Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
hatte sich ihr keine Gelegenheit mehr geboten, einen Traumweber bei der Behandlung eines derart kranken Menschen zu beobachten.
Ein Schauder der Erregung überlief sie. Wenn die Traumweber wussten, wie man beschädigtes Fleisch neu schaffen und einen Körper dazu bringen konnte, gegen eine Krankheit anzukämpfen - wenn die Traumweber die Krankheit selbst zu besiegen vermochten -, konnten die Priester und Priesterinnen diese Fähigkeit von ihnen erlernen. Es würde zirklischen Heilern möglich sein, ungezählte Menschenleben zu retten.
Vielleicht sollte ich Leiard nicht länger aus dem Weg gehen, dachte sie. Vielleicht sollte ich ihn um Hilfe bitten... abermals. Bei dieser Überlegung verzog sie das Gesicht. Es ist ein Jammer, dass ich seine Gedanken nicht lesen kann, sonst wüsste ich, was er getan hat, und könnte ihm weiter aus dem Weg gehen.
Leiard atmete tief durch. Dann nahm er die Hand von der Stirn des Mannes und stand auf. Aus der Dunkelheit, wo sie geduldig gewartet hatte, erschien jetzt die Frau des Mannes. Sie war selbst krank gewesen und hatte sich noch kaum wieder erholt. Jetzt hielt sie ihm einen runden, flachen Brotlaib hin.
»Iss, Wilar«, sagte sie. »Reet hat mir erzählt, dass er dich nicht ein einziges Mal hat essen oder ruhen sehen.«
Leiard betrachtete die Frau, dann schaute er zu Auraya hinüber. Die Frau folgte seinem Blick.
»Du natürlich auch«, fügte sie hinzu.
Auraya lächelte. »Vielen Dank.« Sie musterte Leiard kritisch. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe. »Er sieht tatsächlich so aus, als könnte er es gebrauchen.«
Leiard zögerte kurz, dann wandte er sich zu Reet um. »Schau nach Veece«, befahl er. Der Junge nickte und flog davon.
Als der Traumweber Platz nahm, brach die Frau das Brot und gab ihnen beiden ein Stück davon. Es war altbacken. Zweifellos hatte sie seit Tagen keine Gelegenheit mehr gehabt, irgendetwas zuzubereiten. Vielen Siyee mussten inzwischen die frischen Vorräte ausgegangen sein.
Was das betrifft, müssen wir unbedingt etwas unternehmen, ging es Auraya durch den Kopf.
»Was kann ich für ihn tun?«, fragte die Frau und blickte zu ihrem Mann hinüber.
»Wende weiter die Essenz an, die ich dir gegeben habe«, antwortete Leiard.
»Wird er überleben?«
»Ich habe ihm eine zweite Chance gegeben. Wenn sein Zustand sich nicht bessert, werde ich ihn vielleicht isolieren müssen, bis der Rest des Stamms sich erholt hat.«
»Warum?«, fragte Auraya.
Er drehte sich zu ihr um. »Weil die Gefahr besteht, dass er sich erneut anstecken wird.«
Sie hielt seinem Blick stand. »Dann tötest du also die Krankheit in seinem Körper?«
»Nur wenn es notwendig ist«, sagte er mit offenkundigem Widerstreben.
»Ich kenne keinen Heiler, der dazu imstande wäre. Deine Kräfte reichen weiter, als mir bewusst war.«
Er wandte den Blick ab. »Es gibt viele Dinge, die du nicht von mir weißt.«
Als die Frau seinen mürrischen Tonfall hörte, zog sie die Augenbrauen hoch. Sie stand abrupt auf und verließ den Raum. Auraya betrachtete Leiard, dessen hochmütige Miene sie verärgerte.
»Was zum Beispiel?«, fragte sie. »Oder sollte ich fragen: Was gibt es sonst noch?«
Er erwiderte ihren Blick mit kalten Augen, doch dann wurde seine Miene weicher. »Es tut mir leid«, murmelte er. »Ich wusste, dass du nach mir suchen würdest. Ich hätte... rücksichtsvoller sein sollen. Es war die einzige Möglichkeit für mich, sicherzustellen, dass du dich mir nicht nähern würdest. Ich habe... ich habe mir selbst nicht getraut. Ich habe nicht darauf vertraut, dass ich den Willen haben würde, fortzugehen.«
Sie sah ihn überrascht an.
Er entschuldigte sich. Und was sie noch mehr überraschte, war der Umstand, dass sie seine Entschuldigung akzeptierte. Nicht dass es nicht immer noch wehgetan hätte, dass er vor ihr davongelaufen war, dass er sich ins Bett einer Hure geflüchtet hatte, aber jetzt musste sie sich eingestehen, dass ihr die ganze Zeit über klar gewesen war, warum er so gehandelt hatte. Sie war ebenso wie er außerstande gewesen, ihre Affäre zu beenden, obwohl sie um den Schaden gewusst hatte, der daraus entstehen würde.
Verzeihe ich ihm? Und wenn ich es tue, was bedeutet das dann für uns? Sie wandte den Blick ab. Nichts. Wir können nicht noch einmal neu anfangen. Wir können nicht zusammen sein. Warum sollte ich mir das überhaupt wünschen? Ich habe Chaia.
Leiard beobachtete sie genau. Eine merkliche Spannung breitete sich zwischen ihnen aus.
Eine
Weitere Kostenlose Bücher