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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zurücklägen, und ob es vielleicht möglich gewesen wäre, sie zu verhindern, wenn die »Licorne« in der verabredeten Zeit hier eingetroffen wäre.
    Jenny hatte die größte Mühe, ihre Thränen zurückzuhalten, während Suzan und Doll leise schluchzten. Franz wollte schon hinausstürmen, seinen Vater, seine Mutter, seine Brüder zu suchen, und Fritz mußte ihn mit Gewalt zurückhalten. Harry Gould und der Obersteuermann, die wiederholt hinausgingen, um die nächste Umgebung der Palissaden zu besichtigen, waren wieder in das Zimmer gekommen, ohne etwas gesehen oder gehört zu haben, was zu weiterer Aufklärung hätte dienen können.
    Ein Entschluß mußte jetzt aber unbedingt gefaßt und vor allem entschieden werden, ob man in Falkenhorst bleiben und hier die Entwicklung der Dinge abwarten, oder nach Felsenheim gehen sollte, ohne zu wissen, wie es dort aussah. Sollte vielleicht eine Recognoscirung ausgeführt werden, während Jenny, Doll und Suzan Wolston unter dem Schutze James Wolston’s zurückblieben, indeß Fritz, Franz, Harry Gould und John Block, entweder längs der Küstenallee oder quer durch Wald und Feld, auf Auskundschaftung auszogen?
    Jedenfalls mußte der jetzigen Ungewißheit ein Ende gemacht werden, selbst wenn die nackte Wahrheit jeden Schimmer von Hoffnung auslöschte.
    Fritz glaubte bestimmt der allgemein herrschenden Empfindung Ausdruck zu geben, als er sagte:
    »Wir wollen versuchen, nach Felsenheim vorzudringen…
    – Und sofort aufbrechen, rief Franz.
    – Ich begleite Sie beide, erklärte der Kapitän Gould.
    – Und ich ebenfalls, setzte John Block hinzu.
    – Gut, gut antwortete Fritz, James muß aber bei Jenny, Doll und Suzan zurückbleiben, die sich in Falkenhorst oben in Sicherheit bringen mögen…
    – Zuerst wollen wir einmal alle hinausgehen, schlug John Block vor, von da oben aus ist vielleicht eher etwas zu sehen…«.
    Dieser Versuch erschien wohl rathsam, ehe sich jemand als Kundschafter hinauswagte.
    Von der Wohnung in den Aesten und vorzüglich vom Wipfel des Mangobaumes aus, mußte man einen Theil des Gelobten Landes, ferner im Osten das Meer und auf gut drei Lieues weit die Uferstrecke zwischen der Rettungsbucht und dem Cap der Getäuschten Hoffnung übersehen können.
    »Hinauf, hinauf!« antwortete Fritz auf den Vorschlag des alten Seemanns. Im voraus ließ sich ja annehmen, daß die zwischen den Aesten des Baumes schwebende und von dem dichten Laube des Mangobaumes versteckte Wohnstätte von der Verwüstung verschont geblieben sei. Die Thür, die den Zugang nach der im Innern des Stammes hinausführenden Treppe vermittelte, zeigte keine Spuren äußerer Gewalt, vielleicht infolge ihrer etwas verborgenen Lage im letzten Zimmer.
    Franz versuchte die noch verschlossene Thür zu öffnen und sprengte das Schloß, dessen Riegel heraussprang.
    In wenigen Augenblicken waren alle die durch einige Oeffnungen im Stamme erleuchtete Treppe hinausgeeilt und betraten den kreisförmigen Balcon, der hinter einem Laubvorhänge sehr gut verborgen lag.
    Als Fritz und Franz die Plattform erreichten, drangen sie sofort in das nächste Zimmer ein.
    Weder dieses noch eines der angrenzenden zeigte eine Spur von Unordnung, die Lagerstätten waren unberührt, die Möbel standen an ihrem Platze. Das bewies also, daß das alte »Nest des Falken« unversehrt geblieben war, und das lag offenbar daran, daß die Plünderer die untere Thür nicht entdeckt hatten. Was die, wie gesagt, zwischen den Aesten des Mangobaumes angelegte Wohnstätte betraf, war sie jetzt von dem, im Laufe von zwölf Jahren immer dichter gewordenen Laubwerk so vollständig umgeben, daß sie niemand weder vom Hofe darunter noch vom Saume des benachbarten Waldes aus wahrnehmen konnte.
    Binnen einer Minute hatte Jenny, der sich Doll und Suzan anschlossen, alle Räumlichkeiten besichtigt, die ihr ja so wohlbekannt waren, da sie hier mit der übrigen Familie oft genug geweilt hatte..
    Alles machte wirklich den Eindruck, als hätten Frau Zermatt und Frau Wolston hier noch gestern ihres Amtes gewaltet. Da fanden sich an gedörrtem Fleisch, an Mehl, Reis, Conserven und Getränken Vorräthe für eine volle Woche, wie solche gewöhnlich in Falkenhorst, doch ebenso in den anderen Meiereien, denen von Waldegg, der Einsiedelei von Eberfurt, des Prospect-Hill und von Zuckertop, zurückgelassen wurden.
    Sobald sie nach dem Balcon wieder zurückgekommen waren, erkletterten Fritz und der Obersteuermann die oberen Aeste des Mangobaumes, um einen

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