Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
machte sich auf den Weg zu einem schattigen Plätzchen.
Du und die anderen Götter müsst gewusst haben, dass dies ein Teil meines Wesens ist. Warum habt ihr mich als Weiße erwählt?
Weil die Weißen nicht alle gleich sein dürfen. Ein jeder von euch besitzt seine eigenen Stärken und Schwächen. Wenn ihr zusammenarbeitet, werden eure Schwächen verringert und eure Stärken betont. Deine eigene Schwäche - dein Mitgefühl - ist auch deine Stärke. Ein Anführer, der ohne Fragen töten kann, wird wohl kaum die Barmherzigkeit besitzen, die vonnöten ist, um für alle Beteiligten günstige Allianzen auszuhandeln und anderen Menschen zu helfen, ihre Meinungsverschiedenheiten beizulegen.
Warum hat Huan mich dann für diese Aufgabe ausgewählt?
Ich fürchte, du warst die falsche Weiße am falschen Ort und zur falschen Zeit. Du hättest nicht diejenige sein dürfen, die Mirar hinrichten soll - und nicht nur weil du einmal einen Teil von ihm geliebt hast.
Ein Hoffnungsfunke flammte in Auraya auf.
Dann ist mir also verziehen?
Nicht ganz, erwiderte Chaia. Einige von uns glauben, dass die Weißen gehorsam sein müssen, ganz gleich, von welcher Wesensart sie sind. Wenn die Weißen unterschiedliche Naturen haben, dann ist es unvermeidlich, dass sie bisweilen anderer Meinung sind. Im Fall eines Konflikts müssen sie sich an uns wenden, was die Lösung des Problems betrifft. Sie müssen uns gehorchen, oder ihre Einigkeit wird durchbrochen sein.
Auraya wurde flau im Magen.
Huan will nach wie vor, dass ich Mirar ermorde.
Du sollst ihn hinrichten, nicht ermorden.
Nachdem ihre Hoffnungen solchermaßen zunichtegemacht worden waren, überraschte es sie, dass Ärger in ihr aufloderte.
Und wenn ich mich abermals weigere?, fragte sie.
Dann wirst du bestraft werden. Wie weit diese Strafe gehen wird, kann ich nicht ermessen. Ich habe einige Zeit gebraucht, um die anderen dazu zu überreden, dir eine zweite Chance zu geben. Außerdem habe ich darauf bestanden, dass man dir einen Tag Zeit lässt, um über deinen Auftrag nachzudenken und dich zu fragen, welche Konsequenzen es hätte, wenn du dich weigerst beziehungsweise dich gehorsam zeigst. Während du das tust, solltest du eines nicht vergessen: Manchmal stehen wir einem Problem gegenüber, bei dem alle Lösungen unerfreulich sind, bei dem man sich für die am wenigsten schädliche Möglichkeit entscheiden muss. Bedenke, welche Entscheidung den Menschen, die du zu schützen geschworen hast, am wenigsten schaden wird.
Mirar hat nicht die Absicht, etwas gegen uns zu unternehmen.
Nein? Das mag jetzt so sein, aber das bedeutet nicht, dass er es in Zukunft nicht versuchen wird. Er ist mächtig und klug - das weißt du. Er hasst uns - auch das weißt du. Kannst du das Risiko eingehen, dass er, sollte sich ihm eine Gelegenheit bieten, uns Schwierigkeiten zu machen, diese Gelegenheit nicht nutzen wird?
Auraya schüttelte den Kopf.
Bedenke auch, was geschehen könnte, sollte er seine Rolle als Anführer der Traumweber zurückverlangen, drang er weiter in sie. Er kann sie durch Träume aus einem anderen Land heraus beeinflussen und leiten.
Ihr Magen krampfte sich zusammen. Nicht einmal eine Verbannung war eine annehmbare Lösung.
Und erwäge auch die Möglichkeit, dass du Leiard vielleicht noch immer liebst.
Das tue ich nicht, erwiderte sie.
Nein? Ich kenne dein Herz, Auraya. Ich weiß, dass dort noch immer große Zuneigung für ihn ist und dass du nach wie vor verwirrt und unentschlossen bist. Er wird versuchen, dich auch weiterhin an sich zu binden, wenn er es vermag, nicht nur weil er noch immer in dich vernarrt ist, sondern weil du ihm keinen Schaden zufügen wirst, solange du dir deiner Gefühle noch unsicher bist. Erst wenn diese Bindung der Vergangenheit angehört, wirst du wieder frei sein, um abermals zu lieben.
Auraya schlang die Arme um sich. Sie fühlte sich krank. Elend. Zerrissen.
Ich kann dir keinen Trost spenden, Auraya, obwohl ich wünschte, ich wäre dazu in der Lage, sagte Chaia bekümmert. Ich kann nicht liebevoll sein oder deine Alpträume verscheuchen, damit die anderen nicht auf den Gedanken kommen, ich würde dich für deinen Ungehorsam belohnen. Sie sind damit einverstanden gewesen, dass ich mit dir spreche, da du mich am besten kennst. Ich bitte dich als dein Freund und Geliebter: Tu, was Huan verlangt.
Er entfernte sich. Auraya blieb noch lange Zeit allein sitzen und ließ sich alles, was er gesagt hatte, durch den Kopf gehen; dann erhob sie sich und
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