Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
Manche krochen vor ihr, andere bewarfen sie mit Steinen. Ihr war es gleich. Sie war eine sehr stolze Frau. Als ich acht oder neun war, heiratete sie Herluin de Conteville, und ich ging mit ihr.« Sie hob lächelnd die Schultern. »Tja, Cædmon, ich habe sowohl Bischof Odo von Bayeux als auch dem ruhmreichen Robert de Mortain die Windeln gewechselt.«
    Er lachte leise. »Zu schade, daß ich das noch nicht wußte, als Odo mich neulich niedergeschlagen hat …«
    »Er hat was getan?«
    Cædmon winkte ab. »Oh, es war nichts weiter. Ich hatte sein Mißfallen erregt, und Odo neigt zu Zornesausbrüchen, genau wie der König.« »Trotzdem«, entgegnete Marie spitz. »Ein äußerst merkwürdiges Betragen für einen Bischof.«
    »O ja. Odo ist überhaupt ein ganz merkwürdiger Bischof. Aber ein großartiger Mann. Ich glaube, er ist mir von den drei Brüdern der liebste. Was wurde aus Herlève?«
    Marie seufzte leise. »Sie hat es nicht schlecht angetroffen mit Herluin de Conteville. Aber sie trauerte um Williams Vater, sie hat seinen Tod nie wirklich überwunden. Je deutlicher William seine Macht festigte, um so sicherer wurde auch ihre Position, und niemand wagte mehr, wegen ihrer niederen Herkunft mit dem Finger auf sie zu zeigen.«
    Cædmon dachte an die Geschichte, die Wulfnoth ihm einmal erzählt hatte, und murmelte: »Nein, denn William hackte denen die Hände ab, die mit dem Finger auf sie zeigten …«
    »Und die Füße, so ist es. Ich sehe, du hast von Alençon gehört. Unmittelbar nachdem William Rouen zurückerobert und seine Macht endgültig gesichert hatte, starb Herlève. Am Karfreitag vor zwanzig Jahren.«
    Cædmon hob verblüfft den Kopf, und seine Mutter nickte. »Am Tag, als du zur Welt kamst, mein Sohn.«
    »Vielleicht ist das der Grund, warum mich das Schicksal an die Seite ihres Sohnes gestellt hat, obwohl ich meistens lieber anderswo wäre«, sagte er.
    »Vielleicht.« Marie stand auf, sah kurz an sich hinab und strich ihren Rock glatt. »Und jetzt sollte ich wohl lieber gehen und mir Williams Königin ansehen.«
    Cædmon erhob sich ebenfalls. »Ich bin sicher, sie wird dir gefallen. Sie ist ein winziges Persönchen, sehr schön, und sie hat einen eisernen Willen, gegen den nicht einmal der König ankommt. Mit anderen Worten, Mutter …«, er hielt ihr höflich die Tür auf, »sie ist genau wie du.«
    Marie trat lächelnd auf den Korridor hinaus. »Was für bemerkenswerte Komplimente du machst, Cædmon. Schade, daß du so sparsam damit bist.«
    Er starrte ihr mit offenem Mund nach.
     
    Nach einer Woche heftiger Regenfälle kam der goldene Oktober, und zu Cædmons grenzenloser Erleichterung kehrten die Baynards nach London zurück. Eine endgültige Einigung über den Ehevertrag war nicht erzielt worden.
    »Ihr habt Ralph Baynard angedeutet, er müsse die Mitgift noch ein wenig aufbessern?« fragte Roger Montgomery, der Earl of Shrewsbury, rundheraus, während er neben Cædmon den schmalen Waldweg entlangtrabte. Es war die erste Jagd in dem unlängst beschlagnahmten Waldgebiet, das alle den Neuen Forst nannten.
    Cædmon warf Montgomery einen unbehaglichen Blick zu. Er mochte den Earl gern, gerade wegen seiner Direktheit. Montgomery war einer der klügsten Ratgeber des Königs, fand er, der eher als andere dazu neigte, auch einmal unpopuläre Meinungen zu äußern. Ein sehr mutiger Mann und einer der großen Helden von Hastings. Aber heute wünschte er, Montgomery besäße ein bißchen mehr vornehme Zurückhaltung.
    »Wer sagt so etwas, Monseigneur?«
    Montgomery verzog amüsiert den Mund. »Ralph selbst. Er hat es mir erzählt. Wir sind alte Freunde, wißt Ihr.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Er war ziemlich verwundert. Und nicht erfreut.«
    Cædmon hob die Schultern. »Es war gewiß nicht meine Absicht, ihnzu verärgern oder seine Tochter zu beleidigen. Aber ich habe mich ein wenig umgehört und bin zu dem Schluß gekommen, daß sein Angebot besser sein könnte.«
    Montgomery lachte in sich hinein. »Ich habe Ralph gleich gesagt, wenn er hofft, seiner Tochter einen preiswerten Engländer kaufen zu können, dann soll er sich nicht gerade Euch aussuchen.«
    »Wärmsten Dank, Monseigneur.«
    Der Earl sah ihn scharf von der Seite an. »Ihr seid nicht gekränkt, daß ich das sage, oder?«
    »Keineswegs. Ihr habt ja völlig recht.« Baynard wäre sicher besser beraten, sich einen Engländer zu suchen, der keine normannische Mutter hatte, die sich in diesen Dingen so erstaunlich gut auskannte und die Preise in die

Weitere Kostenlose Bücher