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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Höhe trieb … »Ich fange nur an, mich besorgt zu fragen, warum Baynard so ein Interesse daran haben sollte. Und warum die Hast?«
    »Oh, seid beruhigt. Mit Beatrice ist alles in Ordnung. Es gibt kein dunkles Geheimnis. Aber Baynard baut sich eine Festung in London, die mehr oder minder seine ganzen Einkünfte verschlingt. Außerdem hat Beatrice noch zwei Schwestern, die versorgt werden müssen.«
    »Verstehe …«
    »Und er liebt England und die Engländer. Auch das ist ein Grund, warum er Euch für sie will. Ihr solltet geschmeichelt sein.«
    »Das bin ich.«
    »Dann nehmt das Mädchen, Thane, und feilscht nicht länger.«
    Dieses Mal lachte Cædmon vor sich hin. »Ich hoffe, Baynard hat Euch eine fette Prämie versprochen, wenn Ihr mich umstimmt und er einen Haufen Geld spart.«
    Montgomery schnitt eine komische Grimasse und hob ergeben die Rechte. »Nein. Ein reiner Freundschaftsdienst. Und ich sehe, es wird nichts nützen.«
    »Nein.«
    »Hm. Dann bleibt mir nichts, als Euch zu wünschen, daß Ihr nicht den Zorn des Königs auf Euch zieht.«
    Cædmon sah ihn stirnrunzelnd an. »Drohungen, Monseigneur?«
    »O nein. Eine gutgemeinte Ermahnung. Auch dem König ist an dieser Verbindung gelegen. Und Ihr wißt ja … Teufel, ich glaube, die Hunde haben etwas gewittert.«
    Schlagartig kam Bewegung in die Jagd, und eine Fortsetzung der Unterhaltungblieb Cædmon vorläufig erspart. Die Meute war einem Rudel von etwa einem Dutzend Rehen auf die Spur gekommen. In Windeseile hatten die hervorragend abgerichteten Hunde eine Ricke mit ihrem Kitz von der Herde abgetrieben, und die zehnköpfige Jagdgesellschaft nahm die Verfolgung auf. Widsith hatte Montgomerys Pferd bald abgehängt und zu den Prinzen aufgeschlossen, die gleich hinter ihrem Vater über Stock und Stein und durch dichtes Gestrüpp galoppierten. Es war ein gefährlicher Ritt: Die Bäume standen dicht, und die Unebenheiten des Bodens waren im hohen Farn nie erkennbar, ehe es zu spät war. Nicht selten stürzte ein Pferd auf der Jagd und brach sich ein Bein, gelegentlich brach sich auch einer der Jäger den Hals. Doch keiner hätte freiwillig auf dieses hochgeschätzte Privileg verzichtet. Die Geschwindigkeit, das Donnern der Hufe, das Kläffen der großen, grauen Jagdhunde, die Aussicht auf Beute und die lauernde Gefahr – all das vermischte sich zu einem einzigartigen Rausch, der das Blut in den Adern zum Kochen brachte.
    Die Hunde stellten die Rehe schließlich in einer grasbewachsenen Senke, schlugen ihre Fänge in die schlanken Läufe und brachten sie zu Fall.
    Der König zog sein Schwert, zügelte seinen mächtigen Rappen, sprang aus dem Sattel und gab der Ricke den Fang. Das Kitz überließ er seinen Söhnen.
    Der Jagdführer blies das Horn, und die Hunde wichen jaulend von der Beute zurück, sprangen nervös umher und schnappten nacheinander, während sie ungeduldig auf ihren Lohn warteten – die nicht verwertbaren Eingeweide.
    Der König nickte seinen Söhnen zu. »Gut gemacht.« Er war nicht einmal außer Atem.
    Richard und Rufus waren über das ungewohnte Lob sichtlich erfreut, und als Cædmon ihre strahlenden Gesichter betrachtete, fragte er sich, ob dem König denn wirklich überhaupt nicht bewußt war, wie selten er seine Söhne lachen sah.
    Auf dem Rückweg nahmen die Prinzen Cædmon in die Mitte, brüsteten sich mit ihrer Tat und befragten ihn nach englischen Jagdsitten. Er gab bereitwillig Auskunft und erklärte, Engländer jagten genauso wie Normannen und andere zivilisierte Menschen: mit Meute oder mit Falken oder Pfeil und Bogen. Und manche eben auch mit der Schleuder.
    »So wie du«, bemerkte Richard.
    »So wie ich«, stimmte Cædmon zu.
    »Wieso?«
    »Weil es die eleganteste Art zu jagen ist. Schnell und lautlos.«
    Der König, der mit seinem Bruder Robert, Montgomery und Warenne vor ihnen ritt, drehte sich im Sattel um. »Es ist bäurisch«, erklärte er mißfällig. »Laßt euch ja nicht einfallen, es zu versuchen.«
    »Nein, Sire«, murmelten die Prinzen kleinlaut.
    Nur Cædmon wagte, die Augen zu verdrehen, nachdem der König sich wieder nach vorn gewandt hatte, und er tauschte ein verstohlenes Grinsen mit seinen Schülern. Er hatte ihnen schon vor Jahren beigebracht, wie man mit einer Schleuder umging. Rufus war nicht einmal schlecht. Für einen Normannen.
    Als sie den Waldrand schon fast erreicht hatten, stießen sie auf eine Schar zerlumpter Gestalten. Es waren vielleicht zwanzig Menschen, und sie alle waren schwer beladen, selbst

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