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Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)

Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)

Titel: Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Beck
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überließ sie wie immer meinem Vater.
    »Wo ist dein nutzloser Freund?«, fragte er, noch bevor er mir zur Begrüßung die Hand schüttelte.
    Ich ging rauf in mein altes Kinderzimmer, stellte meine Tasche ab, setzte mich aufs Bett und atmete ganz tief und ruhig durch. Es sind meine Eltern, dachte ich. Es sind immer noch meine Eltern. Sind Familienbindungen nicht die stärksten, wenn es drauf ankommt? Ich versuchte, mir Mut zu machen, dann ging ich runter. Maria servierte gerade Tee und Kuchen. Mutter saß auf dem Sofa und rieb sich die Schläfen. Sie bekommt von mir seit achtundzwanzig Jahren Kopfschmerzen. Ich hätte daran gewöhnt sein müssen. Vater stand vor dem Panoramafenster, die Hände in den Hosentaschen, und starrte auf die grauen Wellen des Ärmelkanals. Erst, als Maria gegangen war und ich mich gesetzt hatte, drehte er sich zu mir um.
    »Hat er dich sitzenlassen?«, fragte er.
    »Er wird vermisst .«
    Mutters angestrengter Gesichtsausdruck veränderte sich kein bisschen.
    »Was soll das heißen, er wird vermisst?«, fragte Vater ungeduldig.
    »Er ist weg. Ging zur Arbeit und tauchte nicht mehr auf. Das war am Dienstag. Sein Vater war schon bei der Polizei. Ich habe alle Krankenhäuser angerufen, aber …«
    »Hat er eine andere?« Jetzt stand er wieder mit dem Rücken zu mir und sah aufs Wasser. »Wahrscheinlich hat er eine andere, bei der schneller was zu holen ist. Hat ihm wohl zu lange gedauert, bis du dein Erbe antrittst. Hat ihm wohl nicht gepasst, dass dir dein Daddy nicht das Geld hinterherwirft, damit der feine Herr ein schönes Leben hat. Ich hab’s ja von Anfang an gesagt.«
    »Ich auch«, sagte Mutter. Langer Seufzer, Augen geschlossen.
    »Deshalb bekommst du dieses Jahr auch kein Geld von mir zum Geburtstag. Wäre ja noch schöner.«
    »Mutter hat gesagt, du schickst mir dieses Jahr kein Geld, weil ich es sowieso immer zurückschicke«, sagte ich, aber solche Sachen prallen an ihm ab wie Fett an Teflon.
    »Wenn du ein bisschen mehr wie deine Schwester wärst«, sagte Vater.
    »Tablettenabhängig und kaufsüchtig?«
    Meine Mutter hörte auf, sich an der Schläfe herumzureiben, und sah mich an, als würde sie mir am liebsten eine Ohrfeige verpassen. Vater drehte sich zu mir um und herrschte mich an: »Wenigstens ist sie verheiratet und bringt sich in die Firma ein. Genau wie ihr Mann. Und das ist mehr, als man von dir behaupten kann!«
    »Ist das jetzt unser Thema?«
    »Ja«, sagte Vater. »Das ist immer unser Thema. Was denkst denn du, warum dir dieser Idiot durchgebrannt ist? Er wollte an unser Geld und hat es nicht bekommen. Ende der Geschichte. Sei froh, dass du ihn los bist.«
    »Ich glaube, ihm ist etwas zugestoßen«, sagte ich. »Nein, wirklich, du musst gar nicht so das Gesicht verziehen. Er hat nichts mitgenommen, als er gegangen ist. Alles ist noch in der Wohnung. Sein Ausweis, seine Kleidung, alles. Er hat nur sein Handy mitgenommen und seinen Geldbeutel, mehr nicht.«
    »Reicht doch. Wenn er eine Neue hat, die ihm finanziell mehr bieten kann als du, braucht er seinen alten Plunder nicht mehr. Das kommt davon, wenn man unter seinen Möglichkeiten bleibt, mein liebes Kind. Das habe ich dir von Anfang an gesagt.«
    Er sagte genau das, woran ich auch schon gedacht hatte. Mal abgesehen von dem Teil, ich sei unter meinen Möglichkeiten geblieben.
    »Ich bin kein Kind mehr.«
    »Dann benimm dich auch so.«
    »Ich habe einen eigenen Betrieb.«
    »Einen Ein-Frau-Betrieb. Das ist wohl kaum mit dem zu vergleichen, was du bei uns hättest haben können.«
    »Ich habe zwei Geschwister, beide arbeiten für dich.«
    Und so weiter. Seans Verschwinden war kein Thema mehr, ich musste mir nur anhören, dass ich mein Leben an ihn verschwendet hatte, dass ich überhaupt mein Leben verschwendet hatte. In den Augen meiner Eltern war ich eine einfache Handwerkerin (was auch stimmte), und Sean nur eine ungelernte Hilfskraft (was nicht stimmte, er hatte nach der Schule Tischler gelernt, nur in den letzten Monaten hatte er eben bei Tesco Regale eingeräumt). Irgendwann seufzte Mutter laut auf und erklärte, ihre Migräne sei so schlimm, wir müssten leider das Zimmer verlassen.
    An diesem Abend sprachen Vater und ich kein Wort mehr miteinander.
    Am Samstag traf ich beim Spazierengehen meinen Bruder mit seiner Frau und den beiden Kindern. Er hing am Telefon, sie tat so, als würde sie sich um die Kleinen kümmern. Ich hatte die Jungs nicht mehr gesehen, seit ich nach Schottland gezogen war. Sie rannten

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