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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bemerkte Ernst.
    – Ja freilich, stimmte Wolston ein, mindestens hätte er keine Gelegenheit gehabt, einen Schuß abzugeben. Da wird er im Hochwalde, den jener Nebenfluß des Montrose durchzieht, jedenfalls besser daran gewesen sein.
    – Und wir, Herr Wolston, sagte Ernst, bringen als Ergebniß unseres Ausfluges die Erkenntniß mit, daß dieser Theil der Insel dem ähnelt, der sich landeinwärts von der »Licorne«-Bai findet. Nun kann zwar niemand wissen, wie es jenseit der Bergkette aussieht, es läßt sich allem Anscheine nach aber annehmen, daß unsere Insel nur im Norden und in der Mitte, von der Perlenbucht bis zum Grünthale, wirklich fruchtbar ist.
    – Jawohl; und wenn wir seiner Zeit unseren großen Ausflug unternehmen, antwortete Wolston, wird es, meine ich, das beste sein, unmittelbar nach dem Süden zu marschiren, und nicht erst den Umrissen der westlichen oder östlichen Küste nachzugehen.
    – Das denk’ ich auch, Herr Wolston; am meisten empfiehlt es sich offenbar, durch die Schlucht der Cluse ins Innere vorzudringen.«
    Es war jetzt gegen vier Uhr. Das Canot befand sich gut zweieinhalb Lieues vom Lagerplatze entfernt, als sich stromaufwärts ein starkes Rauschen des Wassers bemerkbar machte. Rührte das von einem Bergbache her, der sich in das Bett des Montrose stürzte? War es die Folge einer Stromschnelle im Flusse selbst? Machte diesen etwa eine Felsenbarre in seinem Oberlaufe unschiffbar?…
    Wolston und Ernst, die sich gerade in einem Wirbel hinter einer Landspitze befanden, waren eben im Begriff gewesen, umzukehren. Das etwas ansteigende Ufer verhinderte einen weiteren Ausblick.
    »Noch ein paar Ruderschläge, sagte deshalb Wolston, wir wollen nur über diese Spitze hinausfahren.
    – Gewiß, stimmte Ernst ein; es ist wohl zu befürchten, daß auf dem Montrose kein Boot bis zum Fuße der Berge gelangen könne.«
    Beide griffen also wieder nach den Rudern und setzten die letzten Kräfte ein, die ihnen nach vierstündiger Fahrt unter einem glühenden Himmel noch zu Gebote standen.
    Der Fluß wendete sich weiter nach Südwesten und das mußte wohl seine Hauptrichtung sein. Nur wenige hundert Fuß weiter oben ließ sich sein Verlauf auf eine längere Strecke hin überblicken. Gesperrt durch eine Anhäufung von Felsblöcken, die von einem Ufer zum anderen reichte und nur schmale Spalten aufwies, stürzte das Wasser des Flusses hier in geräuschvollem, bis zwanzig Toisen stromabwärts hörbarem Falle herab.
    »Da wären wir also doch aufgehalten worden, sagte Ernst, wenn wir die Absicht gehabt hätten, noch weiter zu fahren.
    – Vielleicht, antwortete Wolston, wäre es aber möglich gewesen, unser Canot über diese Barre hinauf zu schaffen…
    – Wenn es nichts weiter als eine Barre ist, Herr Wolston.
    – Das wird sich ja zeigen, lieber Ernst, denn wir müssen darüber klar zu werden suchen. Wir wollen hier aussteigen.«
    Zur Linken öffnete sich eine enge Schlucht, die, zur Zeit völlig trocken liegend, in Windungen nach dem Plateau hinaufführte. Nach einigen Wochen, wenn die Regenzeit eingesetzt hatte, diente sie gewiß als Bett einem Bergstrome, der seine schäumenden Fluthen mit denen des Montrose mischte.
    Wolston warf den kleinen Anker ans Land. Dann betraten Ernst und er das Uferland, das sie in schräger Richtung nach der Barre zu hinaufstiegen.
    Dieser Weg, der eine Viertelstunde erforderte, führte über Steingeröll, das durch Büschel groben Grases kaum im Sande festgehalten wurde.
    Zerstreut lagen auch bräunlich gefärbte Kiesel mit stark abgerundeten Ecken umher, die etwa nußgroßen Rollsteinen des Meeresstrandes ähnelten.
    Als Wolston und Ernst auf die Höhe der Barre gekommen waren, überzeugten sie sich, daß der Montrose auf eine gute halbe Liene hin nicht schiffbar war. Ueberall starrten Felsstücke aus seinem Bette empor und dazwischen brodelte das Wasser hindurch. Die Beförderung eines Bootes über Land bis ans Ende dieser Stromsperre mußte jedenfalls viele Mühe machen.
    Das Land erschien bis zum Fuße des Bergrückens hin völlig unfruchtbar. Um ein wenig Grün zu sehen, mußte man den Blick mehr von Nordwesten nach Norden, genau dahin, wo Grünthal lag, richten, dessen ferne Höhen auch an der Grenze des Gelobten Landes gerade noch sichtbar waren.
    Voll Bedauerns, daß der Montrose in diesem Theile seines Laufes gesperrt war, blieb Wolston und Ernst nun nichts anderes übrig, als den Rückweg einzuschlagen.
    Längs der Windungen der Schlucht hingehend, hob Ernst

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