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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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Halle einen Spalt und leuchtete hinein. Um das nur noch schwach glimmende Herdfeuer lagen seine Hauseigenen in tiefem Schlaf. Filiberta, Matthäas erste Magd, schnarchte mit Herwald, seinem Marschalk, und Werno, dem Hausmeier, um die Wette. Die junge Magd Hildrun brabbelte vor sich hin, und Prosperius, sein Schreiber, hatte sich so fest in seine Decke eingerollt, dass nur sein brauner Haarschopf zu sehen war.
    Für einen Moment erwog der Burggraf, seinen Marschalk zu wecken, damit er mit ein paar Knechten das Anwesen nach weiteren Eindringlingen absuchte, entschied sich aber dagegen. Draußen war alles ruhig gewesen, und auch im Haus gab es keinerlei Anzeichen, dass außer dem Fremden noch jemand eingedrungen war. Es war besser, er würde zunächst selbst nachsehen, was es mit dem Mann in seinem Hof auf sich hatte, bevor er den ganzen Haushalt in Aufruhr versetzte. Womöglich war es nur ein Trunkenbold, der die Pforte verwechselt hatte und draußen im Hof seinen Rausch ausschlief, und Gott mochte wissen, wieso Egin ihn nicht aufgehalten hatte. Mit grimmigen Gedanken an seinen saumseligen Torwächter betrat der Burggraf den Hof.
     
    Bandolfs Zorn verflog und machte einem unguten Gefühl im Magen Platz, als er seinen Torwächter neben dem Mann
knien sah, der auf dem Boden lag - kaum fünf Schritte von seiner Türschwelle entfernt.
    Egin schlotterte am ganzen Leib. Als er seinen Herrn bemerkte, sprang er auf und starrte dem Burggrafen mit einer Mischung aus Schuldbewusstsein und Entsetzen entgegen.
    »Also, das … das ist nicht meine Schuld«, stotterte er. »Das müsst Ihr mir glauben. Herr, ich schwör’s bei meiner Seel’.«
    Umstandslos schob Bandolf ihn beiseite und ging neben der reglosen Gestalt auf die Knie, die mit angezogenen Beinen auf der Seite liegend zu schlummern schien.
    Offenbar handelte es sich um einen Mann von Stand. Sein dunkler Umhang war aus gutem Tuch, am Saum reich bestickt, und als Schließe diente eine silberne Fibel. Unter dem Mantel lugte der Knauf eines teuren, fränkischen Schwertes hervor.
    Bandolf ließ Eltrudis’ Öllampe über das noch jugendliche Gesicht des Fremden gleiten. Er schauderte und schlug ein Kreuz.
    Regentropfen nässten die verzerrten Züge des Mannes, und das Haar klebte feucht an seinem Schädel. Die Muskeln am Hals traten dick hervor, sein Mund war aufgerissen, als wäre er mitten im Schrei erstarrt, und helle Augen stierten blicklos an Bandolf vorbei. Unzweifelhaft war er tot.
    »Wer, zum Teufel, ist das? Und wie ist er hier hereingekommen?«
    »Ich … ich weiß doch nicht, Herr«, stammelte Egin. »Ich war bloß einen Lidschlag lang weg. Es war nämlich so, Herr, dass ich …«
    Egins langatmiger Erklärung, in dem viel vom Rumoren seines Gedärmes und dem besorgniserregenden Zustand seiner Körpersäfte die Rede war, entnahm der Burggraf, dass
der Torwächter verabsäumt hatte, die eingelassene Pforte im Tor zu verriegeln und einige Zeit auf dem Abtritt verbracht hatte. Während dieser Spanne musste der Fremde das Anwesen betreten haben. Die Pforte hatte wohl offen gestanden, als Egin ans Tor zurückgekehrt war. Doch er hatte geglaubt, er hätte sie zuvor nicht richtig zugemacht, und der Wind hätte sie dann aufgeworfen.
    Mit einem ärgerlichen Knurren, das seinem Türhüter galt, wandte Bandolf sich wieder der Leiche zu.
    »Was habt Ihr mitten in der Nacht von mir gewollt?«
    Nachdenklich strich er sich über den Bart, doch so sehr er sein Gedächtnis auch bemühte, fand sich dort kein Gesicht, das mit den Zügen des Toten übereinstimmte.
    Erneut schwenkte Bandolf die Lampe über das verzerrte Gesicht und hielt Ausschau nach Anzeichen, die die Pest, die Cholera, das Fleckfieber und andere der gefürchteten Plagen auf der Haut der Toten zu hinterlassen pflegten. Als er nichts dergleichen fand, packte er ihn entschlossen an der Schulter und drehte ihn auf den Rücken. Der Körper fühlte sich kalt an, doch er war noch nicht steif und ließ sich ohne weiteres bewegen.
    »Bist du vor oder nach dem Regen auf dem Abtritt gewesen?«, wollte er von Egin wissen, aber er bekam keine Antwort. Sein Torwächter hatte sich klammheimlich aus dem Staub gemacht.
    »Hasenfuß«, brummte Bandolf, während er den Mantel des Toten beiseiteschob. Das Hemd aus hellem Leinen war auf der Brust mit dunklen Flecken beschmutzt, doch Bandolf konnte auf den ersten Blick keine Risse oder Löcher entdecken, die auf eine Verletzung hingewiesen hätten. An seinem Gürtel hingen außer dem

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