Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
Lehrer und Anführer. Wir haben unseren Anführer verloren, die Erste Stimme der Götter, Kuar.« Sie neigte den Kopf. »Kuars Stimme ist verstummt. Lasst uns jetzt schweigen, um all jenen unseren Respekt zu zollen, die für die Götter gestorben sind.«
Reivan hatte einen Kloß in der Kehle gehabt. Imenjas Gesicht war von Trauer gezeichnet gewesen, und Reivan hatte gewusst, dass diese Trauer echt war. Sie hatte sie während des vergangenen Monats viele Male in Imenjas Augen gesehen und in ihrer Stimme gehört.
Das Schweigen hatte sich unerträglich in die Länge gezogen. Dann hatte Imenja zu guter Letzt den Kopf gehoben und der Menge gedankt. Sie hatte den Menschen mitgeteilt, dass nach einem Trauermonat eine neue Erste Stimme gewählt werden würde. Die Stimmen und die Götterdiener waren in den Tempel gegangen, die Soldaten waren aufgebrochen, und die Menge hatte sich zerstreut. Reivan war in das kleine Zimmer am Stadtrand zurückgekehrt, das sie gemietet hatte. Imenja hatte ihr einen Tag freigegeben, um ihre Angelegenheiten zu regeln, bevor sie in das Sanktuarium kommen sollte, um ihre Ausbildung als Götterdienerin zu beginnen.
Und jetzt bin ich hier, dachte sie, als sie sich umdrehte, um durch einen der Bogengänge zu treten.
Auch in der großen Halle herrschte ungewöhnliche Stille. Nur wenige Götterdiener waren zugegen; sie standen in kleinen Gruppen von drei oder vier Personen beieinander. Die schwarzgewandeten Rücken schienen jede Störung zu verbieten. Sie blieb stehen und wartete. Eigentlich sollten Götterdiener alle Besucher bei ihrer Ankunft begrüßen, ob sie nun aus den höchsten oder den niedersten Schichten der Gesellschaft stammten.
Keiner der Götterdiener trat an sie heran, obwohl sie aus den Augenwinkeln sah, dass ein oder zwei von ihnen sie beobachteten, wann immer sie nicht in ihre Richtung schaute. Während die Zeit verstrich, verlor sie nach und nach alles Selbstvertrauen. Bin ich zur falschen Zeit gekommen? Imenja hat gesagt, ich solle mich heute hier einfinden. Sollte ich auf die Götterdiener zugehen? Wäre das ein Verstoß gegen das Protokoll oder etwas in der Art?
Zu guter Letzt löste sich einer der Männer von seinen Gefährten und kam auf sie zugeschlendert.
»In Zeiten der Trauer kommen Besucher nicht hierher«, beschied er ihr. »Es sei denn, die Angelegenheit wäre drängend und wichtig. Gibt es etwas, das du von uns brauchst?«
»Ah.« Sie brachte ein entschuldigendes Lächeln zustande. »Das wusste ich nicht. Aber wie dem auch sei, die Zweite Stimme hat mir aufgetragen, mich heute Morgen hier einzufinden.«
»Zu welchem Zweck?«
»Um meine Ausbildung als Götterdienerin zu beginnen.«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Ich verstehe.« Er zeigte auf die andere Seite der Halle, wo parallel zum Eingang eine weitere Reihe von Bogengängen verlief. »Du musst den Hof überqueren und durch den Flur gehen. Die Novizenquartiere der Götterdiener liegen auf der rechten Seite.«
Sie bedankte sich bei ihm, dann verließ sie die Halle. Der Innenhof war groß und wurde von einem sternförmigen Springbrunnen in der Mitte beherrscht. Sie ging darum herum zu einem breiten Eingang auf der gegenüberliegenden Seite. Der Flur dahinter führte aufwärts, und an einigen Stellen waren ein oder zwei Treppenstufen eingelassen, die den Anstieg erleichterten. Immer wieder kamen ihr Götterdiener entgegen. Sie war erst wenige Schritte gegangen, als eine Frau in mittleren Jahren sie mit argwöhnischer Miene aufhielt.
»Wohin willst du?«, fragte sie streng.
»Ins Novizenquartier der Götterdiener. Ich bin hier, um meine Ausbildung zu beginnen.«
Die Frau zog die Augenbrauen in die Höhe. »Name?«
»Reivan Riedschneider.«
Irgendwie brachte sie es fertig, ihre Augenbrauen noch höher zu ziehen. »Aha. Folge mir.«
Die Götterdienerin führte sie zu einer Tür auf der linken Seite des Flurs. Reivan zögerte kurz, dann zuckte sie die Achseln und folgte der Frau. Sie schritten durch einen langen, schmalen Gang, vorbei an vielen Türen. Schließlich blieb die Frau vor einer Tür stehen und klopfte an.
Die Tür wurde geöffnet. In dem Raum saß hinter einem Schreibtisch eine Ergebene Götterdienerin. Die Frau blickte auf, und als sie Reivan sah, runzelte sie die Stirn. Eine Hand legte sich auf Reivans Schulter und schob sie hinein.
»Reivan Riedschneider.« Die Stimme ihrer Führerin troff vor Missbilligung. »Sie ist hier, um den Göttern zu dienen.«
Als Reivan noch einmal kurz über ihre
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