn Sie bei uns voll eingestiegen wären.«
    »Sie sehen, Watson, wenn alles andere fehlschlagen sollte, steht mir immer noch diese Art wissenschaftlicher Laufbahn offen«, sagte Holmes lachend. »Ich bin sicher, unser Freund wird uns nun nicht länger in der Kälte draußen stehenlassen.«
    »Rein mit Ihnen, Sir, nur rein mit Ihnen, und mit Ihren Freunden auch«, erwiderte er. »Tut mir leid, Mr. Thaddeus, aber ich hab ganz strikte Anweisungen. Mußte erst sicher sein wegen Ihren Freunden, bevor ich sie reinlaß.«
    Hinter der Tür wand sich ein Kiesweg durch ödes Gelände zu einem mächtigen Klotz von Haus, einem quadratischen, nüchternen Gebäude, das in völliger Dunkelheit lag, bis auf die eine Ecke, wo ein Mondstrahl ein Mansardenfenster aufleuchten ließ. Die enorme Größe des Hauses und die Düsternis und Totenstille, von der es umgeben war, ließen unsere Herzen erschauern. Auch Thaddeus Sholto schien sich unbehaglich zu fühlen, und die Laterne zitterte und klapperte in seiner Hand.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Da muß irgendein Mißverständnis vorliegen. Ich habe Bartholomew ausdrücklich gesagt, daß wir kommen würden, und doch kann ich in seinem Zimmer kein Licht erkennen. Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll.«
    »Läßt er das Grundstück immer so streng bewachen?« fragte Holmes.
    »Ja, er hat sich die Gewohnheiten meines Vaters zu eigen gemacht. Wissen Sie, er war sein Lieblingssohn, und manchmal habe ich das Gefühl, daß mein Vater ihm mehr anvertraut haben könnte als mir. Das ist Bartholomews Fenster, dort oben, wo der Mondschein hinfällt. Es wirkt ziemlich hell, aber ich glaube nicht, daß das von innen kommt.«
    »Keineswegs«, bestätigte Holmes. »Aber ich sehe einen Lichtschimmer in dem kleinen Fenster da neben der Tür.«
    »Ach so, das ist das Zimmer der Haushälterin. Da wird wohl die alte Mrs. Bernstone sitzen. Die kann uns sicher sagen, was los ist. Würde es Ihnen etwas ausmachen, ein, zwei Minuten hier zu warten; denn falls sie nicht weiß, daß wir kommen, und wir alle miteinander hineingehen, könnte sie erschrecken. Aber, pscht, was war das?«
    Er hielt die Laterne hoch, und seine Hand zitterte so sehr, daß der Lichtkreis, in dem wir standen, sich zuckend und schwankend um uns zu drehen begann. Miss Morstan griff nach meinem Handgelenk, und wir alle standen da mit klopfenden Herzen und lauschten angestrengt. Aus dem großen, schwarzen Haus drang das jämmerlichste und herzzerreißendste aller Geräusche durch die Stille der Nacht – das schrille, abgerissene Wimmern einer verängstigten Frau.
    »Das muß Mrs. Bernstone sein«, sagte Sholto. »Sie ist die einzige Frau im Haus. Warten Sie hier. Ich bin gleich wieder da.«
    Er eilte zur Tür und klopfte auf seine eigentümliche Weise. Wir sahen, daß ihm von einer hochgewachsenen alten Frau geöffnet wurde, die vor lauter

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