Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
und sie hob die Hand, um es sich hinters Ohr zu schieben.
Sieh nicht hin, befahl er sich. Wenn sie dich dabei ertappt, dass du sie anstarrst, könnte sie den Verdacht schöpfen, dass du noch immer betört von ihr bist.
Er holte tief Luft und erhob sich. »Sei mir gegrüßt, Auraya von den Weißen.«
Seine förmliche Anrede erheiterte sie offenkundig, denn eine ihrer Augenbrauen zuckte in die Höhe. »Sei mir gegrüßt, Traumweber Wilar.«
Er führte sie zu einer der beiden Decken, die er vor den Lauben auf den Boden gelegt hatte. Sie setzte sich und sah zu, wie er zu dem Zelt in der Mitte hinüberging. Darin saß Tyve neben einem Mann, der bewusstlos auf einer Bahre lag. Der Junge stand auf, beugte sich vor, um die Bahre am einen Ende hochzuheben, und half Mirar, sie nach draußen zu tragen.
Nachdem sie die Bahre zwischen Auraya und der anderen Decke auf den Boden gestellt hatten, kehrte Tyve in die Laube zurück. Mirar setzte sich.
Auraya beugte sich vor und legte dem Mann eine Hand auf die Stirn. Während sie den Zustand des Siyee abschätzte, trat ein geistesabwesender Ausdruck in ihre Augen. Das grimmige Zucken ihrer Lippen sagte Mirar, dass sie sehen konnte, welchen Schaden die Krankheit bereits angerichtet hatte. Einen Moment später blickte sie erwartungsvoll zu ihm auf.
»Was nun?«
»Ich könnte dir mein Vorgehen mit Worten erklären und dich dazu anleiten, die Gabe selbst zu entdecken, aber das würde Monate oder Jahre dauern, und keiner von uns hat Zeit zu erübrigen. Wir müssen uns in einer Vernetzung zusammenschließen.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Du sprichst von einer Gedankenvernetzung?«
»Nicht direkt. Wir werden einander an den Händen halten, aber im Gegensatz zu einer Gedankenvernetzung wird es nicht nötig sein, dass du deinen Geist öffnest. Es ist einer Traumvernetzung ähnlich, aber einfacher, da du dich dazu nicht in eine Trance oder in Halbschlaf sinken zu lassen brauchst. Die körperliche Berührung macht das überflüssig. Ich werde meine Anweisungen in deinen Geist projizieren. Du wirst mir auf die gleiche Art antworten. Bist du bereit, das zu tun?«
Ihre Mundwinkel zuckten, als sie über seine Frage nachdachte. Einen Moment später nickte sie leicht und streckte ihm die Hände hin. Er war nicht überrascht. Sie hatte sich schon früher an Traumvernetzungen beteiligt, obwohl sie verboten waren, und sie musste bereits zu dem Schluss gekommen sein, dass es sich für das, was er sie lehren wollte, durchaus lohnte, das Gesetz zu brechen.
Er griff nach ihren Händen und schloss die Augen, dann suchte er nach ihrer Präsenz. Er spürte bei ihr sowohl erwartungsvolle Spannung als auch Unsicherheit.
Auraya.
Leiard? Oder soll ich dich Wilar nennen?
Was immer dir lieber ist, antwortete er.
Ich denke nicht an dich als Wilar, daher werde ich dich Leiard nennen. Aber... du wirkst anders.
Ich habe mich verändert?
Ja und nein. Du scheinst mir mehr du selbst zu sein. Das klingt eigenartig, ich weiß, aber früher warst du... du warst dir deiner selbst so wenig sicher. Das ist jetzt anders.
Diese Feststellung stimmte ihn auf seltsame Weise froh.
Das ist wahr. Ich bin nicht mehr der Mann, der ich früher war.
Wahrscheinlich war ich die Quelle all dieser Unsicherheit, erwiderte sie bekümmert. Vielleicht sollten wir das Thema ausklammern.
Vielleicht. Vielleicht auch nicht, antwortete er. Es würde ebenso viel nutzen, wie es schaden würde.
Das ist wahr. Sie verfiel in Schweigen, und bevor er sich auf eine Möglichkeit besinnen konnte, das Thema zu wechseln, begann sie von neuem zu sprechen.
Ich habe dir verziehen, erklärte sie. Ich war wütend, aber jetzt bin ich es nicht mehr. Nicht mehr, seit wir am Nordfluss zusammengearbeitet haben. Ich würde mich freuen, wenn wir Freunde sein könnten.
Das würde mich ebenfalls freuen, sagte er, vielleicht mit ein wenig zu viel Nachdruck.
Du brauchst keine Angst zu haben, dass es dich oder deine Leute in Schwierigkeiten bringt. Die Götter wissen jetzt, wo mein Herz liegt.
Mirar merkte überrascht auf. Sie hatte einen anderen Geliebten gefunden? Er bemühte sich, gegen die aufkeimende Eifersucht anzukämpfen. Nein, befahl er sich. Akzeptiere es. Er betrachtete das Gefühl, dann schob er es beiseite. Es ist besser, dass sie glücklich ist. In jedem Fall ist es besser, dass ich ihr keinen Kummer mehr bereite.
Dann wurde ihm klar, dass sie vielleicht überhaupt nicht von einem Geliebten gesprochen hatte. Vielleicht hatte sie nur
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