Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
das für ein Angebot?«, flüsterte sie.
»Ich kann dich nicht befreien«, erklärte er. »Das werden die anderen nicht zulassen. Aber sie haben nichts darüber gesagt, dass ich dich nicht unterrichten dürfe. Ich könnte dir etwas beibringen, das es dir ermöglichen würde, dich selbst zu befreien.«
Sie starrte ihn an. Er lächelte.
»Sprich weiter. Ich höre zu.«
»Mir ist seit einiger Zeit klar, dass deine Gaben die anderer Zauberer bei weitem übertreffen. Du bist unsterblich, aber du besitzt größere Macht als Unsterbliche. Du kannst Gedanken lesen. Du kannst die Gegenwart von Göttern spüren. Du kannst uns hören, wenn wir miteinander sprechen. Es würde nur einer geringen Anleitung durch mich bedürfen, damit du dich uns anschließen kannst.«
»Mich euch... anschließen?«
»Ja. Um selbst ein Gott zu werden.«
Er muss sich über mich lustig machen, dachte sie. Aber warum sollte er das tun? Es wäre ein jämmerlicher Scherz. Vielleicht ist er doch Sheyr. Er ist hier, um mich zu quälen.
Irgendwo in ihrem Hinterkopf hörte sie Mirars Stimme. »Alle Götter kamen als Sterbliche zur Welt, wurden Unsterbliche wie wir und verwandelten sich dann in Götter.«
Prickelnde Erregung durchströmte ihre Adern, schmerzhaft in ihrer Intensität. Ich könnte eine Göttin sein!
Aber Mirars Stimme in ihrer Erinnerung fuhr zu sprechen fort. »Die Götter empfinden weiter menschliche Gefühle, aber sie können die körperliche Welt weder wahrnehmen noch darauf einwirken, außer sie bedienen sich der Hilfe Sterblicher.«
Nun, die Sache musste einen Preis haben, dachte sie. Und es ist bestimmt besser, als tot zu sein.
»Die Götter nehmen die Seelen der Menschen nach ihrem Tod nicht auf.«
Sie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. Bei der plötzlichen Bewegung wurde ihr schwindlig. Sie holte tief Luft, um das Gleichgewicht wiederzufinden, was ihr nur einen neuerlichen Hustenanfall eintrug. Als sie ihren Atem wiedergefunden hatte, blickte sie zu Chaia auf.
»Warum?«
Er lächelte.
»Ich möchte dich nicht verlieren, Auraya. Du bist krank. Dein Körper wird sterben, wenn du keine Chance bekommst, ihn zu heilen. Wenn du ein Gott wärst, würdest du nie wieder krank werden. Wir könnten immer zusammen sein.«
»Aber wenn ich sterbe, wären wir ohnehin zusammen. Du wirst meine Seele haben.«
Sein Lächeln verschwand. »Das wäre nicht dasselbe, Auraya. Die Toten können die Lebenden nicht berühren. Ich möchte, dass du an meiner Seite die Welt beherrschst.«
»Und an Huans Seite?«
»Nicht, wenn du es nicht wünschst.«
»Wenn wir Feinde wären, wäre das für die Sterblichen wohl kaum von Nutzen.«
»Du würdest auf die Ausschöpfung deiner vollen Fähigkeiten verzichten, nur aus Angst vor Huan?«
Sie wandte den Blick ab. »Nein.«
Er streckte die Hand aus. »Willst du dich mir anschließen, Auraya?«
Sie sackte in ihren Ketten zusammen. Ich weiß nicht, ob ich ein Gott werden will. Von der dinglichen Welt getrennt zu sein. Sie und andere Menschen nur durch deren Geist zu kennen... und die anderen Unsterblichen würden für mich unsichtbar sein. Würde Mirar mich als seine Feindin betrachten? Immer mehr Konsequenzen gingen ihr auf, zu viele, als dass sie in ihrem erschöpften Zustand darüber hätte nachdenken können.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich bin zu müde, um mich damit zu beschäftigen. Ich brauche Zeit.«
Chaia nickte. »Also gut. Ich werde dir erklären, was du tun musst. Du bist krank, und ich fürchte, wenn ich das nächste Mal zurückkehre, wird es zu spät sein.«
Auraya nickte. Sie schloss die Augen und konzentrierte all ihre Kraft darauf, Chaia zuzuhören, als dieser beschrieb, was sie tun musste, um ein Gott zu werden.
44
M irar hatte den Weg zum unterirdischen Verlies aus den Erinnerungen und Gedanken der Götterdiener und Domestiken entnommen, die Auraya bewachten oder versorgten. Es gab drei Tore, die den Weg versperrten, ein jedes bewacht von zwei magisch starken Götterdienern.
Als er sich dem ersten Tor näherte, beobachteten ihn die beiden dort postierten Götterdiener mit wachsamen Blicken. Mirar lächelte ihnen zu.
»Dies ist also der Ort, an dem die berühmte Auraya festgehalten wird?«, fragte er beiläufig.
Die beiden Männer sahen einander an, dann wandte sich einer von ihnen Mirar zu und nickte.
»Darf ich hineingehen?«, fragte Mirar.
»Nur in Gesellschaft einer Stimme«, sagte der andere.
Mirar schaute durch das Tor und zuckte die Achseln.
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