Das zweite Vaterland
zwei oder drei jener bräunlichen Kiesel auf, die schwerer waren, als man ihrer Größe nach erwartet hätte. Zwei von den kleinen Steinen steckte er auch ein, um sie nach der Heimkehr nach Felsenheim genauer zu untersuchen.
Wolston selbst wandte dem Horizonte im Südwesten noch nicht gern den Rücken zu. Da die Sonne aber bereits herabsank, empfahl es sich, bei der ziemlich großen Entfernung vom Lagerplatze nicht länger zu zögern. Das Canot wurde also wieder bestiegen und glitt bald, von der Strömung und den Rudern getrieben, zwischen den beiden Ufern schnell hinunter.
Um sechs Uhr war die ganze Gesellschaft unter dem Schatten der grünen Eichengruppe wieder beisammen. Die von ihrem Zuge sehr befriedigten Jäger, der ältere Zermatt und Jack, hatten eine Antilope, mehrere Kaninchen, ein Aguti und verschiedene Wasservögel mitgebracht.
Der kleine Nebenfluß des Montrose bewässerte übrigens ein recht fruchtbares Stück Land, wo er zum Theile durch anbaufähige Ebenen verlief und zum Theile dichte Waldungen mit sehr verschiedenen Baumarten durchströmte. Hier war auch eine sehr wildreiche Gegend, in der heute wohl zum erstenmale der Knall eines Gewehres verhallt war.
Nach dem Berichte Zermatt’s kam der Wolston’s an die Reihe. Der letztere erzählte bis zur Zeit des Essens von der über zwei Lieues stromaufwärts fortgesetzten Bootsfahrt und schilderte dabei die Unfruchtbarkeit des nach Süden gelegenen Inseltheiles. Er gab ferner der Enttäuschung Ausdruck, die die unübersteigliche Sperre des Flußlaufes Ernst und ihm bereitet habe, und setzte auch hinzu, daß man, um zu der Bergkette im Südwesten zu gelangen, unbedingt einen anderen Weg als den auf dem Montrose wählen müsse.
Eine vortreffliche, von Betsie, Merry und Annah bereitete Mahlzeit wartete dann der Ausflügler. Sie wurde unter dem Schatten der Bäume am Fuße des Rio aufgetragen, dessen klares Wasser murmelnd über einem feinsandigen, mit Pflanzenwuchs überstreuten Grunde dahinfloß. Der Mahlzeit wurde alle Ehre angethan, und sie dehnte sich bei anregender Unterhaltung bis gegen neun Uhr des Abends aus.
Hierauf sachte jeder seine Lagerstätte an Bord der »Elisabeth« auf, und von hier aus erschallte bald ein Concert lauten Schnarchens, das fast hätte mit dem Heulen der Schakale wetteifern können.
Schon vorher war bestimmt worden, daß die Pinasse sofort mit dem Eintritte der nächsten Ebbe, d. h. um ein Uhr nach Mitternacht, abfahren sollte, um die ganze Dauer des sinkenden Wassers ausnützen zu können. Zum Schlafen blieb also nur wenig Zeit übrig; die Passagiere sollten das aber in der folgenden Nacht nachholen, und zwar entweder bei einer Rast in der »Licorne«-Bai, oder gar schon in Felsenheim, wenn die »Elisabeth« binnen vierundzwanzig Stunden da eintraf.
Trotz der Bitten Wolston’s und seiner Söhne beharrte der ältere Zermatt dabei, auf dem Verdeck zu bleiben und bis zur genannten Stunde zu wachen. Eine gewisse Vorsicht durfte ja niemals außer acht gelassen werden. Während der Nacht verlassen die Raubthiere, die sich tagsüber nicht gezeigt haben, gern ihre Schlupfwinkel, da sie der Durst nach den Wasserläufen hintreibt.
Um ein Uhr weckte der ältere Zermatt Herrn Wolston, Jack und Ernst. Eben begann das erste Plätschern der eintretenden Ebbe. Vom Lande her wehte ein leichter Wind. Die Segel wurden gehißt, in den Wind gerichtet und fest. gebunden, und von diesen und der Strömung getrieben, stieß die Pinasse vom Ufer—
Die sehr klare Nacht glänzte von dem Heere flimmernder Sterne, die wie ein Flockenhausen am Himmel zu schweben schienen. Nach Norden zu sank der noch ziemlich volle Mond langsam nach dem Horizonte hinunter.
Da der Lauf des Montrose keinerlei Hinderniß bot, brauchte man sich nur in seiner Mitte zu halten, um auf die Bucht selbst hinaus zu kommen. Nach der Einholung der Haltetaue und der richtigen Einstellung der Segel mußten schon zwei Mann zur Führung des Fahrzeuges genügen. Wolston übernahm jetzt das Steuer und Jack stellte sich am Vordertheile auf. Der ältere Zermatt und Ernst konnten also hinunter gehen, der erste, um der Ruhe zu pflegen, der zweite, um das noch einmal zu thun.
Auch das sollte indeß nicht lange dauern. Schon um vier Uhr des Morgens, als das erste Roth im Osten aufflammte, hatte die »Elisabeth« die Mündung des Montrose-Flusses und damit wieder ihren ersten Ankerplatz erreicht.
Nichts hatte die nächtliche Fahrt gestört, obwohl unterwegs das Grunzen von
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