Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
Schulter blickte, stellte sie fest, dass in den Zügen der Götterdienerin tiefe Abneigung lag, dann wurde die Tür auch schon geschlossen. Sie wandte sich wieder der Ergebenen zu und fing Unwillen von ihr auf, der jedoch schnell unterdrückt wurde.
»Du bist also gekommen«, sagte die Frau. »Was bringt dich auf die Idee, du könntest eine Götterdienerin werden, obwohl du keine übernatürlichen Fähigkeiten besitzt?«
Reivan blinzelte überrascht. Sehr direkt, dachte sie. Ich schätze, die Antwort »Weil Imenja gesagt hat, ich könnte es« wird diese Frau wohl kaum überzeugen.
»Ich hoffe, dass ich den Göttern auf andere Art und Weise dienen kann«, erwiderte sie.
Die Frau nickte langsam. »Dann musst du beweisen, dass das möglich ist. Ich bin die Ergebene Götterdienerin Drevva, die Ausbildungsmeisterin.« Sie erhob sich und kam um den Schreibtisch herum. »Du wirst die gleiche Ausbildung durchlaufen und dich den gleichen Prüfungen unterziehen, die von allen anderen hoffnungsvollen Anfängern bestanden werden müssen. Außerdem wirst du in den gleichen Quartieren leben. Und nun komm mit mir.«
Sie führte Reivan aus dem Raum und weiter den Flur hinunter. Nachdem sie einige Male von dem Hauptgang abgezweigt waren, wurden die Flure noch schmaler. Schließlich blieb Drevva vor einer Tür stehen und öffnete sie.
Als Reivan hineinspähte, verließ sie beinahe aller Mut. Der Raum war kaum größer als das Bett, das er enthielt. Es roch nach Staub und Fäulnis. Auf dem Boden lagen in dicken Schichten Sand und Staub.
»Du erlaubst deinen Dienernovizen, unter solchen Bedingungen zu leben?«, fragte sie spontan. »Die Götterdiener, die mich großgezogen haben, hätten mir für solche Nachlässigkeit die Peitsche zu schmecken gegeben.«
»Wenn das Zimmer dir nicht gefällt, such dir einen Domestiken, der es putzt«, entgegnete Drevva. Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging davon, blieb dann jedoch noch einmal stehen und drehte sich um. »Komm morgen beim Läuten der Frühglocke zu mir, dann werde ich alles Notwendige in die Wege leiten, damit ein Götterdiener dich den ersten Prüfungen unterziehen kann.« Sie senkte den Blick auf Reivans Tasche. »Was ist das?«
»Meine Sachen.«
»Nämlich?«
Reivan zuckte die Achseln. »Kleider, Musikinstrumente, Bücher...« Sie dachte an die Bücher, die sie am vergangenen Tag verkauft hatte, und ein Stich des Bedauerns durchzuckte sie. Sie hatte bezweifelt, dass man es im Sanktuarium gern sehen würde, wenn sie eine kleine Bibliothek mitbrachte.
Drevva kam zurück und nahm Reivan die Tasche ab. »Götterdiener behalten keine persönlichen Besitztümer. Du wirst hier im Sanktuarium alles bekommen, was du benötigst. Kleider werden dir zur Verfügung gestellt werden, und wenn es dir gelingt, als Dienernovizin aufgenommen zu werden, wirst du nicht mehr benötigen als die Roben.«
»Aber...«
Die Frau brachte sie mit einem einzigen Blick zum Schweigen. »Aber was?«
»Aber was ist, wenn ich die Prüfungen nicht bestehe?«, fragte Reivan.
Ein schwaches Lächeln umspielte die Lippen der Frau. »Ich werde deine Tasche in meinem Zimmer aufbewahren. Wenn du fortgehst, wirst du sie zurückbekommen.«
Wenn du fortgehst. Reivan sah der Frau nach, dann seufzte sie und machte sich auf die Suche nach einem Domestiken. Ihre Suche führte sie weit fort von ihrem Zimmer, und erst als sie endlich einen Domestiken fand, der einen Flur fegte, wurde ihr klar, dass sie die Quartiere der Götterdiener erreicht hatte.
»Ich brauche jemanden, der mein Zimmer putzt«, erklärte sie dem Mann.
Er sah sie mürrisch an. »Alle Domestiken sind damit beschäftigt, die Zimmer der toten Götterdiener auszuräumen«, erwiderte er und kehrte ihr dann den Rücken zu.
Sie hätte das Zimmer selbst sauber gemacht, aber aus Drevvas Reaktion ließ sich klar entnehmen, dass Götterdiener solche Arbeiten als unter ihrer Würde erachteten. Wenn sie sich als unbefähigter Neuankömmling wie ein Domestik benahm, würde sie auch wie ein solcher behandelt werden, vermutete Reivan.
Die Domestiken behaupteten weiterhin beharrlich, ihre anderen Aufgaben seien drängender. Schließlich folgte sie einem Domestikenkind in ein Badezimmer, wo sie es so lange bedrängte, bis es sich bereiterklärte, ihr Zimmer zu putzen und das Bettzeug zu wechseln. Sie hatte leichte Gewissensbisse deswegen, wusste aber aufgrund ihrer Lektüre der Philosophen und berühmten Heiler, dass man leicht an Körper und Geist krank wurde,
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